Preiseinbruch bei Bordeaux-Weinen - US-Importeur "DC & E" gibt auf

06.02.2010 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Bordeaux-Winzer und -Händler, die gerade Strategien entwickeln, um auf den Weltmärkten überleben zu können, fällt nun der Absatzeinbruch ihrer Weine auf dem amerikanischen Markt in den Rücken. Der US-Importeur Château & Estate Wines (DC & E), eine Tochtergesellschaft des britischen Getränkeriesen Diageo, beendete im vergangenen Jahr eine 35-jährige Partnerschaft mit den Winzern und Negociants in Bordeaux und hat mit dem aggressiven Verkauf der zig-Millionen schweren Lagerbestände feinster Tropfen aus dem Bordelais begonnen.

 

Die Muttergesellschaft Diageo, die außer in den USA im weltweiten Geschäft mit Bordeaux weiterhin Partner bleibt, hatte keine Wahl angesichts der enormen unverkauften Bestände von DC & E bei sinkenden Margen und einem anhaltenden Trend der US-Verbraucher zu weniger teuren Weinen. „Wir müssen die Bordeaux-Bestände hier in den USA für 40, ja mitunter bis zu 60 Prozent Nachlass verkaufen“ resigniert Guillaume Touton, Inhaber von Monsieur Touton Selections (US-Importeur). „DC & E verfügt im Gegensatz zu uns noch über derart große Bestände, die wie ein Damoklesschwert über ihnen hängen - das ist eine riskante Situation“

„Als uns DC & E mitteilten, dass man die Bestände zu extrem niedrigen Preisen verkaufen müsse, haben wir direkt Gespräche aufgenommen“, erklärt Jean Merlaut, Eigner von Château Gruaud Larose. „Wir haben signalisiert, dass wir unsere Weine zurückkaufen wollen und zwar alles, was sie auf Lager haben.“ Es war einer dieser seltenen Fälle, wo Händler und Erzeuger sich gegenseitig uneingeschränkt helfen. Merlaut kaufte Ende Dezember 2009 insgesamt 2700 Flaschen und brachte somit 15 Jahrgänge wieder nach Frankreich zurück, die jetzt bereits in den Kellern von Château Gruaud Larose lagern.

Diese Aktion war Ende 2009 nicht einmalig, auch andere renommierte Château reisten nach Amerika und kauften ihre eigenen Grand Gru zurück - Aktionen, die auch in der Szene jetzt erst bekannt wurden. Denn die französischen Güter scheuen in dieser Angelegenheit die Öffentlichkeit. Natürlich wollen Sie nicht, dass ihre „teuren“ Weine zu billigen Preisen auf die Märkte kommen. „Unsere Kunden sind die Weinhändler und Importeure“, erklärt Jean Marlaut. „Diese müssen wir schützen - einen unkontrollierten Abverkauf mit extremen Niedrigpreisen können wir für unser Image nicht gebrauchen. Ich habe mich dazu entschlossen, die Situation zu kontrollieren.“.

Viele Bordeaux-Weine haben nun eine Hin- und eine Rückreise über den Atlantik hinter sich. Weniger renommierte Güter wie Chateau Greysac und Schloss Simard haben ihre eigenen Weine zurückgeholt, genau wie auch das weltweit angesehene Gut Petrus. „Es war eine gute Idee und die richtige Entscheidung der Familie Moueix (Eigner von Petrus – Anm. der Red.), ihre Weine nach Frankreich zurück zu bringen“, sagt Guillaume Touton. „Petrus ist etwas Besonderes. Es ist besser diese Weine zu schützen und den Verkauf zu kontrollieren“.

Des einen Leid ist des anderen Freud. Zwei Kaufleute aus Bordeaux und deren Unternehmen La Compagnie Medocaine und Joanne Bordeaux, wollen unabhängig voneinander in die Fußstapfen von DC & E treten. „Wir haben immer auf eine günstige Gelegenheit gewartet - aber solange DC & E den US-Markt beherrschten, war es keiner Mühe wert konkurrierend aufzutreten“, sagt David Milligan, Präsident der neu gegründeten Joanne Bordeaux USA, die am zweiten Februar ihren Handel bereits begonnen haben. „Unser Unternehmen ist zu 100 Prozent auf Bordeaux verpflichtet.“

La Compagnie Medocaine folgt Joanne Bordeaux USA auf den Fersen und gründete zusammen mit dem US-Wein-Spezialist Frederick Wildman, der in Amerika in etwa über das gleiche Distributionspotential wie DC & E verfügt, eine Kooperation. „Ok, jetzt sind wir zwei Unternehmen, die sich mit Millionen-Aufwand Partien von DC & E gesichert haben und nun miteinander konkurrieren - aber das ist hier bei uns normal“, sagt Wildmann. „Wir starten ab dem 1. März und ich gehe davon aus, dass wir ab dem ersten Tag ordentlich verkaufen werden“.

Es wird aber sicher nicht leicht sein. Die hohen Rabatte für Bordeaux-Weine, mit denen die neu gegründeten Unternehmen das Erbe von DC & E antreten wollen, machen es dem weiteren Handel in den USA nicht leicht Gewinne einzufahren – insbesondere nicht bei den Grand Cru. „Meine Vertriebsleute (88 Verkaufsprofis - Anm. d. Red.) verkaufen rund eine Million Flaschen pro Jahr, aber ich sitze momentan auf meinen Grand Cru im Gesamtwert von fünf Millionen Dollar und verkaufe zur Zeit keine einzige Flasche“, seufzt Guillaume Touton von Monsieur Touton Selections.

„Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis die Lagerbestände ordentlich verkauft sind“, sagt Chris Adams, Geschäftsführer von Sherry Lehmann (Manhattan). "Das ist eine schwierige Wirtschaft." Und worüber keiner spricht oder nicht im Fokus hat, ist eine weitere gravierende Problematik. Die Amerikaner sind Patrioten - bevor Sie teure ausländische Weine kaufen, greifen Sie lieber zu alternativen Tropfen aus Kalifornien oder aus Washington, jedenfalls dann, wenn es kriselt in der Wirtschaft.