Lidl mit neuer Wein-Dachmarke: Große Töne - kleine Weine

19.03.2010 - RK-YOOPRESS-CS R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Neckarsulm ) - Es begann mit Billig-Champagner beim Discounter. Aldi machte vor einigen Jahren den Anfang mit Barolo, St. Emilion Grand Cru und ähnlichen Offerten im Weinregal, leistete sich dann Sommelier-Weltmeister Markus Del Monego als Fürsprecher und überraschte mit hochpreisigen Weinen, die sogar – anders als die oft ungenießbaren Vorgänger – gute Qualität verkörperten. Schließlich kam es zur Partnerschaft mit dem renommierten Kaiserstühler Winzer Fritz Keller, dessen „Edition Keller“ in Weiß, Rot und Rosé in Kooperation mit einigen hundert Genossenschaftswinzern im Badischen zum Schnelldreher wurde. Auch VDP-Betriebe wie Hans Lang (Rheingau) und Blankenhorn (Baden) konnten sich über gute Umsätze mit Aldi freuen.

 

Der große Konkurrent Lidl ist auf dem weiten Weinfeld ebenfalls nicht untätig. Schon seit geraumer Zeit werden immer wieder namhafte Herkünfte in die Regale gestellt und wird man in der Werbung nicht müde, das hausinterne Qualitätssystem zu loben. Zudem wird gern auf Erfolge bei Tests verwiesen, obwohl deren Kriterien von Branchenkennern schon mal als etwas fragwürdig angesehen werden.

Jetzt wartet das Unternehmen (Slogan „Lidl lohnt sich“) mit einer neuen Wein-Dachmarke auf, mit der man – so die Presseinformation – „konsequent seine Qualitätsphilosophie untermauert“. Der Startschuss an der Verkaufsfront in über 3000 Filialen und im Internet-Shop fällt am 25. März. Versprochen werden „außergewöhnliche Weine aus aller Welt. Diese „Spitzenweine“ der Serie „Viajero“ (frei interpretiert: „Der Weinreisende“) sollen das Produkt einer Zusammenarbeit „mit ausgesuchten Weingütern in Spitzenlagen und renommierten Önologen“ sein. Beweisen will man, dass „herausragende Qualität und ein günstiger Preis kein Widerspruch sein müssen.“ Ob zu der Zusammenarbeit auch die Video-Überwachung der Beteiligten oder der Einsatz von Detektiven gehört, wird nicht erwähnt (damit machte das Unternehmen vor zwei Jahren Negativ-Schlagzeilen).

Gestartet wird mit einem 2008er Primitivo di Salento aus Süditalien (Preis 6,99 Euro), natürlich von einem „Spitzen-Önologen“, sowie einem 2007er Valpolicella Classico Superiore (7,99 Euro). Insgesamt will man in 2010 rund ein Dutzend „Spitzenweine“ präsentieren, alle erzeugt nach strengen Qualitätsrichtlinien, überwacht von unabhängigen Experten, usw. usw….alles Spitze.

Gut und laut gebrüllt, Lidl. Aber wer die beiden Weine verkostet und dies kritisch und gründlich tut, kommt zur Feststellung, dass da viel große Töne gespuckt und kleine Weine für relativ viel Geld verkauft werden. Die „samtigen Tannine und den eleganten Schliff“ sucht man beim adstringierenden Primitivo ebenso vergeblich wie „Samt, große Fülle und seidige Tannine“ beim gerbstoffbetonten, etwas brandig anmutenden Valpolicella. Jeder auch nur einigermaßen ambitionierte Fachhändler hat für solche Preise deutlich Besseres im Angebot. Hier lohnt sich Lidl nicht!