TEIL II: Die Großen der Weinbranche schütten Milliarden in chinesische Châteaux

22.10.2013 - arthur.wirtzfeld

CHINA (Peking) - Die Gründung und Führung von sechs Châteaux, wie im Vorbericht "Châteaux sind Motor für die Modernisierung der chinesischen Weinindustrie" beschrieben, scheint der China Pioneer Wines Co. Ltd. (CPW) noch nicht zu genügen. Zur Zeit ist das Weinunternehmen mitten in der Umsetzung einer "Weinstadt" in seiner Heimatbasis Yantai, die schon in 2016 eröffnet werden soll. Hier wird das Unternehmen sechs Milliarden Yuan (etwa 724 Millionen Euro) investieren. Neben einem Château für die Weinproduktion und einem eigenen Château für die Herstellung von Edelbränden, natürlich mit direkt umgebenden Rebflächen, wird hier außerdem ein Forschungsinstitut und ein Dorf im europäischen Stil sowie ein internationales Handelszentrum für Wein entstehen (auch dazu berichteten wir bereits unter dem Titel: "Chinesen leben Schlossweine").

 

Neben den chinesischen Schwergewichten CPW (Changyu Pioneer Wines Co Ltd.), der China Great Wall Wine Co. Ltd. und der Dynasty Fine Wines Groupe Ltd., die alle bereits über eines oder mehrerer repräsentative Châteaux verfügen, wird nun auch die Kweichow Moutai Co. Ltd., die als chinesischer Staatsbetrieb auf die Herstellung und den Vertreib des bekannten Maotai Schnaps spezialisiert ist, ein Wein-Château errichten.

Experten der Branche kritisieren allerdings diesen Trend und halten den Betrieb eines Château nach europäischem Vorbild in China für nicht gerade einfach. "Die Betreiber der Châteaux in China können es schaffen, Ihren Weinen im Vergleich zu ausländischen Weinen ein Gesicht zu geben, aber sie schaffen es parallel nicht, dies auch in einen Vorteil umzumünzen. Es fehlen Ihnen dazu noch die Kenntnisse im Weinberg, in der Weinbereitung und im Marketing im Vergleich zu den europäischen Erzeugern.", sagt Li Hua, Professor an der Northwest University für Ackerbau und Forst aus Xianyang (Provinz Shaanxi).

Und dennoch lassen sich die Global Player der internationalen Weinszene nicht von den Kritikern und den noch unzureichenden Kenntnissen ihrer chinesischen Partner in der Weinbereitung von hohen Investitionen abhalten. So auch nicht Château Lafite Rothschild, das seit einigen Jahren ein Joint Venture mit der CITIC Capital Holdings Ltd., Chinas größter staatlich geführten Investmentgesellschaft, einging. Zusammen hat man den Bau eines Château in Penglai, einer Stadt an der östlichen Spitze der Provinz Shandong, wo sich die größte Weinbauzone Chinas befindet, finanziert (wir berichteten dazu unter dem Titel: "China zwingt Lafite zum Handeln"). Aus den Trauben der rund um das Château gelegenen 50 Hektar Rebflächen will man ab 2016 jährlich 20.000 Flachen produzieren. Mehr als 90 Prozent davon sind für den chinesischen Markt bestimmt.

Diese Anstrengungen der großen chinesischen Erzeuger, vielleicht sollte man sie eher als Wein-Investoren bezeichnen, in Kombination mit den Großen der internationalen Weinindustrie führen unweigerlich dazu, dass der gemeine chinesische Winzer auf der "Strecke bleibt" - also auf die Zukunft gesehen, keine Chance zum Überleben haben wird. Dazu gibt es bereits eine jüngst veröffentlichte Studie vom Pekinger National Bureau of Statistics, die aufzeigt, dass der Umsatz der heimischen Winzer im ersten Halbjahr 2013 um die Hälfte eingebrochen ist. Dazu drücken auch die Weinimporte, die um 20,9 Prozent auf 140,9 Millionen Liter im gleichen Zeitraum gestiegen sind. Nebenbei sei bemerkt: Beachtlich ist auch der Wert der importierten Weine. Dieser stieg um 8,2 Prozent auf 535,3 Millionen Euro.

Das die rückläufige Nachfrage nach inländischem Wein, der jetzt noch zu einem großen Teil von kleineren Erzeugern produziert wird, einen Schatten auf die neuen großen Châteaux mit ihrer hohen Finanz- und immensen Wirkungskraft wirft, ist für jeden Kenner der Szene aber auch für die chinesischen Behörden offensichtlich.

So haben Regierungsbeamte von Yanqing, eines Bezirks der regierungsmittelbaren Stadt Peking, bereits angekündigt, den Bau von 40 der 44 geplanten Châteaux rund um Peking zu stoppen. Außerdem hat die Regierung das Thema: "Einheimische Erzeuger gegen große Châteaux" skizziert und es auf die Agenda der "11. International Conference on Grapevine Breeding and Genetics" setzen lassen. Die Konferenz wird vom 28. July bis zum 2. August in 2014 in Yanqing stattfinden.

Li Jiming, Oenologe bei der CPW, kommentiert die Initiative der Regierung und meint: "Sofern jemand unbedingt ein Château mit Weinberg und Kellerein bauen will, sollte er etwas einzigartiges schaffen, statt nur traditionsreiche Gebäude wie die in Europa oder Übersee zu kopieren." Nun ja, sieht man sich die Châteaux der CPW an, so gleichen diese in überdimensionierter Form den Schlössern aus dem Bordelais bis zu den Fugen, märchenhaft aufgehübscht, zuweilen kitschig und beeindrucken vordergründig mit ihrer schieren Dimension. Einzigartigkeit ist was völlig anderes, aber Stopp - wir sind in China, da ist nichts unnachahmlich.