Umstritten - Neues britische Gesetz zur Preisgestaltung von Wein, Bier & Co.
25.01.2011 - arthur.wirtzfeld
UK (London) - Die britische Regierung plant die Einführung von Mindestpreisen für Alkoholika, um den Verkauf von Bier, Wein und Spirituosen unter dem Einstandspreis Einhalt zu gewähren. Während die Wine and Spirit Trade Association (WSTA) und Decanter die Pläne der Regierung begrüßen, werden diese von Gesundheitsaktivisten kritisiert, die der Meinung sind, dass durch diese Maßnahme der Alkoholkonsum nicht eingedämmt werden könne.
Die Koalitionsregierung hatte Ende der letzten Woche angekündigt, dass Alkoholika nicht mehr unter dem Einstandspreis zuzüglich Mehrwertsteuer verkauft werden dürfen. Dies würde einem Mindestpreis für eine Standard-Flasche Wein von £ 2,03 (2,38 Euro), bei Lagerbier £ 0,38 (0,45 Euro) pro 440ml, bei Whisky £ 8 (9,40 Euro) pro 700ml und bei Wodka £ 10,71 (12,58 Euro) pro Liter bedeuten.
„Die Pläne der Regierung sind vollständig im Einklang mit unserem eigenen Standpunkt“, sagt Decanter. Und WSTA-Chef Jeremy Beadles meint: „Kommt das Gesetz, so können wir das in eine Minimum-Preispolitik umsetzen. Im Übrigen halte ich den Kritikern vor, dass, egal ob das Gesetz nun eingeführt wird oder nicht, es nicht um Alkoholmissbrauch geht. Was wir gegen Alkoholmissbrauch tun müssen, ist informieren, bilden und rigoros die bestehenden Gesetze anwenden, um anti-sozialem Verhalten entgegen zu wirken.“
Die im vergangenen Jahr vom National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) geforderte Mindest-Preisgestaltung pro Einheit Alkohol wurde von der WSTA als „nicht ernst gemeint“, völlig "falsch" und "illegal" kommentiert. Dazu schrieb Decanter Redakteur Guy Woodward in der März-Ausgabe 2010 des Magazins: „Eine Mindest-Preisgestaltung kann den Alkoholmissbrauch nicht eindämmen. Das eigentliche Problem liegt bei den Supermärkten und Discountern. Diese zwingen ihren Lieferanten immer billigere Einkaufspreise auf, um dann die Alkoholika billiger verkaufen zu können, weil sie einfach Kunden gewinnen wollen. Aber der Verkauf von beispielsweise Wein mit Verlust hilft weder dem Verbraucher noch dem Handel.“
Über die Pläne der Regierung streiten auch Ärzte und Mediziner. Sie meinen, dass die Regierung nicht weit genug geht. So kritisiert Don Shenker von Alcohol Concern, einer nationalen Agentur für Alkoholmissbrauch: „Die Steuer ist so niedrig in Großbritannien, dass auch im Rahmen dieses neuen Gesetzes Alkoholika sehr billig verkauft werden können.“ Und Sir Ian Gilmore von Royal College of Physicians, einem unabhängigen Verein zur Entwicklung und Anhebung des ärztlichen Standards in der Patientenversorgung meint: „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es bleibt ein sehr kleiner Schritt. Wir glauben, dass in der Praxis nur ein Bruchteil der Getränke von dieser Änderung betroffen sind.“
Gilmores Argument gibt zu bedenken, dann Supermärkte wären kaum davon betroffen, weil beispielsweise deren Weine meist ab £ 3 (3,52 Euro) in den Regalen stehen und somit schon gar nicht unter die neue Regelung fallen würden.