Neuer Eigentümer im Rheingauer Weingut Ottes

04.06.2014 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Lorch) - Im Rheingau ist viel Weintradition Zuhause. Aber auch Wandel. Nachdem vor einigen Monaten das Weingut Lang in Hattenheim und vor gut einem Jahr Schloss Reinhartshausen den Besitzer wechselten, bekam jetzt das in den letzten Jahren aufstrebende Weingut Ottes in Lorch einen neuen Eigentümer.

 

Der gebürtige Franke Robert Wurm, der am 31. Mai 1970 in Nürnberg das Licht der Welt erblickte, war etliche Jahre in leitenden Funktionen in verschiedenen Unternehmen unter anderem in der Automobil-Zulieferindustrie tätig. Aber als es ihn 2004 nach Frankfurt verschlug, keimte die Idee auf, irgendwann als Winzer selbstständig zu werden. Weinfan war er da schon einige Zeit. Dazu trug etwas seine Frau Dolores bei, eine gebürtige Spanierin mit Weinbau in der Familie im Großraum Valencia. Dass in Eltville geheiratet wurde, stärkte vielleicht die Bande zum Rheingau, nachdem Wurm auch in der fränkischen Heimat die Wein-Fühler ausgestreckt hatte, aber nichts Interessantes fand.

Dass das Weingut Ottes zum Verkauf stand, hat viele im Rheingau überrascht, da der Betrieb in den letzten Jahren durchaus erfolgreich war und im Gault Millau mit dem schwierigen Jahrgang 2006 die zweite Traube einheimste. Vater Helmut Ottes und der für den Keller verantwortliche Sohn Gerald pflegten einen Stil, der dem Franken gefiel: mineralisch geprägter Riesling vor allem, schlank, verspielt, feingliedrig. Robert Wurm („ich war von Anfang an begeistert von den Ottes-Weinen“) kam mit der Familie, der langfristig ein Nachfolger fehlte, über das auf Nachfolgeberatung in der Weinbranche spezialisierte Unternehmen Wein-Land in Mainz in Kontakt. Nach längeren Verhandlungen und der Sicherstellung der Finanzierung mit Eigenkapital und Krediten schlug er zu und ist bereits seit 1. April vor Ort.

Was ihn besonders freut, ist – neben der Umgebung mit viel Natur und dem freien Blick auf den Rhein - die moderne Ausstattung des Betriebes. Investitionen in die Kellerwirtschaft sind nicht notwendig. „Es war für mich in meinem Alter der richtige Zeitpunkt“, zieht er erste zufriedene Bilanz. „Recht viel später hätte ich mich nicht mehr selbstständig machen können.“ Der Kauf macht auch den beiden Söhnen (fünf und sieben Jahre alt) Freude, die sich schnell für Wein interessierten. Vor allem der Ältere, Marc, könnte irgendwann der Nachfolger seines Vaters werden.

Natürlich fehlt dem einstigen Manager die weinbauliche Erfahrung. Aber Gerald Ottes wird noch ein Weilchen beratend an seiner Seite sein. Zudem wird ein technischer Betriebsleiter für Weinbau und Keller eingestellt. Die Weinbautechnik ist ihm nicht gänzlich fremd. „Da gibt es viele Ähnlichkeiten mit meiner früheren Praxis“, hat Wurm bereits erkennt. Weiterbilden will er sich mit Kursbesuchen auf der Weinuni Geisenheim. Das sonstige Geschäft hat er bereits intus. Er führt den Gutsausschank, ein wichtiges Standbein des Weingutes, selbst und hat hier schon mit seiner angenehmen Leutseligkeit guten Kontakt zu Kunden und Gästen geknüpft. Das ist außerdem ein positiver Faktor bei der Präsenz des Betriebes auf diversen Weinfesten außerhalb der Region. Die Auftritte hier trugen zum hohen Privatkundenanteil bei. Kontakt suchte und fand er mit Lorcher Bürgern und Winzern. „Ich habe das Gefühl, dass ich akzeptiert werde.“

Groß ist die Vorfreude auf die erste Weinernte 2014. Sechs Hektar sind zu bewirtschaften und abzuernten. Die Reben stehen in sehr guten, aber steilen Lagen. „Da kommt man nur mit Handarbeit an unsere Riesling- und Spätburgunder-Trauben ran“, weiß Wurm. Riesling ist mit 80 Prozent Flächenanteil dominant. Eine Erweiterung der Rebfläche um allenfalls zwei Hektar ist angedacht. Der Name des Weingutes wird auf jeden Fall beibehalten. „Ich will mich da nicht in den Vordergrund drängen“, meint der neue Eigentümer. „Der Name Ottes ist außerdem gut eingeführt und für Qualität bekannt.“ Mit dieser Einstellung geht Robert Wurm zudem einer österreichischen Konkurrenz aus dem Weg: In Dobermannsdorf im Weinviertel gibt es einen ambitionierten Betrieb namens Weinwurm.

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