Kochen und Essen zu Weinen aus Istrien (Kopie 1)
Trinken, kochen, essen: Schinken, Trüffel, Olivenöl…und so viel mehr!
Text: Ursula Heinzelmann / Bilder: gettyimages / jirkaejc
Geschichte und Wesen des Refošk, des ikonischen Rotweins Istriens, sind ebenso komplex wie jene dieses malerischen Landstrichs entlang der nordöstlichen Adria im Allgemeinen.
Wein gibt es hier dank der Griechen oder Phönizier schon lange, über zweieinhalb Jahrtausende. Zweifellos half er den Menschen, die teils sehr wilden Wogen von Herrschern und Kämpfen zu überstehen, die mit den Eroberungszügen der Römer gegen die ansässigen Istrier begannen, gefolgt von Slawen, weiteren Römern, Ostgoten, Franken, Ottomanen, Venezianern, den Franzosen unter Napoleon, Habsburgern, Italienern. Viele Ortschaften waren in neuerer Zeit innerhalb weniger Jahrzehnte nacheinander österreichisch, italienisch, jugoslawisch und schliesslich slowenisch oder kroatisch. Doch am Leuchten des Meeres mit Kieselstränden, Pinienwäldern und Fischerhäfen, an den hügeligen Laubwäldern, Bergdörfern, Karst und Macchia weiter im Landesinneren hat das wenig geändert. Und die Reben werden heute mehr denn je geschätzt – womit wir wieder beim Refošk wären.
«Teran mag es schwierig, er muss kämpfen, damit wirklich gute Weine entstehen: voll, kräftig und fruchtbetont, aber auch wild und ungestüm.»
Marko Fakin vom gleichnamigen Weingut in Motovun/Kroatien
Der wird auch gerne als Refosco bezeichnet und gehört zu einer äusserst vielseitigen und viel diskutierten Rebsortenfamilie. Am bekanntesten in Italien ist Refosco dal Peduncolo Rosso, der Rotstielige, der als Nachkomme von Lagrein und Teroldego aus dem Trentin und Südtirol aber nicht das Geringste mit unserem Refošk zu tun hat und vor allem im Friaul und im Veneto angebaut wird – aber eben auch um Koper, im slowenischen Teil Istriens. Und damit wird es ebenso verwirrend wie in den nationalgeographischen Stammbüchern vieler istrischer Familien: Was dort als Refosco d’Istria oder Refosco Terrano bezeichnet wird, ist nämlich eine sehr alte, bereits Ende des 14. Jahrhunderts namentlich erwähnte Sorte vom Karst. Im Friaul kennt man sie als Terrano, in Kroatien als Teran und in Slowenien als Refošk. Damit es verwirrend bleibt: In der Emilia-Romagna tritt der Refošk/Terrano/ Teran als Terrano Refosco, Cagnina oder gar Lambrusco dal Peduncolo Rosso auf. Reben bewegen sich ebenso wie Menschen als Migranten durch die Zeitgeschichte.
Doch bevor Sie das jetzt als zu kompliziert abtun: In der Praxis, also im Glas, klärt es sich alles recht schnell. Der rotstielige «Italiener» ist ein eher hellfarbiger, an Pflaumen und Kirschen erinnernder, beinahe blumiger, erfrischender Rotwein, während Refošk/Terrano/Teran zwar auch von Säure geprägt ist, dabei aber eher dunkel und tanninherb auftritt. Das in vielen Fällen nahezu teerschwarze Rot entspricht den eisenhaltigen Terra-Rossa- Böden, dem sogenannten «roten Istrien» (im Gegensatz zum «grauen Istrien» der Kalkböden des Karst), auf denen er bevorzugt angebaut wird. Wenn die Trauben voll ausreifen, was nicht immer ganz einfach ist, entstehen nach schwarzen Beeren und wilden Kräutern duftende, mineralische Weine mit hervorragendem Alterungspotenzial.
Das auszuschöpfen sollte den Weinen unbedingt zugestanden werden! Dann glänzen sie zum Essen wie die blaue Adria und freuen sich ganz besonders auch über Pršut, den luftgetrockneten Schinken Istriens – und Sie sich mit ihnen.
Weinkultur Istriens
Die Neuzeit
Die politischen Turbulenzen der letzten Jahrzehnte mit dem Zerfall Jugoslawiens bedeuteten für die Weinbranche Istriens so etwas wie einen Neustart. Nach staatlichen Genossenschaften und Massenweinen besannen sich viele Erzeuger wieder auf regionale Sorten, Methoden und Stärken. Sie senkten Erträge, modernisierten und blickten zugleich zurück auf ihre Wurzeln, um den besonderen Charakter ihrer Heimat in Form von Wein zum Ausdruck zu bringen.
Klassische Mariage: Pršut, der luftgetrocknete Schinken Istriens
Nicht nur in Parma und San Daniele, sondern auch im Hinterland der östlichen Adria trocknet der warme Wind eingesalzene Schweinekeulen und verwandelt sie zu Schinken.
In all den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens gibt es Pršut (gesprochen pro-schuut). In manchen Fällen wie in Dalmatien ist er als geschützte geographische Angabe anerkannt, immer aber lohnt es sich, nach handwerklicher, wirklich guter Qualität zu suchen. Dann ist die Ausgewogenheit von Fett und Salz wirklich ein Hochgenuss, über den sich Refošk/Terrano/Teran nicht nur freut, sondern auch viel weniger wild zeigt.
Aus dem Istrien dazu Refošk/Terrano/Teran in seiner klassischen dunklen Form
Pršut und Refošk/Terrano/Teran in klassisch dunkler Stilistik sind ein echtes Traumpaar. Von den Winden der Adria und aus dem Landesinneren zu mürber, zarter Reife gebracht, das Meeressalz ins aromatische Fett integriert, zähmt der Schinken den Wein aufs Feinste.
Neue Mariage: Huevos Rancheros
Die pikanten mexikanischen Spiegeleier schmecken zu jeder Tageszeit, nicht nur zum Brunch.
Serviert auf Tortilla-Fladen mit verschiedenem Gemüse wie Tomaten, knackiger Paprika und Avocado sorgt die Bohnenpaste für eine pikante Note, und eine ordentliche Dosis Olivenöl – istrisches! – schadet keinesfalls. Dunkelrosaorangefarbener Refošk/ Terrano/Teran als Pet Nat sorgt zusätzlich für gute Stimmung, die schwarze Frucht hier als fröhliche Kirsche lachend.
Aus dem Istrien dazu Refošk / Terrano / Teran als Pet Nat, hefetrüb, schäumend
Dunkelorangerosafarben tanzt der hefetrübe Schäumer mit den Gemüsen, schmiegt sich die Hefe um Eier, Bohnen und Fladen. Er sorgt zu jeder Tageszeit für gute Laune, als leuchte die Adria aus der Ferne.