Wein-Schloss Frankenberg lebt
16.08.2011 - R.KNOLL
DEUTSCHLAND (Weigenheim) - Schon wieder! Das mögen sich manche Beobachter gedacht haben, die in den letzten Jahren die wechselvolle Geschichte des traditionsreichen Schloss Frankenberg auf den Fluren von Weigenheim im Steigerwald beobachtet haben. Das Wort „Insolvenz“ geisterte durch die regionalen Medien. Fünf Jahre zuvor war der damalige Eigentümer Carl Freiherr von Lerchenfeld, Spross eines uralten bayerischen Adelsgeschlechts, am Sanierungsaufwand für sein Familienschloss gescheitert und das dazu gehörige Weingut versank nicht zum ersten Mal in seiner langen Geschichte in einen Dornröschenschlaf.
Weinbau wurde auf dem Hügel mit dem markanten Gebäudetrakt ganz oben schon vor etlichen hundert Jahren betrieben; eine Burg mitten in der idyllischen Landschaft ist bereits im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Lerchenfeld ließ den Rebbau nach längerer Abstinenz in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrtausends wieder aufleben und kam zunächst gut voran. Ausgebaut wurde auswärts in anderen Betrieben. Aber das stark beschädigte Gemäuer, das der Freiherr 1979 als Erbe übernahm, verschlang einfach zu viel Geld.
Nach dem zwischenzeitlichen unternehmerischen Exitus stand das Schloss, zu dem rund 150 Hektar Grund gehören, ein Jahr lang zum Verkauf. Dann erwarb es der in der Fränkischen Schweiz lebende Unternehmer Roland Belz, der in der Recycling-Wirtschaft reich geworden war. Bald werkelten zahlreiche Handwerker auf dem Schlossgelände, um die Pläne des neuen Eigentümers umzusetzen. Im Schloss sollte ein besonderes Hotel entstehen, daneben im alten Amtshaus ein Restaurant mit Wintergarten. Die alte, verfallene Meierei am Fuß des Berges war vorgesehen für einen Landgasthof mit einem 3-Sterne-Hotel, dazu Bäckerei, Hofladen, Metzgerei, Brauerei. Eine umfangreiche Viehzucht sollte aufgebaut werden, mit Ziegen, Schafen, Hühnern, Schweinen. Black Angus Rinder hielten schon vorher Einzug (und bereichern noch heute die Speisekarte im Amtshaus).
Eine besondere Art von Tourismus hielt außerdem Einzug. Roland Belz betrieb in seiner Manufaktur auf Schloss Kühlenfels eine Fertigung für Aaglander; das sind motorgetriebene Kutschen, die mit wenig Pferdestärken bis zu 20 km/h schnell sein können. Ausflugsfahren mit diesen besonderen Kutschen (Kosten ab 70 000 Euro aufwärts) wurden angeboten.
Für den Weinbau aktivierte Belz den vormaligen Hausherren als Gutsdirektor. Der Freiherr wurde nicht müde, von dem tollen Engagement und den hochfliegenden Plänen des „Landrefugium Schloss Frankenberg“ zu erzählen. Mit Zahlen hielt man sich zurück. Lerchenfeld wurde nur in den Medien mit Aussagen zitiert wie „Herr Belz ist verliebt in das Objekt, wahnwitzig großzügig und bereit, eine schneidige Summe Geldes zu investieren.“
Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Der Unternehmer verstarb im Februar 2011, kurz vor seinem 62. Geburtstag, an einer heimtückischen Krankheit. Bis zuletzt hatte er wohl die Hoffnung, gesundheitlich wieder auf die Beine zu kommen. Deshalb wurde seine vormalige Lebensgefährtin Irmgard Ochs, die als Architektin und Denkmalschützerin die ganzen Bau- und Sanierungsarbeiten leitete, noch vor den Traualter geführt.
Einige Wochen nach dem Ableben des Schlossherren ging noch alles gut. Aber plötzlich stockte der vorher ungestörte Geldfluss. Es stellte sich heraus, dass Belz doch nicht über unbegrenzte Mittel verfügt hatte und die guten Umsätze, die mit dem gastronomischen Bereich erzielt wurden, nicht reichten, um den Aufwand für den Bau, die ständigen Ausgaben und die Personalkosten zu decken. Er selbst hätte vielleicht über seine Beziehungen alles regeln oder zumindest abfedern können. Doch seine Witwe und Erbin musste erst mal Einblick in die Finanzen nehmen und dann akzeptieren, dass für einen Teilbereich der Aagland’schen Hotel- und Gaststättenbetriebsgesellschaft, ein Unternehmen mit vier getrennt voneinander operierenden Firmen, die Insolvenz nicht vermieden werden konnte. Irmgard Belz zog die Notbremse, stoppte alle Bauvorhaben bis auf die notwendigsten Bereiche und will jetzt ganz langsam je nach Kontostand an die Realisierung der Pläne gehen. Carl Freiherr von Lerchenfeld sitzt dabei nicht mehr im Boot, er hat den Betrieb verlassen.
Die Weingeschäfte und andere Bereiche sind nun in der Verantwortung von Frank H. Erlenkamp, der im Mai 2010 eingestellt wurde, seit dem Ableben von Roland Belz „Mädchen für alles“ ist und dabei gelegentlich sogar im Service im Amtshaus hilft. Der gebürtige Münchner kennt die Weinbranche in einer anderen Größenordnung. Er war bei der Wein- und Sektkellerei Drathen in Zell an der Mosel, dann bei Konzernen wie Pepsi, Unilever und in den Jahren vor Schloss Frankenberg Geschäftsführer der rund 300 Hektar großen Winzergenossenschaft Beckstein im badischen Teil des Taubertals.
In Sachen Wein musste er einiges bereinigen. Geblieben ist der Ausbau in der Verantwortung des Sommerhausener Winzers Martin Steinmann (Schloss Sommerhausen), der die Frankenberger Weiß- und Rotweine in einer Kellerei in Randersacker vinifiziert, weil die Voraussetzungen dafür auf dem Schloss nicht gegeben sind. Die Weine sind, wie schon im ersten Anlauf vor einigen Jahren, auf einem guten Niveau. Stärken sind vor allem Silvaner, Riesling, Spätburgunder und Blaufränkisch.
Die Vermarktung ist indes nicht einfach. Als Erlenkamp antrat, mussten erst mal Übermengen im Keller verkauft werden. Sein Glück war, dass gute fränkische Betriebe unter Weinknappheit litten und gern zukauften. Derzeit werden nur 4 der über 30 Hektar Reben für den Eigenbedarf genutzt. Genießen kann man die Weine demnächst bei der Frankenberger Kirchweih (27./28. August) und dem Tag des offenen Denkmals (11. September), vor allem aber regelmäßig im Restaurant Amtshaus und hier auch in einer gemütlichen Weinlounge, von der aus man eine schöne Aussicht in die Umgebung hat.
Es ist zu hoffen, dass Irmgard Belz einen ähnlich angenehmen Blick in die Zukunft von Schloss Frankenberg machen kann.
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