Dominique Léandre-Chevalier arbeitet mit Pferden

Mit einer Pferdestärke im Weinberg

16.01.2017 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) – Für seine Bordeaux-Weine setzt Dominique Léandre-Chevalier auf Helfer, die etwas aus der Zeit gefallen scheinen: Mit Pferden durchpflügt der französische Winzer die Erde zwischen seinen Rebstöcken – so wie es Weinbauern jahrhundertelang machten, bevor die Arbeitstiere von Traktoren verdrängt wurden. Mit der Rückbesinnung auf alte landwirtschaftliche Methoden ist Léandre-Chevalier nicht allein: Hunderte Winzer folgen in Frankreich dem Pferde-Trend.

 

"Das Pferd ist der beste Verbündete, um den Boden zu bearbeiten", sagt der 53-Jährige, dessen Weingut nördlich von Bordeaux in der Gemeinde Anglade liegt. Denn Pferde drücken den Boden viel weniger zusammen als die heute in den meisten Weingütern eingesetzten Traktoren. Der Boden bleibt lockerer und luftiger, Regenwasser gelangt besser zu den Wurzeln der Rebstöcke.

Das bestätigt auch Gilles de Revel vom Institut für Wein und Rebe der Universität Bordeaux: "Da steckt nicht viel Wissenschaft dahinter: Der Boden wird weniger zusammengepresst, also kann er atmen." Ganz abgesehen davon, dass die Pferde in den Weinbergen eine höchst malerische Szene abgeben: "Das ist wie ein Motiv von einer Postkarte." Der Einsatz von Pferden sei, wie auch der Bioanbau, seit einigen Jahren einer der großen Trends im Weinbau, sagt Revel – und Léandre-Chevalier einer der Pioniere. Auch weltberühmte Weingüter wie das Château Latour setzen inzwischen Pferde ein.

Léandre-Chevalier erbte das Weingut Domaine Léandre-Chevalier 1985 von seinem Vater – und wollte alles anders machen als die anderen Winzer der Region. Die "Mechanisierung" des Weinbaus lehnte er ab, vielmehr wollte er das "Know-how der Vorfahren" wiederentdecken. Seine erste Entscheidung: Er verkleinerte die Anbaufläche des Weinguts radikal von zwölf auf drei Hektar und führte dann die Arbeit mit Pferden wieder ein. Einen Teil seiner Rebstöcke hat Léandre-Chevalier auf einer kleinen Insel im Mündungsbecken der Gironde gepflanzt. Die Pferde bringt er mit einem kleinen Boot auf die Insel.

Es gehe ihm darum, "die Zyklen der Natur mit großem Respekt zu begleiten", sagt der Winzer. "Beim Wein ist es wie in der Küche: Am meisten zählt der Rohstoff – die Erde, der Rebstock, die Trauben." Léandre-Chevalier setzt seine Rebstöcke viel enger als andere Winzer, so wie es in früheren Jahrhunderten üblich war. Dafür gibt es an jedem Rebstock weniger Trauben – was die Intensität des Geschmacks erhöht.

Für den Anbau einer alten Rebsorte hat sich der Winzer eine besonders originelle Anordnung einfallen lassen: Die Weinstöcke sind nicht in Reihen, sondern kreisförmig  gepflanzt, nach einer traditionellen, sehr arbeitsaufwendigen Methode. Mehr als 3.000 Euro kostet eine Flasche des so produzierten Weins, die anderen Flaschen gibt es bei Léandre-Chevalier für 15 bis 30 Euro.

Knapp 300 Kilometer weiter nördlich, im Weinbaugebiet Chinon im Loire-Tal, setzt auch Winzerin Fiona Beeston auf Pferde. Die Stille im Weinberg ohne Traktorlärm sei für sie eine "wahre Entdeckung" gewesen, sagt die Britin. "Man muss nur 'nach links, einen Schritt nach hinten' flüstern, und die Stute hört das und macht es sofort, ganz behutsam."

Auch Beestons Weinreben profitieren davon, dass ein Pferd den Boden weniger zusammenpresst als ein Traktor. Außerdem, sagt die Winzerin, schadeten die Vibrationen eines Traktors den Wurzeln der Weinrebe, die Pflanze sterbe dann früher. Und noch einen gewaltigen Vorteil habe der Einsatz des tierischen Helfers, fügt Beeston lachend hinzu: "Bei einem Pferd kann der Motor nicht versagen."