Österreichs Weinszene
Big Players
Text: Rudolf Knoll, Fotos: z.V.g., Michael Reidinger, Martin Eder
Österreichs Weinszene ist geprägt von etlichen kleinen und mittelständisch strukturierten Betrieben. Als leistungsfähig werden Erzeuger bezeichnet, die über 30 000 Liter pro Jahr erzeugen. Viele kleine sind vom Markt verschwunden. 2009 gab es noch 3852 Betriebe in der Grössenordnung von 5000 bis 10 000 Liter, sieben Jahre später nur mehr 1052. Deren Rebfläche ermöglichte anderen ein gutes Wachstum. Neben zahlreichen Winzern gibt es Handelskellereien, Genossenschaften und stattliche Weinbaubetriebe, die reichlich zukaufen. Auch der Lebensmittelhandel und die bekannten Discounter spielen im Feld der Big Players eine wichtige Rolle: hier eine Übersicht. Wo es sich anbot, konnten wir eine Empfehlung aussprechen.
Genossenschaften
Crème de la Crème
Domäne Wachau01
Früher nannte sich der dominante Betrieb der Wachau Freie Weingärtner. Er pflegte und pflegt ein gutes Miteinander mit den bedeutenden Weingütern der kleinen, feinen Region und war auch massgeblich beteiligt an der Klassifizierung der Weine (Steinfeder, Federspiel, Smaragd) sowie der Gründung der Vereinigung Vinea Wachau. Es gab vor gut zehn Jahren ein paar Dellen, aber seit Roman Horvath als Geschäftsführer und Heinz Frischengruber als Önologe vorangehen, gehört die Domäne wieder zur Crème de la Crème der Wachau. 250 Mitglieder bewirtschaften 460 Hektar, rund ein Drittel der Gebietsfläche. 2,8 Millionen Flaschen (ausschliesslich Wein aus der Wachau) werden jährlich gefüllt, die Preise am Markt liegen zwischen 8 und 35 Euro. 50 Prozent werden in Österreich vermarktet.
Empfehlung
Smaragd-Weine vom Grünen Veltliner und Riesling aus den Rieden Achleiten, Kellerberg und Singerriedel
Steirer Tradition
Erzherzog-Johann-Weine02
Stattliche, bereits 1916 gegründete Kooperative (die einzige in der Steiermark) mit etwa 180 Hektar Rebfläche, verteilt auf 500 Weingärten der gesamten Region. Rund 250 Winzerfamilien bewirtschaften die Fluren. Die Erträge baut Kellermeister Sieghard Kugel überwiegend im Stahltank aus (Ausnahme: Rotwein).
Empfehlung
Welschriesling
Konstante Qualität
Winzerkeller Neckenmarkt03
Die leistungsfähige Genossenschaft, die schon zweimal beim Genossenschaftscup von VINUM ganz oben stand, setzt auf ihren 280 Hektar Reben auf Konstanz. Obmann Franz Heincz ist seit über 30 Jahren im Amt, Kellermeister Gerald Wieder verantwortet über 20 Jahre die Qualität. Die 280 Hektar Reben werden von 135 Mitgliedern bewirtschaftet. Angebaut werden hauptsächlich rote Sorten, an der Spitze Blaufränkisch, mit dem die Mittelburgenländer bei Wettbewerben bestens bewertet werden. Rund 600 000 Flaschen werden jährlich gefüllt und zu 80 Prozent in Österreich vermarktet.
Empfehlung
Potio Magica (Blaufränkisch)
Ein wahrer Schatz
Winzer Krems04
Die 1938 gegründete Genossenschaft ist mit den Jahren auf 1176 Hektar Rebfläche (bewirtschaftet von 925 Mitgliedern) gewachsen. Sie hat trotz ihrer Grössenordnung ein gutes Niveau auf breiter Front – ein Verdienst der Önologen Franz Arndorfer und Gerhard Kapeller. Die Weine kommen aus dem Kremstal (49 Prozent), dem Kamptal (23 Prozent) sowie dem Traisental und der Region Wagram. 55 Prozent werden in Österreich verkauft, 35 Prozent in Deutschland. Die Preise am Markt liegen zwischen 4,99 und 19,90 Euro. Abgefüllt werden jährlich rund neun Millionen Flaschen. Eine Besonderheit ist die Schatzkammer mit Weinen ab dem Jahrgang 1946.
Empfehlung
Grüner Veltliner Edition Chremisa (alter Name von Krems)
Wichtige Zusammenarbeit
Winzerkeller Andau05
Rund 6,5 Millionen Flaschen Wein werden jährlich in der bedeutenden Kooperative im burgenländischen Seewinkel (gegründet 1959) gefüllt. 120 Mitglieder pflegen vor allem Zweigelt (32 Prozent), Grünen Veltliner und Blaufränkisch (je 15 Prozent). Die Preise am Markt liegen zwischen 5,90 und 10 Euro. Auf Österreich entfallen im Absatz nur 20 Prozent. Eine eigenständige «Abteilung» im Haus ist die Marke «Zantho», die 2001 einer Kooperation mit Spitzenwinzer Josef Umathum aus Frauenkirchen und Geschäftsführer Wolfgang Peck entsprang. Produktion: etwa 600 000 Flaschen.
Empfehlung
Zweigelt Selection
Der neue Name
Eichenwald-Weine06
An den neuen Namen der 1962 gegründeten Vereinten Winzer Blaufränkischland muss man sich erst mal gewöhnen. Weil Horitschon bedeutet «Die Leut’ bei den Eichen» und die Eiche beim Ausbau der Weine in über tausend Barriques eine wichtige Rolle spielt, wurde umbenannt. Ausgebaut werden die Weine (dominant: Blaufränkisch) in einer futuristisch anmutenden Kellerei. Hundert Mitglieder kümmern sich um 400 Hektar, von denen 80 Hektar für ein «Qualitätskonzept» auserwählt wurden (Preise von 5,90 bis 39 Euro). Die rote Cuvée Arachon, vor über 20 Jahren kreiert von den Winzern Tement, F.X. Pichler und Szemes, wird künftig nicht mehr über die Genossenschaft vermarktet.
Empfehlung
Gut gereifte rote Cuvée The Oak
Weinkellereien
Preiswertes für die Grossen
Aigner-Weinkellerei07
Seit über 60 Jahren bestehende Weinkellerei, die von Winzern, Genossenschaften und Handelsunternehmen zukauft. Produziert hauptsächlich preiswerte Handelsmarken für Hofer. Etwa 30 Prozent der geschätzten neun Millionen Flaschen bekommt Aldi in Deutschland.
Stimmige Qualität zu günstigen Preisen
Helenental-Kellerei08
Der Betrieb im westlichen Weinviertel ist Nachfolger der 2012 aufgelösten Winzergenossenschaft Retz-Röschitz. Eigentümer sind der angesehene Winzer Manfred Bannert (Obermarkersdorf) und Finanzberater Walter Schnopfhagen. Sie haben den Betrieb völlig neu ausgerichtet. Die Trauben werden von 120 Hektar zugekauft. Ein Markenzeichen sind die pfiffig ausgestatteten Weinlinien mit Namen wie Wunderkinder, Bilderbuchweine und Ha/lo/d/ri. Im Fokus liegt der internationale LEH. Die Qualität ist durchgängig stimmig, die Preise sind sehr niedrig.
Empfehlung
Grüner Veltliner Urgestein
Gross, aber wenig bekannt
Pewal-Weine09
Vom Namen her wenig bekannte Kellerei des grossen Weingutes Schneeberger in Heimschuh in der Südsteiermark (112 eigene Hektar), die verschiedene Weine für Discounter Hofer (Aldi) von eigenständigen Flächen liefert. Preislagen meist zwischen 3,99 und 4,99 Euro.
Umtriebige Geschwister
Weinkellerei Toifl10
Elf Millionen Flaschen verlassen jährlich den modernen Betrieb der Geschwister Barbara und Christoph Toifl (verantwortlich im Keller), zu Marktpreisen zwischen 2,99 und 3,99 Euro. 200 Lieferanten in Niederösterreich und dem Burgenland liefern vorwiegend Grünen Veltliner und Zweigelt als Most oder Wein. Etwas Auslandswein wird für Billigmarken gefüllt. Etwa die Hälfte wird exportiert.
Trendsetter
Schloss Fels11
Das einst eigenständige Weingut wurde 1986 vom Handelshaus SPAR mit damals 36 Hektar übernommen. Die betriebseigene Rebfläche wuchs auf hundert Hektar. Sie verteilt sich auf die Regionen Wagram (60 Prozent), Kremstal (26 Prozent) und Kamptal. Darüber hinaus wird für die Füllung von rund 10,3 Millionen Flaschen Tankwein zugekauft. 98 Prozent der Weine werden in Österreich über die diversen SPAR-Sparten abgesetzt, zu Preisen von 0,99 Euro (0,25 Liter) bis zu 7,99 Euro. Das Sortiment (Hauptsorten Grüner Veltliner, Zweigelt) ist breit gestreut. Ambitionen verdeutlicht Geschäftsführer Klaus Klein mit seiner Aussage: «Wir sind Trendsetter, nicht Trendfolger.»
Empfehlung
Grüner Veltliner Schloss Fels
Musikalische Weine
Weinkellerei Baumgartner12
Traditionsreicher Familienbetrieb (seit 1725) im Pulkautal im östlichen Weinviertel. Bewirtschaftet selbst 195 Hektar und kauft ausserdem Most und Wein zu. Wichtigste Sorte ist Grüner Veltliner; einer dieser Weine wird nach der Gärung mit Operettenmusik beschallt.
Qualität trotz Menge
Weinkellerei Wegenstein13
Das Unternehmen vor den Toren von Wien (Inhaber Rewe International) ist der grösste Weinabfüller Österreichs, weil hier auch Importe eine Rolle spielen. Unter Regie des erfahrenen Betriebsleiters Herbert Toifl und dem Önologen Christian Frank werden jährlich rund 20 Millionen Flaschen gefüllt. Die Preise am Markt liegen zwischen 2,99 und 7,99 Euro. 80 Prozent der Weine werden exklusiv in den Handelshäusern von Rewe (Billa, Merkur, ADEG und Penny) verkauft. Die österreichischen Weine kommen von 600 Partnerwinzern. Nachhaltige Wirtschaftsweise ist Pflicht, ein Top-Wert-Verhältnis wird angestrebt und erreicht.
Empfehlung
Grüner Veltliner und Riesling der Kategorie Reserve
Grüner Veltliner als Steckenpferd
Lenz Moser14
Eigentümer der traditionsreichen Weinkellerei ist seit über 30 Jahren das Handelsunternehmen VOG in Linz. Der Inhalt der jährlich rund 13,5 Millionen Flaschen stammt ausschliesslich aus Österreich von 74 Hektar Eigenfläche und Vertragswinzern (1200 Hektar). Hauptsorte ist Grüner Veltliner. Österreich ist mit 77 Prozent der wichtigste Absatzmarkt vor Deutschland mit 18 Prozent. Zum Unternehmen gehören auch die früheren Weingüter Souveräner Malteser Ritterorden und Klosterkeller Siegendorf. Verantwortlicher Önologe ist, als Nachfolger von Ernest Grossauer, seit 2018 Michael Rethaller.
Empfehlung
Grüner Veltliner Prestige Niederösterreich
Weingüter mit Zukauf
Fokus im Burgenland
Weingut Leo Hillinger15
Er ist Marketing-Profi und erfolgreicher Winzer. Ab 1990 wandelte Leo Hillinger einen kleinen Weinhandel der Eltern zum Grossbetrieb um. Die Konzentration liegt auf dem Burgenland, hier vor allem in der DAC-Region Leithaberg. 80 Hektar werden in eigener Regie biologisch bewirtschaftet. Hinzu kommen weitere 30 Hektar, auf denen mit Vertragswinzern zusammengearbeitet wird. Weine für den Handel (vor allem Hofer) werden je nach Bedarf zugekauft. Eine populäre Marke für Hofer ist Flat Lake. Betriebsleiter ist seit 2017 der Deutsche Peter Zuschlag (früher bei St. Antony in Rheinhessen).
Empfehlung
Blaufränkisch Leithaberg DAC
Eine Familie als Aushängeschild
Weingut R. & A. Pfaffl16
Das Familien-Weingut gehört seit etlichen Jahren zu den Aushängeschildern Österreichs. Verantwortlich dafür sind Senior Roman (Jahrgang 1951) und sein Sohn Roman Josef Pfaffl. Roman und Heidi Pfaffl starteten 1980 mit 1,3 Hektar Reben und etwas Landwirtschaft. Das Wachstum in den letzten Jahren war enorm. Neben Wein von 110 eigenen Hektar werden Trauben von 110 Hektar zugekauft.
Empfehlung
Grüner Veltliner Hund DAC Weinviertel Reserve