Überraschend kombiniert
Gewürztraminer und Trüffel
Text: Benjamin Herzog, Foto: Martin Hemmi
Jeder kennt Geheimtipps bei der Kombination von Wein und Speisen. Die originellsten Mariagen stellen wir Ihnen in dieser Serie vor. Zu erdigen Trüffeln serviert Redakteur Benjamin Herzog gereiften Gewürztraminer.
Vor gut einem Jahr erreichte mich eine Einladung, die ich unter gar keinen Umständen ausschlagen konnte: Das spanische Weingut Viñas del Vero lud mich mit einer Gruppe von Weinexperten und Journalisten zu den Days of Wine and Truffles ein – den Wein- und Trüffeltagen. Höhepunkte dieser zweitägigen Reise in die Region Somontano waren eine Trüffelsuche mit Hund und ein anschliessendes Abendessen, das all meine bisherigen Trüffelerlebnisse in den Schatten stellen sollte.
Ich liebe Trüffel in allen Variationen: von dem schwach riechenden schwarzen Sommer-über den Périgord- bis hin zum intensiven weissen Albatrüffel. Die nordspanische Region Somontano war mir bis zu der Einladung zu den Wein- und Trüffeltagen nicht als Trüffelparadies bekannt. Ich wusste zwar, dass man in Deutschland oder der Schweiz die schwach riechenden Sommertrüffel finden kann, doch dass man am Fusse der Pyrenäen den sogenannten Tuber melanosporum oder Périgordtrüffel findet, wusste ich bis dahin nicht. Zwischen Januar und März ist der edle schwarze Wintertrüffel hier in grosser Zahl aufzuspüren, und das sollte ich gleich eindrücklich präsentiert bekommen.
Trüffelhund Theo brauchte keine halbe Stunde, um vor der versammelten Gruppe aus Weinexperten und Journalisten die erste schwarze Knolle von kapitalem Ausmass zu erschnüffeln. Obwohl sofort Stimmen laut wurden, dass die Trüffel dort sicher für uns versteckt worden waren, liess ich mir die Illusion aber nicht nehmen, etwas zum Abendessen des Sternekochs Carmelo Bosque beigetragen zu haben. Denn dieses hatte es in sich.
Zurückhaltung ist eine Tugend. Gerade bei edlen und raren Dingen heisst es oft: «Weniger ist mehr.» Für Koch Bosque trifft dies auf Trüffel nicht zu. Zum Glück! Schon die Willkommenshäppchen, die stehend eingenommen wurden, hatten es in sich. Getrüffelte Kraftbrühe gab es da etwa, Linsen mit Trüffeln, gegrillte Jakobsmuscheln mit Trüffeln, pochiertes Ei mit Trüffeln und als Höhepunkt einen Trüffelschaum, direkt in die Hand des Gastes serviert. Natürlich trugen wir dafür Handschuhe. Über alle Gerichte wurde vor dem Verzehr reichlich Trüffel gehobelt oder gerieben. Und manchmal sogar beides.
Für Sommeliers sind solche Stehapéros eine echte Herausforderung. Die verschiedenartigen Häppchen und Fingerfood-Kreationen verlangen oft nach vielfältiger Begleitung. Der Sommelier bei den Days of Wine and Truffles hatte es da einfach. Denn obschon verschiedenste Gerichte präsentiert wurden, waren sie alle vom betörenden Aroma des Tuber melanosporum geprägt. Er brauchte also einen Wein, der damit harmoniert. Dass der Sommelier diese Aufgabe mit einem gereiften Gewürztraminer löste, überrascht vielleicht im ersten Moment, doch eigentlich ist es logisch, dass hocharomatische Zutaten wie Trüffel nach radikaler Begleitung verlangen.
Versuchen Sie’s!
Die Speise
Die Welt der Trüffel ist vielfältig. Auf der einen Seite des Geschmacksspektrums steht der verhältnismässig günstige Sommertrüffel. Relativ mild im Aroma ist er besonders für Trüffeleinsteiger und den alltäglichen Genuss geeignet. Wer die volle Trüffeldröhnung erleben will, sollte zu den Varietäten greifen, die im Winter ihre Reife erreichen. Hier sind vor allem zwei Arten zu erwähnen: zum einen der schwarze Tuber melanosporum (Périgordtrüffel), der nicht mit dem günstigeren Tuber brumale verwechselt werden sollte, und zum anderen der weisse Albatrüffel (Tuber magnatum) – die aromatische Krönung des Trüffelgenusses.
Der Wein
Zu Trüffelgerichten passen nicht nur rote Bordeauxweine, Burgunder oder Piemonteser. Mit vielen Gerichten funktionieren Weissweine ebenso gut, wenn nicht sogar besser. Bei diesem Abendessen kam ein Gewürztraminer mit speziellen Eigenschaften zum Einsatz. Einerseits stammte er aus der kühlen, nordspanischen Region Somontano und andererseits aus dem Jahrgang 2001. Es handelte sich also um einen gereiften, leichten Gewürztraminertyp mit erdigen und würzigen Aromen sowie einem dezenten Süssteil. Gereifte Pinot Gris sind zu Trüffelgerichten aber ebenso zu empfehlen wie alte weisse Burgunder.
Die Mariage
Die besten Trüffelgerichte sind simpel. Tagliatelle, Rührei oder ein Butterbrot werden mit der betörenden Zutat zum Hochgenuss. Die edlen Trüffelarten sollte man nicht allzu stark erhitzen, damit sie ihr volles Aroma behalten. Da man also in der Küche nicht viel tun muss, um ein Trüffelerlebnis auf den Teller zu zaubern, darf man sich bei der Weinwahl umso mehr Zeit lassen. Es gibt wenige Speisen, die sich besser für ein Pairing-Experiment eignen als eine aromatische Trüffelknolle. Laden Sie Gäste ein, und öffnen Sie verschiedene Flaschen. Grundsätzlich gilt es, die erdigen Aromen im Wein aufzunehmen. Gewächse mit Aromen wie Champignons, Leder oder Unterholz sind daher prädestiniert.