Weinkrise in Bulgarien - Steht ein Neuanfang bevor?
27.03.2009 - arthur.wirtzfeld
BULGARIEN (Plovdiv) - In kommunistischen Zeiten exportierte Bulgarien jährlich über 5 Millionen Hektoliter Wein nach Russland. Seit dem Zusammenbruch des einstmals wichtigsten Exportlandes, ist die Weinproduktion in Bulgarien auf 1,38 Millionen Hektoliter zurückgegangen. Nun warnen Experten vor einem noch massiveren Rückgang russischer Weinimporte aus der Republika Bulgarija. Bulgariens Erzeuger hegen dagegen die Hoffnung, mit einer gesteigerten Qualität ihrer Weine zukünftig neue Kunden in Europa zu gewinnen.
"Russland ist noch bei weitem der größte Importeur bulgarischer Weine, fast 60 % der Erzeugung exportieren wir zum Nachbarn" sagte Radoslav Radev, verantwortlicher Direktor des bulgarischen Weinerzeugers Vinimpex bei einem Pressegespräch auf der Vinaria und ergänzte: "Ich kann unsere Winzer nur warnen, sich nicht weiterhin von den russischen Exporten abhängig zu machen".
"Im Hinblick auf unsere aktuelle Weinkrise, müssen wir uns unabdingbar auf die Qualität unserer Weine konzentrieren, was letztlich bedeutet: wir brauchen zukünftig Weine mittlerer bis hoher Qualität", sagte Bulgariens Landwirtschaftsminister, Valery Tsvetanov, bei der Öffnung der jährlichen Vinaria (Weinmesse) in Plovdiv dieser Woche und fügte an: "Den bisherigen freien Fall der Weinverkäufe müssen wir sofort stoppen und wir dürfen nicht weiterhin im Billigsegment unser Heil suchen. Das ist vorbei".
Tsvetanov reflektiert mit seinen Worten auf die Meinungen von Experten, die voraussagen, dass, wenn Bulgarien die bisherige Strategie der Erzeugung preiswerter und größtenteils niedriger Weinqualitäten fortführt, auch noch die verbleibenden russischen Kunden wegbrechen, denn in Russland habe sich das Qualitätsbewusstsein enorm verändert.
Margarit Todoroff, verantwortlicher Direktor der Weinkellerei Domaine Boyar schätzt, dass die Westmärkte wie Großbritannien, Belgien, Niederlande, Deutschland und Kanada zusammen nur knapp 15% der in Bulgarien produzierten Weine importieren. "Das kann sich aber bei der gegenwärtigen globalen Krise schnell ändern, wenn wir es schaffen, preiswerte Weine mit einer annehmbaren bis guten Qualität zu produzieren", meint Todoroff und unterstützt damit die Meinung des Ministers.
Während kommunistischer Zeiten hatte der Bulgarische Staat das Monopol zum Weinmachen und es gab dementsprechend riesige Weinfabriken, die nur darauf ausgelegt waren Mengen zu produzieren. Diese Zeiten sind aber vorbei. Die ursprünglichen Eigentümer der zwischenzeitlich staatlichen Weinkeller, die größtenteils 1998 wieder privatisiert wurden, haben aber immer noch Probleme mit den Weinqualitäten. Vielen Mitarbeitern und leitenden Kräften fehlt es noch an Sachkenntnis moderner Vinifizierungsmethoden und die technischen Anlagen sind zum Teil unzeitgemäß. Alternde Rebanlagen sind ein weiteres Problem. Hier engagieren sich aber schon französische Rebzüchter, indem sie die Bulgaren bei Neuanpflanzungen beraten und mit frischem Rebmaterial versorgen.
"Aus guten Trauben kann man gute Weine machen", sagt der französischer Weinberater Guy Labeyrie beim Besuch der Vinaria und erklärt: "Ich habe 30 Winzer aus Bulgarien eingeladen, damit sie bei uns in Frankreich bei der Arbeit im Weinberg und im Keller Erfahrungen sammeln können" und fügt an: "Bulgarien hat eine gute Chance bestimmte Nischen in den westlichen Märkten zu besetzen, insbesondere mit Weinen mit gutem Preis-Leistungsverhältnis gekeltert aus den einheimischen Rebsorten Mavrud (rot) und Dimyat (weiss)".
Die Zukunft wird es zeigen, wo sich Bulgarien in der Weinwelt einordnen wird. Sicher scheint jedenfalls, dass Bulgariens Winzer das Heft nun in die Hand nehmen werden und auch, dass wir uns von den kommenden Weinqualitäten aus Bulgarien wohl überraschen lassen müssen.