Riesiges Verlangen nach Wein im Reich der Mitte

08.04.2014 - arthur.wirtzfeld

CHINA (Peking) - Der Boom nimmt kein Ende. In den letzten fünf Jahren hat die Weinwelle auch die Mittelklasse der chinesischen Konsumenten erreicht. Ihre Kaufkraft verschiebt die Lager von Bier und Baijiu (Schnaps) auf Wein, vor allem noch auf vermeintlich "gesünderen" Rotwein. Die Umsätze im Verkauf importierter Weine von 936,1 Milliarden Euro noch in 2008 stiegen um 50 Prozent auf 3,98 Billionen (in Renminbi sind diese Zahlen schwindelerregend) in 2013. Dabei wundert es nicht, dass Chinas Verbraucher weltweit die größte Menge an Rotwein konsumierten - ein Äquivalent von 1,8 Milliarden Flaschen. Abgeschlagen sind damit Frankreich und Italien.

 

Im Rückblick auf die letzten fünf Jahre hat sich der Weinverkauf in China verschoben. Der Kauf von High-End-Weinen ist merklich zurückgegangen. "Heute dominieren die preiswerteren Weine. Jetzt haben wir einen Mittelklasse-Markt.", sagt Edward Ragg, Mitbegründer der Dragon Phoenix Wine Consulting, einem der führenden Unternehmen für die Beratung ausländischer Erzeuger und Anbieter von Weinseminaren in China. "Dennoch war und ist China immer noch ein Markt, wo der Handel den Preis diktiert. Wenn ein Händler einen Wein für 12 Euro anbieten kann, der Konsument aber lieber einen etwas teueren Wein kaufen will und für den gleichen Wein auch 24 Euro bezahlt, warum sollte der Händler nicht gleich den höheren Preis auszeichnen?"

Die bisherigen Boom-Jahre waren geprägt durch die Großverkäufe an Staatskunden und große Unternehmen. Das ist nach der Kampagne gegen Korruption seitens der Regierung gestoppt worden. Eine Großzahl der ausländischen Exporteure muss nun einsehen, dass der Weinmarkt in China eigene Gesetze hat. Die massiven Einschränkungen der Weingeschenke bei Banketten oder an Geschäftskunden hat das Weingeschäft mit High-End-Weinen fast ausgetrocknet. In Zahlen ausgedrückt: Der Verkaufsanteil an Top-Weinen betrug noch in 2012 rund 18 Prozent am Gesamtvolumen, in 2013 reduziert sich der Anteil auf gerade noch fünf Prozent.

Jetzt suchen die einst so verwöhnten Händler nach neuen Kunden, denn ihre bisherigen Käufer, die zum Teil 50 Prozent mehr für Top-Weine zahlten als deren Verkaufswert außerhalb Chinas betrug, gibt es so gut wie nicht mehr. In 2013 fiel beispielsweise der Wert für den Château Lafite Jahrgang 2008 um 53,4 Prozent auf rund 857 Euro. Und der Preis für den Lafite Jahrgang 2004 sank von 573 Euro auf 333 Euro. Das durch diesen enormem Preisrutsch eine ganze Reihe von chinesischen Weinhändlern in Konkurs gingen war abzusehen. In deren Lager liegen heute viele der noch jüngst so hochrangig gepreisten Weine begraben.

"Das obere Ende des Weinmarktes ist ziemlich dünn geworden", kommentiert Nikki Palun, Exportchefin von Australiens fünftgrößtem Weinexporteur De Bortoli Wines die aktuelle Lage. "Die meisten Händler, die sich auf Staats- und Unternehmenskunden konzentriert haben, sind nun die großen Verlierer. Die Umsattlung auf günstigere Weine konnten die meisten dieser Unternehmen in einem Jahr nicht schaffen - das war ihr unternehmerisches Ende. Jetzt konzentriert sich der Handel auf die Konsumenten, die mit eigenem Geld Weine kaufen. Das Ergebnis - die Preise fallen und das untere und mittlere Preissegment ist nun angesagt."