Die Gewinner
Genossenschaftscup 2020
Text: Rudolf Knoll
Fotos: Florian Andergassen, Joerg Saenger, Helmuth Rier, Thomas Moeller, Shuttle Design Studio Würzburg, z.V.g., David Weimann, Oscar Dariz
Es war wie bei einem Sprintwettbewerb. Von der Innen- bis zur Aussenbahn befanden sich die Sportler beim Einlauf praktisch auf einer Linie und machten sich noch auf den letzten Metern Hoffnung auf den Sieg. Am Ende musste das Zielfoto entscheiden. Ähnlich war es beim Internationalen Genossenschaftscup von VINUM mit Teilnehmern aus Deutschland, Südtirol und Österreich. Nur vier Hundertstel trennten den Zweiten vom Sieger, weitere vier Hundertstel dahinter lief der Drittplatzierte ein. Und auf den undankbaren Folgeplätzen wurde ebenfalls mit erstklassigen Ergebnissen noch Format bewiesen…
Südtirol mit der Kellerei Bozen hatte am Ende knapp die Nase vorn. Auf Rang drei landete der Sieger von 2018, die Kellerei Tramin. Dazwischen schob sich die Mayschosser Winzergenossenschaft von der Ahr, die sich damit Deutscher Meister nennen kann. Für Mayschoss und den Viertplatzierten, Weinkonvent Dürrenzimmern aus Württemberg, war das innerhalb relativ kurzer Zeit der zweite grosse Erfolg nach Siegen beim Deutschen Rotweinpreis 2019 (Mayschoss mit Spätburgunder, Dürrenzimmern mit Portugieser). Die beiden Siegerweine wurden beim Genossenschaftscup nochmals ins Rennen geschickt.
Insgesamt beeindruckte vor allem Südtirol, wo die Genossenschaften längst eine qualitative Macht sind: Fünf Betriebe platzierten sich unter den besten Zehn. Dass auch Grossbetriebe mit mehr als 1000 Hektar Rebfläche individuell arbeiten, demonstrierten die Winzergemeinschaft Franken und Winzer Krems aus Österreich. Freudestrahlen auch in Ihringen bei der Kaiserstühler Winzergenossenschaft, die ex aequo mit Girlan auf Rang zehn platziert ist und sich – bei zwölf Teilnehmern aus Baden – durchaus mit Recht badischer Meister nennen darf.
Insgesamt gingen 52 Genossenschaften ins Rennen. Nach der K.o.-Runde zum Start blieben 32 Betriebe (inklusive einiger Lucky Loser) übrig. Corona sorgte dafür, dass wir auf das übliche öffentliche Finale mit Publikum und Repräsentanten der Betriebe verzichten mussten. So haben wir das Halbfinale zur Entscheidungsrunde umgewidmet. Sieger Bozen profitierte dabei enorm von einigen «Spielerwechseln» und katapultierte sich nach einer eher durchwachsenen ersten Runde nach vorne!
1. Platz | 16.58 Punkte
Kellerei Bozen
Südtirol
Stephan Philippi, so etwas wie der «Wundertrainer» der Kellerei Bozen, ist ein alter Hase als Önologe (und mit den Hobbys Radfahren, Skifahren, Laufen sportlich orientiert). Der Mann vom Jahrgang 1964 war 1987/88 zunächst Mitarbeiter der Kellerei St. Magdalena. Dann stieg er zum technischen Direktor auf und blieb in dieser Position, als St. Magdalena 2001 mit Gries fusionierte und damit ein Betrieb mit 350 Hektar entstand. Die 224 Mitglieder, die ihre Trauben komplett in der Kellerei Bozen abliefern, sind zu deutlichen Ertragsreduzierungen unter den gesetzlichen Normen angehalten. Einige liefern inzwischen auch biozertifizierte Trauben an, eine eigene Bio-Linie wird bald folgen. Glücklich schätzt sich Philippi über die neuen Möglichkeiten im 2018 fertiggestellten Keller. Das Traubenmaterial kann mittels Schwerkraft ohne Pumpen bei einem Höhenunterschied von 20 Metern verarbeitet werden. Dass schon vorher exzellent gearbeitet wurde, verdeutlicht vor allem der schon fast legendäre, vielfach ausgezeichnete Lagrein Riserva Taber. Der Jahrgang 2015 war bester Rotwein unserer Verkostung. Lagrein liegt mit Vernatsch (75 und 74 Hektar) in der Bozener Sortenskala ganz vorn.
www.kellereibozen.it
2. Platz | 16.54 Punkte
Winzergenossenschaft Mayschoss-Altenahr
Mayschoss, Ahr
Kellermeister Rolf Münster, 61, einst Geisenheim-Absolvent und seit 32 Jahren bei der bereits 1868 gegründeten Mayschosser Kooperative aktiv, mag Kontraste. In der Freizeit züchtet er gern kleine Bonsai-Bäume. Im Beruf steht er für bedeutende, durchaus grosse rote Burgunder, vor allem Spätburgunder. Geschäftsführer Matthias Baltes hat den 250 aktiven Mitgliedern, die 150 Hektar bewirtschaften (bei 25 Winzern ist es der Hauptberuf), eine strenge Ertragsbeschränkung für alle Weine ab acht Euro aufwärts durch spezielle Qualitätsprogramme auferlegt. Auch selektive Handlese steht im Mayschosser Grundgesetz. Besitz hat man in exzellenten, überwiegend steilen Lagen wie Mayschosser Mönchberg, Laacherberg und dem Walporzheimer Kräuterberg. Hier wachsen die Weine (auch ansprechender Riesling übrigens), die zu mehreren Staatsehrenpreisen in den letzten Jahren beitrugen.
www.wg-mayschoss.de
3. Platz | 16.50 Punkte
Kellerei Tramin
Südtirol
Die Kellerei gehört mit ihrem Gründungsjahr 1898 zu den Veteranen unter den Südtiroler Genossenschaften. Aber sie ist modern aufgestellt, mit optimaler Kellerwirtschaft und einem ausgeklügeltem Bewirtschaftungssystem in den 260 Hektar Reben, die auf 250 bis 850 Metern wachsen. Die 300 Mitglieder, die für Selektionsweine nur zwischen 40 und 50 hl/ha ernten, sehen sich als grosse Familie. Der sympathische Feinschmecker und Kellermeister Willi Stürz, 52, ist so etwas wie der Familienvater, der in Italien einen grossen Ruf als Önologe hat und seiner Kellerei die Möglichkeit gibt, wie ein kleines Privatweingut zu agieren. Hohe Flexibilität und rasche Entscheidungsfindung sowie im Herbst eine punktgenaue Ernte bei optimaler Reife sind dafür Voraussetzung. Gewürztraminer ist mit einem Anteil von 22 Prozent die Hauptsorte vor Chardonnay (12 Prozent) und Vernatsch (11 Prozent).
www.kellereitramin.it
4. Platz | 16.26 Punkte
Weinkonvent Dürrenzimmern, Brackenheim-Dürrenzimmern
Württemberg
«Leben geniessen» nennt Kurt Freudenthaler, 63, als eines seiner Hobbys. Hier darf für den seit 2002 in Dürrenzimmern tätigen Kellermeister zwangsläufig guter Wein nicht fehlen. Also macht er ihn! Er ist selbst im Weinberg ein Vorbild und hat ansonsten Rückendeckung bei seiner obersten Heeresleitung, die rund 300 Mitglieder (hauptsächlich im Nebenerwerb auf kleinen Parzellen aktiv) zu Ertragsreduzierungen ermuntert hat. Für das Premiumsegment Divinus sind nur Mengen von 35 bis 45 hl/ha erlaubt; für das Mittelsegment Cellarius immer noch 60 bis 70 hl/ha. Lemberger ist auf knapp 200 Hektar mit 29 Prozent Anteil die Hauptsorte, gefolgt von Riesling (18 Prozent) und Trollinger (13 Prozent).
www.weinkonvent-duerrenzimmern.de
5. Platz | 16.24 Punkte
Kellerei Meran
Südtirol
Kellermeister Stefan Kapfinger hat ein Faible für Oldtimer. Aber im Wein ist er doch eher modern unterwegs. Zielsetzung sind Klarheit und Charakter und der Wunsch, dabei auch immer wieder Grosses zu erzeugen, wie den sensationellen Weissburgunder «V Years», der fünf Jahre im Keller auf der Feinhefe reifte. Den Rahmen dafür bietet die 2013 eröffnete neue Kellerei in Marling mit einer eindrucksvollen Panorama-Vinothek. Die 245 Hektar, bewirtschaftet von 360 Mitgliedern, verteilen sich auf zwei sehr unterschiedliche Gebiete: den mediterran angehauchten Meraner Talkessel und das Vinschgau mit alpiner Frische. Die klimatischen Unterschiede finden in über 20 Rebsorten ihren Ausdruck.
www.kellereimeran.it
5. Platz | 16.24 Punkte
Kellerei Schreckbichl
Südtirol
Die Kellerei in Girlan war vor gut 30 Jahren, als Südtirol in der Krise steckte, durch ihren legendären Obmann Luis Raifer ein Qualitätspionier. Heute geben Geschäftsführer Hubert Dorfmann und Obmann Maximilian Niedermayr die Richtung für die 300 Mitglieder vor. Sie bewirtschaften 300 Hektar, pflegen nachhaltigen Weinbau und sorgen durch geringe Erntemengen für eine hohe Qualität der Trauben. Für deren Verarbeitung ist seit 2005 der gebürtige Eppaner Martin Lemayr (Jahrgang 1966) verantwortlich. Seine Aushängeschilder sind Sauvignon, Chardonnay und Cabernet Sauvignon mit der Bezeichnung «Lafóa», die einst Luis Raifer nach einem Lagen-Namen prägte – und die geniale, rare weisse Cuvée LR.
www.schreckbichl.it
7. Platz |16.22 Punkte
Weingärtner Cleebronn-Güglingen
Württemberg
Vor gut zehn Jahren sorgte ein neues Führungsteam mit Thomas Beyl, Axel Gerst und dem ambitionierten Kellermeister Andreas Reichert (Jahrgang 1978), ein Geisenheim-Absolvent und Bundessieger im Küferhandwerk, für einen deutlichen Kurswechsel in der damals kaum bekannten Genossenschaft. Die 580 Mitglieder, die 280 Hektar bewirtschaften, liefern mit reduzierten Erträgen die Voraussetzung für sortentypische, charaktervolle, langlebige Weine vor allem in der Top-Serie Herzog C und der Edellinie Emotion CG, bei der Barriques eine wichtige Rolle spielen. Lemberger (24 Prozent), Schwarzriesling (20 Prozent), Riesling (16 Prozent) und Trollinger (15 Prozent) sind die wichtigsten Sorten.
www.cg-winzer.de
8. Platz | 16.18 Punkte
Winzergemeinschaft Franken (GWF), Kitzingen-Repperndorf
Franken
Die grossen Franken (1280 Hektar, 1200 aktive Mitglieder) waren schon mehrfach beim Genossenschaftscup vorn dabei; die ausgezeichnete Bewertung ist also kein Zufall. Zu verdanken ist das strengen Qualitätsvorgaben für die verschiedenen Produktlinien. Konsequent durchgesetzt wurde das von einem ambitionierten Vorstand mit dem Vorsitzenden Andreas Oehm und dem geschäftsführenden Vorstand Cornelius Lauter. An der Spitze steht die Premiumlinie 1er Traube, die seit 2016 von einer Kellermeisterin betreut wird. Viviane Ganesch, 36, war nach ihrer Ausbildung in der GWF und dem Besuch der Technikerschule lang in Portugal, Neuseeland und Australien unterwegs, ehe sie wieder in der Heimat anlegte.
www.gwf-frankenwein.de
9. Platz | 16.00 Punkte
Winzer Krems
Kremstal
Schöner Einstieg für den neuen Chef der stattlichen Kremser Genossenschaft (1200 Hektar, rund 900 Mitglieder). Ludwig Holzer hat mit seinem Team die Mitglieder unter guter Kontrolle. Es gibt klare Vorgaben für Rebschnitt, Bodenbearbeitung, Laubarbeit, Pflanzenschutz und die Ernte. Hier sind reife und gesunde Trauben das A und O. Bezahlt wird nach einem komplexen Qualitätssystem. Besonders stolz ist man auf die Ergebnisse der Hauptsorte Grüner Veltliner (57 Prozent Anteil); mit Zweigelt (21 Prozent) überrascht man oft bei Rot. Im Keller ist Franz Arndorfer, 53, seit 1992 aktiv. In der Freizeit macht er oft Radtouren in den Weinbergen – was man auch als Kontrolltour werten kann.
www.winzerkrems.at
Die besten Weine des Wettbewerbs
EDELSÜSS2018 Gewürztraminer | 2018 Chardonnay/ | 2017 Cornelius |