Badischer Winzerkeller will Gemeinschaftswerbung verlassen

06.09.2010 - RK.YOOPRESS-EM R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Breisach) - Die Kündigung kam ohne Vorwarnung. Vorstand und Aufsichtsrat des Badischen Winzerkellers in Breisach beschlossen, die Mitgliedschaft in der Badischen Gemeinschaftswerbung zum Ende des Jahres 2010 zu kündigen. Was in der Presseinformation nicht stand, war die Wirksamkeit dieser Kündigung. Für alle Mitglieder der Weinwerbung gilt eine zweijährige Kündigungsfrist zum Jahresende. 2011 und 2012 wird also der volle Mitgliedsbeitrag noch fällig.

 

Als Gründe gibt der mit Abstand größte Beitragszahler der Weinwerbung (600.000 bis 700.000 Euro/Jahr, etwa ein Viertel des gesamten Budgets) „die verschärfte Marktsituation und einen stark steigenden Kostendruck an.“ Man müsse die Ressourcen effizienter einsetzen und brauche Flexibilität und nachhaltige Investitionen für die Breisacher Markenprodukte, meint Axel Hahn, Vorstand Vertrieb/Marketing. Zugleich wird angemerkt, dass die Verhältnisse in der badischen Weinwerbung in den letzten Jahren in eine Schieflage kamen und kein Zuwarten mehr möglich gewesen sei. Ohnehin vertrete die Badische Weinwerbung GmbH aufgrund zahlreicher Kündigungen nur mehr etwa 35 Prozent aller Weinbaubetriebe (Winzergenossenschaften, Kellereien und Weingüter) des Badischen Weinbauverbandes als zahlende Mitglieder. Diese würden weniger als 60 Prozent der badischen Rebfläche repräsentieren (Anmerkung: diese Zahlen treffen erst dann zu, wenn der Winzerkeller bei seinem Austritt bleibt). Die viel beschriebene Solidarität sei schon längst verloren gegangen. Man wolle mit der Kündigung den Weg freimachen für neue, zukunftsweisende Gemeinschaftskonzepte.

Merkwürdig ist, dass die Breisacher mit keinem Wort darauf eingehen, dass seit 1. Juli 2010 in der Badischen Weinwerbung mit Sonja Höferlin eine neue Geschäftsführerin tätig ist, die frischen Wind wehen lässt und deren wichtigstes Anliegen es ist, ausgetretene Mitglieder in das Boot zurück zu holen. Ihr gab man nicht mal die Chance der „ersten hundert Tage“. Die wie ein Blitz aus heiterem Himmel erfolgte Kündigung war schon deshalb nicht die feine, englische Art, sondern eher ein Schuss in den Rücken zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Vor allem Sprecher Axel Hahn sollte Schwierigkeiten beim Blick in den Spiegel haben, ließ er sich doch erst vor sechs Wochen in den Vorstand der Weinwerbung wählen.

Das Argument, dass nur mehr 35 Prozent aller Weinbaubetriebe Mitglied sind, zieht ebenfalls nicht. Es waren früher, als noch kein selbständiger Winzer dabei war und nur die Genossenschaften in die Weinwerbung einzahlten, deutlich weniger als jene 35 Prozent. Dass sich seit ein paar Jahren private Güter (darunter auch renommierte Erzeuger wie Bernhard Huber, Joachim Heger und Fritz Keller) in der Gemeinschaftswerbung engagieren, kann man durchaus als Fortschritt werten.

Ein Hintergrund der Kündigung ist wohl ein gewisser Druck aus Mitgliederkreisen. Die Auszahlungspreise sollen nicht eben zufrieden stellend sein. Aber ob sich das, wenn die Kündigung tatsächlich ab 2013 wirksam wird, auf den Konten der Traubenlieferanten bemerkbar macht, ist eher zweifelhaft. Man kann Wetten darauf abschließen, dass die Breisacher bereits demnächst bei ihren Gesprächen mit den Einkäufern der Discounter und Lebensmittelmärkte mit der Forderung konfrontiert werden, doch die Ersparnis bei der Werbung durch niedrigere Preise weiter zu geben…

Im übrigen, die verschärfte Marktsituation und einen Kostendruck spüren sicherlich auch andere, ähnlich strukturierte Unternehmen wie die Weingärtner-Zentralgenossenschaft im württembergischen Möglingen (WZG) und die Winzergemeinschaft im fränkischen Kitzingen-Repperndorf (vormals GWF). Sie scheinen damit besser zurecht zu kommen, sind durchaus erfolgreich unterwegs und gern gesehene Mitglieder in den jeweiligen Gebietsweinwerbungen. Dabei standen die Franken 2005 nah am Abgrund, bevor ein Wechsel in der Führungsspitze und eine Umkehr in der Kellerwirtschaft ein Comeback möglich machten. Es geht also trotz schwieriger Rahmenbedingungen…

Badens Weinwerberin Sonja Höferlin war zwar zunächst von dem Austritt geschockt. Aber sie blickt bereits wieder nach vorn. „Dass wir Druck haben, war durch Kündigungen aus dem Markgräflerland, die nach 2011 wirksam werden, ohnehin klar. Ich hoffe hier auf ein Umdenken, zumal unsere aktuellen Werbeaktivitäten allgemein positiv beurteilt werden und ihnen eine sehr gute Wirkung attestiert wird. Wir tun auf jeden Fall alles, um den Badischen Winzerkeller und die bereits gekündigten Genossenschaften und Weingüter wieder in unsere Mitte zu holen.“