Kochen und Essen zu Chianti

Trinken, kochen, essen: Finocchiona, Fiorentina, Ribollita…und so viel mehr!

Text: Ursula Heinzelmann, Fotos: GettyImages / Francesco Riccardo Iacomino / Fani Kurti / bhofack2 / Flavia Morlachetti 

Pinien und Zypressen, ein Hügel am anderen, malerische Castelli, und immer wieder Reben – wer Chianti sagt, denkt Toskana, Urlaub, gutes Essen, viel Historisches und natürlich Wein. Ein Landstrich, in dem die Welt noch in Ordnung ist. Durchaus. Doch die Geschichte des Chianti ist in ihrem Ursprung eine politische und von vielen Veränderungen geprägt, auch beim Wein.

Chianti, das war im 13. Jahrhundert die Lega del Chianti, ein militärisches Bündnis zur Verteidigung des Landstrichs südlich von Florenz, um Castellina, Radda und Gaiole, entlang der Monti del Chianti. Inzwischen assoziieren wir damit aber vor allem Rotwein, für den sich die Reben längst bis nach Pistoia im Norden, Pisa im Westen und Siena im Süden ausgebreitet haben. Der schwarze Hahn, einst das Wappentier der Lega, prangt hingegen weiterhin ausschliesslich auf den Flaschen aus dem historischen Herzen des Gebiets, dem Chianti Classico.

«Ich wünsche mir mehr von der unverwechselbaren Sangiovese- Säure in den Weinen, mehr Transparenz, kurz, mehr Mut zu Authentizität und Eigenständigkeit bei den Winzern im Chianti!»

Billy Wagner, Wirt, Nobelhart & Schmutzig, Berlin

Die Chianti-Wein-Geschichte ist nicht unbedingt eine geradlinige. Die erste dokumentierte Erwähnung aus dem 14. Jahrhundert gilt einem Weisswein, was unter Umständen der Tatsache geschuldet ist, dass Rotweine damals robuster und stabiler waren und gute weisse Gewächse somit die Ausnahme bildeten. Doch allen kriegerischen Reibereien zum Trotz florierte der Weinbau. Klöster, Adel und die reichen Kaufleute der Städte liessen ihre grossen Ländereien in Halbpacht bewirtschaften, gehandelt wurde der Wein dann in Florenz, mit strengen Zunft-Auflagen und einem lebhaften Import- und Exportgeschäft bis nach Flandern und Kreta. Wer wie Cosimo III. de' Medici Anfang des 18. Jahrhunderts im Palazzo Pitti in Florenz residierte, wollte mit gutem Wein versorgt sein und erliess daher für die heimische Produktion entsprechende Gesetze, die zu den ersten dieser Art gehörten.

Was jene tranken, die diese Gesetze in den Weinbergen umsetzten, ist hingegen nicht überliefert. Auf den Poderi, den Höfen, kümmerten sie sich vor allem um Canaiolo, dann aber immer mehr um den erst 1590 erstmals dokumentierten Sangiovese. Reinsortige Rebanlagen waren selten, zu gross war das Risiko. Neben roten Sorten standen weisse, das Ergebnis im Fass war traditionell ein Verschnitt.

Die Medici gehören längst der Vergangenheit an, die Halbpacht wird Mitte des letzten Jahrhunderts für rechtswidrig erklärt, worauf arme Ländler Zuflucht in den Städten suchen. Den grossen Gütern fehlen die Arbeitskräfte, Einsparungen aller Art beim Anbau und hohe Erträge führen zu belanglosen Weinen. Es dauert, bis diese Talsohle überwunden wird. Der letzte Schrei ab den 1970ern ist nicht der des schwarzen Hahnes, sondern die neuen Supertuscans. In ihnen helfen internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot dem Sangiovese in kleinen neuen Fässern auf die Sprünge, woraufhin bald auch klassische Chianti dunkel und geschmeidig daherkommen. Heute hingegen tendiert das Pendel wieder in Richtung Sangiovese – konzentriert, aber auch transparent und säurelebendig.

Die Küche hingegen, die spricht immer noch von vornehmer Zurückhaltung bis hin zu schlichter Armut, das toskanische, salzlose Brot steht dafür symbolisch. Historisch ist dies hohen Salzpreisen im 12. Jahrhundert geschuldet, denen man mit Verzicht begegnete und stolz daran festhielt, ebenso wie man den teuren Pfeffer in Salami durch heimische Fenchelsamen ersetzte: Finocchiona! Cucina Povera – auf alle Fälle aber exzellent zu den Chianti-Weinen der Gegenwart harmonierend: salute e buon appetito.

Der andere Wein

Vin Santo del Chianti Classico

Die weissen Trauben im Chianti, wie Trebbiano und Malvasia, werden heute oft zu frischen, trockenen Weinen verarbeitet, seit Jahrhunderten aber auch in vollreifem Zustand mehrere Monate für Vin Santo getrocknet. Der sirupartige Most reift mindestens drei Jahre in versiegelten kleinen Fässern, den Caratelli, in der Vinsantaia. Ergebnis ist ein früher eher trockenes, heute hingegen meist süsses Elixier, das in der Toskana alle wichtigen Feierlichkeiten begleitet.



Klassische Mariage: Bistecca Fiorentina

Einst waren die grossen weissen Rinder aus dem Valciana, dem Chianatal, vor allem Arbeitstiere, dann züchtete man sie wegen ihres aromatischen Fleisches.

Ein Bistecca Fiorentina ist ein dickes T-Bone- Steak, gut abgehangen und nur kurz gegrillt, das mit Salz, Pfeffer und Olivenöl gewürzt fast roh serviert wird. Mit einem Chianti Classico Gran Selezione ist dies wirklich ein Erlebnis für aussergewöhnliche Anlässe: Die roten Kirsch- und Pflaumenaromen sowie die Säure und Erdigkeit docken an das schmelzende Fett an, Rauch-, Kräuter- und Tabaknoten sorgen für Tiefe und Eleganz.

Dazu: Chianti Classico Gran Selezione

Der mindestens 30 Monate gereifte Wein vereint Frucht und Würze, die Sangiovese-Säure wirkt ebenso elegant wie das Fleisch, weitere Beilagen erübrigen sich.

Klassische Mariage: Ramen

Die heute so angesagte Ramen ist eigentlich eine einfache chinesische Nudelsuppe, die vor 150 Jahren nach Japan kam, inzwischen dort so verwurzelt ist wie Sushi und aus Brühe, Nudeln, Toppings und einem Grundgewürz wie Sojasauce – Shoyu – oder Miso entsteht.

Ramen-Toppings gibt es unzählige, aber Chashu, in Scheiben geschnittener Schweinebraten, ist sehr verbreitet, daneben Ei, Frühlingszwiebeln, Fischkuchen, Seetang, Bohnen- und Bambussprossen. Shoyu- Ramen lässt sich sehr schön von der herben Säure eines frischen Chianti begleiten, die roten Früchte erdrücken die Textur nicht, können aber dennoch gut mit den herzhaften Aromen harmonieren.

Dazu: ein frischer Chianti

Seine erdige Säure freut sich über die salzigen Umami-Noten, die Sauerkirscharomen sorgen für Frische und Spiel und tanzen mit den Frühlingszwiebeln.

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