Bordeaux 2010 - Auf dem Weg zu einem Hattrick?
27.09.2010 - arthur.wirtzfeld
FRANKREICH (Bordeaux) – Bordeaux erlebt dieses Jahr einer der trockensten Zyklen in der jüngsten Geschichte. Dabei ist 2010 schon das dritte trockene Jahr hinter 2005 und 1998. Die durchschnittliche monatliche Niederschlagsmenge war die niedrigstes in den letzten 30 Jahren. Aber die Erfahrung zeigt: Dürre bedeutet konzentrierte Beeren und kleine Ausbeute. „Ich weiß, einige werden es kaum glauben, aber wir können die Fakten nicht ignorieren“, sagt der bekannte französische Weinkritiker Jean-Mark Quarin. „Seit Juli beobachten alle die Entwicklung der Trauben mit großer Spannung - wobei sich der Jahrgang 2010 zu einem Großen entwickeln könnte, aber das ist noch lange nicht sicher.“
Zur Zeit des Fruchtansatzes verrieselten viele Beeren, vor allem die alten Merlot-Reben waren davon betroffen. Das regnerische Wetter während der Blüte führte dann auch vielerorts zu Kleinbeerigkeit. „Die Verrieselung ist eine natürliche Auslese“, sagt Quarin. „Es ist unnötig zu sagen, dass die Trauben sorgsam sortiert und zu kleine Beeren ausgesiebt werden müssen.“
An manchen Standorten im Bordeaux ist die Ernte bereits in Gang, an anderen Stellen muss noch gewartet werden, weil sich ein Teil der Trauben noch entwickeln muss. „Ich sehe vier positive Dinge in den Weinbergen“, erklärt Quarin. „Erstens: Die Beeren sind dunkel und klein. Zweitens: Die Beeren haben wenig Saft. Drittens: Die Beeren sind nicht so geschrumpft wie in 2009. Viertens: Manche Beeren sind noch grün, sie haben unter der Sommerhitze scheinbar nicht so gelitten, ihre Fürchte können also noch mit Zuversicht reifen.“
Experten zufolge ist im Bordeaux der August und September für das Kaliber eines Weines verantwortlicht. Aber der Juli spielt dieses Jahr eine gewichtige Rolle im Reifeprozess und setzt dem Jahrgang seinen Stempel auf. Denn Hitze- und Wasserstress wirken sich auf die Konzentration eines Weines aus. In 2010 war der Juli besonders trocken, sonnig und heiß. Nach heutigen Analysen erwartet man eine höhere Konzentration an Gerbstoffen als in 2009, weiterhin einen höheren Zuckergehalt und damit auch höheren Alkoholwerten bei ausgewogener Säure.
„Ich bin angenehm überrascht von dem hervorragenden Geschmack der Beeren“, sagt Quarin. „Sie sind knackig und haben im Vergleich zum Vorjahr eine zarte Haut. Die Trauben, die jetzt schon in den Pressen sind erscheinen mir druckvoller und sie duften intensiver als beim Jahrgang 2009. Ich denke dafür ist der trockene kühle August verantwortlich. Ende Juli hatte ich mir noch große Sorgen gemacht. Denn wegen der starken Hitze und der Trockenheit bahnte sich eine Katastrophe an. Aber der August hat unsere Bedenken zerstreut.“
In der Tat war durch die Witterung im August mit trockenen Tagen und kühlen Nächten eine Verlangsamung des Reifeprozesses erwartet worden. Aber seltsamer Weise passierte genau das Gegenteil. Die Reben entwickelten sich gleichmäßig und stabil, allerdings in verschiedenen Stadien. „Man sagt hier im Bordeaux, dass der August für den Geschmack des Weines in der Mitte des Gaumens verantwortlich ist“, erklärt Quarin.
Akutelle Laboranalysen zeigen, dass der Alkohol des Merlot sich zwischen 13 und 15 Prozent einstellen wird, beim Cabernet Sauvignon eher zwischen 14 und 15 Prozent. Es gib danach auch reichlich Polyphenole und die Apfelsäure und pH-Werte liegen auf durchschnittlichem Niveau. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass den Weinen Körper fehlen wird, eher im Gegenteil“, kommentiert Quarin.
„Wir alle, Profis wie auch Amateure müssen unser Wissen aktualisieren“, sagt Quarin. „Denn Dürre scheint eine größere Auswirkung auf die Qualität der Weine zu haben als Wärme. Dies zeigt uns auch der Jahrgang 2008, dessen Weine sehr tief und dicht geraten sind. In 2008 war es ähnlich trocken wie in 2005. Beide Jahrgänge kennzeichneten sehr trockene Sommer, aber weniger Sonnenstunden als in 2004 und 2006.
Nun liegt der Fokus natürlich auf den letzten Septembertagen. Bei Château Ausone und Haut-Brion hat man die Lese schon am 13. bzw. 20. September begonnen, in Pomerol startet man am 27. September. Alle hoffen noch auf die letzten sonnigen warmen Tage, denn bei schlechter Witterung wird es für den Gabernet Sauvignion und den Cabernet Franc wieder kritisch.