Wie ernst ist es China im Kampf gegen gefälschte Weine?

18.03.2015 - arthur.wirtzfeld

CHINA (Beijing) - Alibaba, Chinas größte Internetplattform für E-Commerce, sieht sich dem Vorwurf ausgeliefert, gefälschte Weine anzubieten. Die Anschuldigung lautet, Alibaba würde nicht lizensierten Händlern eine ungeprüfte Plattform bieten und würde nichts unternehmen, um den Verkauf von gefälschten Weinen zu unterbinden. Der Bericht der anklagenden Behörde wurde allerdings schnell wieder zurückgezogen. Weingüter und Importeure wundern sich derweil und vermuten, dass der Vorwurf ein Warnschuss war. Allerdings stellt sich nun die Frage: Will die chinesische Regierung ernsthaft den Onlinehandel mit gefälschten Weinen unterbinden?

 

 

"Der E-Commerce in China ist voll von Verkäufern, die wunderschön anzusehende Produkte anbieten, die sich aber seitens ihrer Qualität bei der Ankunft beim Kunden völlig anders präsentieren", sagt John Watkins, CEO bei ASC Wines, einem der großen Weinimporteure und Händler in China. Alibaba, zu der auch die E-Commerce Plattformen Tmall und Taobao gehören, sind nach dem eBay-System aufgebaut. Beim Börsengang im September letzten Jahres wurde ein Wert von 22,6 Milliarden Euro für Alibaba ausgewiesen. Dessen Gründer Jack Ma ist seitdem der reichste Unternehmer in China.

Kurz vor dem Börsengang von Alibaba baten Beamte der staatlichen Industrie- und Handelskammer (SAIC) die Führungskräfte zu einem Gespräch. Dabei wurden unter anderem auch gezielt die Transaktionen von gefälschten Weinen auf Alibaba besprochen. Das Unternehmen versprach, sich noch vor dem Börsengang um das Problem bemühen. Der von der SAIC erstellte Bericht zu den Gesprächen mit den Führungskräften wurde zunächst vertraulich behandelt, um den Börsengang nicht zu beeinflussen. Doch vor kurzem veröffentlichte Reuters Inhalte des Berichts. Darin stellt die SAIC fest, dass sich Alibaba zu einem Zufluchtsort für unlizenzierte Händler entwickelt hat, die illegale Importwaren und gefälschte Produkte darunter auch gefälschte Weine, Glückspielgeräte und Abhöranlagen anbieten. Außerdem beschuldigt die SAIC das Unternehmen, illegale Werbung zu betreiben, bestechlich zu sein und untätig gegenüber dem Verkauf gefälschter Produkte zu sein. Nur zwei Tage nach dem Reuters-Bericht, veröffentlichte die SAIC eine Gegendarstellung auf ihrer Webseite wo es heißt: 'Der Bericht sei kein White Paper (Weißbuch für Leistungen, Standards und Technik von IT-Unternehmen) und habe keine rechtliche Relevanz'. Prompt reagierte Alibaba mit einer knappen Pressenotiz in der es heißt: 'Die jüngste Erklärung der SAIC spricht für sich. Wir fühlen uns bestätigt'.

Dieser Vorfall beunruhigt die gesamte E-Commerce Branche, insbesondere die chinesische Weinbranche. Viele seriöse Weinimporteure und Weinhändler wie Torres, Penfolds, Jacobs Creek und ASC Fine Wines nutzen für ihre Onlinegeschäfte die E-Commerce Plattform Tmall. Ein Großteil der Weinhändler lehnte bisher eine Stellungnahme zu der heiklen Situation ab. John Watkins von ASC, die einen Tmall-Shop betreiben, glaubt, dass Alibaba entschlossen sei, den Verkauf von gefälschten Weinen zu stoppen. Dennoch gibt er zu, dass E-Commerce Plattformen in China, wie auch in anderen Ländern, ihre Selbstkontrolle verbessern müssten.

Derzeit obliegt es zumeist dem seriösen Weinhandel, Weinfälschungen oder nicht lizenzierte Anbieter von Weinen zu entlarven und Alibaba zu bitten, den jeweiligen Shop zu schließen oder das jeweilige Angebot zu löschen. Allerdings stoppt das die Betrüger nicht, denn meist schon einen Tag später eröffnen diese einen neuen Shop unter neuem Namen. Aktuell kooperiert Alibaba mit der chinesischen Regierung. Es wird versucht neue Vorschriften für den Online-Handel zu erarbeiten, deren Maßnahmen vor Betrügereien schützen sollen. "Die Regierung nimmt das Problem sehr ernst und bindet auch viele Unternehmen der Weinbranche mit ein", sagt John Watkins. "Online Kaufen erfordert generell mehr Wachsamkeit vor Fälschungen. Betrüger haben es meist leicht, da der Verbraucher oftmals nur ein vages Bild vom Einzelteil hat und sich auf die Beschreibung des Produktes verlässt", meint Watkins.

Aber in China sind die Margen im Weinhandel besonders hoch. Das Internet ist mittlerweile der viert-beliebteste Kanal zum Kauf von Wein im Land der Mitte. Eine Studie der britischen Gruppe Wine Intelligence aus dem Jahr 2014 kommt zu dem Ergebnis, dass 33,4 Millionen erwachsene Chinesen Weine online ordern. Außerdem seien mehr als 20 Millionen Weinbeschreibungen im Netz zu finden und 16 Millionen Flaschen Wein würden ausschließlich über Internet-Shops verkauft. Die Studie besagt auch, dass von fünf Läden zwei Läden Online-Shops betreiben mit starkem Wachstumspotential und die Studie resümiert, dass 46 Prozent der Bevölkerung das Internet nutzen - rund 618 Millionen Menschen. Von diesen nutzen 302 Millionen Menschen wiederholt das Internet zum Einkaufen. Die Mehrheit der Weine, die im Internet gekauft werden, decken allerdings weniger den eigenen Konsum, sondern werden meist verschenkt. "Nachdem die chinesische Regierung in 2012 ihre Kampagne gegen Korruption startete, brach der Handel mit feinen Weinen zusammen", sagt John Watkins. "Danach wandelte sich das Weingeschäft in China. Seitdem verkaufen sich preiswertere Weine, die wiederum in größeren Mengen gekauft und von den Konsumenten selbst genossen werden."

Die Studie von der Wine Intelligence belegt, dass immer mehr Konsumenten ihre Weine per Internet kaufen. 'Es sei die Werbung, die Kunden dazu veranlasst', heißt es in der Studie. "Leider können die meisten Konsumenten die echten nicht von den gefälschten Weinen unterscheiden", sagt John Watkins. "Viele Erzeuger reagieren darauf und übergeben dem seriösen Handel exklusive Vertriebsrechte in dem Bemühen, Betrüger außen vor zu halten. Wenn dann der gleiche Wein von einem anderen Händler angeboten wird, ist der Anbieter entweder nicht lizensiert oder es handelt sich um einen gefälschten Wein. Dies zu unterscheiden ist manchmal nicht leicht und erfordert auch mitunter eine zeitaufwendige Recherche. Wir bleiben wachsam und helfen den Konsumenten, sofern diese sich bei uns erkundigen möchten", sagt John Watkins.