Pilotprojekt in Sachen Nachhaltigkeit - Frankens Weinwirtschaft übernimmt Vorreiterrolle

18.01.2011 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Würzburg) - Die fränkischen Winzer wollen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit werden. Als erstes deutsches Weinbaugebiet hat Franken in Würzburg eine CO2-Bilanz präsentiert. In einem gemeinsamen Projekt des Fränkischen Weinbauverbandes, der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) und der Firma ClimatePartner (München) wurden für 14 produzierende Betriebe verschiedener Größe die CO2-Bilanzen erstellt.

 

Unterstützt wurde das Projekt durch das Cluster Ernährung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die in der Studie berücksichtigten Weinproduzenten stellen auf einer bewirtschafteten Gesamtfläche von 2.595 Hektar über 21 Mio. Liter Wein pro Jahr her. Das sind ca. 50 Prozent des fränkischen Weins, so dass die Ergebnisse aussagekräftig sind und auf das gesamte Gebiet übertragen werden können

„Am Anfang haben die Winzer vom Klimawandel ja eher profitiert. Mittlerweile haben wir aber auch – wie in diesem Jahr - Wetterkapriolen kennen gelernt. Wir spüren nicht nur die positiven Auswirkungen der Wärme, sondern auch extreme Witterungsereignisse. Die fränkischen Winzer sehen Handlungsbedarf und wollen hier ihren Beitrag leisten. Ein ganzheitliches Konzept soll auf den Weg gebracht werden, das dann auf andere Regionen Deutschlands übertragbar ist “, berichtet der Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes Artur Steinmann. Es gehe dabei im ersten Schritt darum, Schwachstellen aufzuzeigen, um diese dann zu beseitigen. Ganz wichtig sei, dass es nicht nur um Kohlendioxid (CO2) gehe, sondern um eine ganzheitliche Lösung.

An der Datenerfassung waren sowohl die fränkischen Genossenschaften als auch große, mittlere und kleine Weinbaubetriebe beteiligt. „Es war schon eine sehr aufwändige Geschichte, bis alle Daten genau erfasst waren. Ich halte die ganze Sache aber für sehr wichtig und betrachte inzwischen manche Dinge aus einem ganz anderen Blickwinkel“, berichtet Winzer Rudolf May (Retzstadt), der bei dem Pilotprojekt mitgemacht hat.

Die Erfassung der Treibhausgasemissionen und die Erstellung einer betrieblichen CO2-Bilanz sind dabei nur der erste Schritt auf dem Weg zum nachhaltigen Unternehmen. Nach der Bestimmung der relevanten Emissionsquellen ist der nächste logische Schritt die Reduktion des Ausstoßes dieser klimaschädlichen Gase.

Als wesentliche Emissionsquellen wurden der Unternehmensfuhrpark, Heizung, Strom und Verpackungsmaterial identifiziert. Ganz besonders im Fokus stehen die Weinflaschen, da die Herstellung von Glas ein energieintensiver Prozess ist. „Langfristig wird sicherlich über den Einsatz alternativer Verpackungen nachzudenken sein. Allerdings wird das zehnmal schwerer zu vermitteln sein als der Umstieg vom Korken zum Drehverschluss“, meint Dr. Hermann Kolesch (LWG).

Simon Köppen, Projektmanager ClimatePartner, empfiehlt als erste Maßnahmen den Wechsel auf Grünstrom, Energieeffizienzoptimierungen in den Betrieben und den Einsatz erneuerbarer Heizenergieträger, wenn eine Modernisierung der Heizanlage ansteht. Nach Aussagen von Köppen verursacht die Erzeugung von einem Liter Frankenwein im Durchschnitt 1,01 kg CO2-Äquivalente. Die fränkische Weinwirtschaft will diese Menge reduzieren. „Unser Ziel ist es, zu sensibilisieren. Wir haben nicht vor, unseren Wein als ‚klimaneutral’ zu kennzeichnen“, so Kolesch.

Begleitet werden die Arbeiten von der Fachhochschule Würzburg – Schweinfurt. Prof. Dr. Ulrich Müller-Steinfahrt, Institut für angewandte Logistik, hat die typischen Strukturen und Prozesse der Beschaffungslogistik und Vertriebslogistik erarbeitet und letztendlich einen „CO2-Rechner“ für die Weinwirtschaft entwickelt. Außerdem entstand ein Konzept zur CO2-armen und nachhaltigen Energieversorgung der fränkischen Weinwirtschaft. „Zwei Drittel der befragten Weinbaubetriebe würden den Strombedarf aus regenerativen Energien decken wollen und 90 Prozent davon würden sich zu diesem Zweck an einer Organisation zur umweltfreundlichen Stromerzeugung beteiligen“, sagt Prof. Müller-Steinfahrt.