Österreich: Wein wird knapp und teurer
01.01.2011 - R.KNOLL
ÖSTERREICH (Wien) - Zwei mengenmäßig schwache Ernten hintereinander nach dem ertragsstarken Jahrgang 2008 sorgen in Österreich für gewissen Druck auf verschiedenen Ebenen. Zum einen führt die zunehmende Knappheit vor allem bei den Weißweinen für Verschiebungen im absatzstarken Lebensmittelhandel. Hier ist Wein aus Austria mit rund 65 Prozent Anteil zwar nach wie vor unangefochtener Marktführer. Aber im Bereich der Billigweine drängen zunehmend Gewächse aus dem Ausland ins Regal. Und weil nach 10 Prozent Ertragsminus in 2009 im letzten Herbst gleich gut 30 Prozent weniger als normal (2,5 Millionen Hektoliter sind der langjährige Schnitt) eingebracht wurden, sind Preiserhöhungen unausweichlich.
Trotzdem wurde bei der Jahrespressekonferenz der Österreich Wein Marketing in Wien eine positive Grundstimmung verbreitet. Denn die Ertragseinbußen sind in gewisser Weise sogar erwünscht, weil sie vor allem Einfluss auf den Fassweinmarkt haben, der von den Strategen des österreichischen Weines nicht sonderlich geliebt wird.
Ein Preisverfall wie in ertragreichen Jahren ist nicht zu befürchten. Zum Teil werden jetzt bereits für den Liter 50 Prozent mehr als noch vor Monaten bezahlt. Die knappe, im Preis merklich angezogene Fassware wird zweifellos vor allem die Exportzahlen in 2011 beeinträchtigen.
In 2010 sah sich Österreich einmal mehr auf Rekordkurs. Zwar schrumpfte die Exportmenge insgesamt um 13,7 Prozent auf hoch gerechnete 60 Mio. Liter. Aber dafür gab es mit einem Exportwert von 122 Mio. Euro (plus 2,6 Prozent) eine neue Bestleistung. „Der Exportwertanteil der Flaschenweine ist auf 91 Prozent angewachsen, eine für die heimische Weinwirtschaft essentiell wichtige Entwicklung“, freute sich Willi Klinger, der Geschäftsführer der Wein Marketing. Der Durchschnittspreis für österreichischen Wein liegt damit erstmals knapp über 2 Euro/Liter.
Es handelt sich bei diesen Angaben - international üblich - stets um den Abgabepreis ab Kellerei. Dass er trotz des internationalen Booms des österreichischen Weines, dem von zahlreichen Medien vor allem bei Weiß Weltklasse bescheinigt wird, nicht deutlich höher ist, liegt vor allem an Deutschland! Denn hier liegt der Schnitt bei lediglich 1,54 Euro. Das einzige für Österreich einigermaßen wichtige Exportland, das unter dieser Marke rangiert, ist Tschechien (nur 0,83 €). Dafür stehen ansehnliche Zahlen hinter der Schweiz (4,35 €), den USA (4,09 €) sowie den Niederlanden (3,61 €), die hinter Deutschland in der österreichischen Exportstatistik folgen. Doch da Deutschland mit annähernd 50 Mio. Liter mit Abstand wichtigster Abnehmer Austrias ist, drücken die deutschen Zahlen die Durchschnittsbilanz gewaltig.
Wer sich nur an den Offerten der zahlreichen Fachhändler orientiert, die sich in Deutschland mit österreichischem Wein beschäftigen, kann es nicht glauben. Aber wissen muss man, dass (a) die vielen kleinen „Kofferraum-Importe“ deutscher Weinliebhaber nicht in den offiziellen Zahlen enthalten sind und (b) etwa ein Drittel des Weines, der nach Deutschland geliefert wird, billige Tankware ist, die dann im LEH und beim Discounter für deutlich unter 2 Euro/Liter im Regal steht.
Die auf das Image ihrer Weine eigentlich stolzen österreichischen Marketingstrategen reden nicht sehr gern über ein Thema wie „Liter-Heuriger für 1,49“. Deshalb meint Gerhard Wohlmuth, Vorsitzender des Wein- und Spirituosenhandels der Wirtschaftskammer Österreich und derzeit Aufsichtsratchef der Österreich Wein Marketing: „Jetzt ist für uns der richtige Moment, österreichische Weine nachhaltig in höheren Preissegmenten zu positionieren, da unsere kleinbäuerliche Struktur die Produktion von Billigweinen nicht erlaubt.“
Die Natur hat bereits in 2010 dafür gesorgt, dass der Anteil offener Weine am Gesamtexport deutlich gegenüber den Vorjahren reduziert wurde. 2009 waren es - eine Folge des Mengenjahrgangs 2008 - noch mehr als 30 Mio. Liter (Flaschenwein etwas über 39 Mio. Liter). Für 2010 lautet die Hochrechung 43 Mio. Liter Flasche gegenüber 17 Mio. Liter Fassware (Durchschnittspreis 0,65 €).
Den Exportkuchen teilen sich zahlreiche Betriebe. „Rund 700 Erzeuger sind exportfähig“, rechnet Weinbaupräsident Josef Pleil vor. Etwa die Hälfte davon wird bei der nächsten ProWein Ende März in Düsseldorf dabei sein. So mancher Winzer dürfte die ersten Fassproben Eiswein mitbringen. Davon gab es Anfang Dezember, wie in Deutschland, noch jede Menge.
In welchem Umfang die Österreich Wein Marketing die Absatzbemühungen weiter begleiten kann, ist noch offen. Das Budget wird in 2011 kleiner ausfallen. Mittel vom Bund wurden reduziert. Die Handelskellereien, deren Beiträge sich an den verkauften Mengen orientieren, werden weniger zahlen, weil sie weniger absetzen können. Deshalb wird derzeit über eine neue Struktur nachgedacht, in der Betriebe intensiver belastet werden, die verstärkt von den Leistungen der Wein Marketing profitieren.