Rheinhessen-Ortswein wertet den Silvaner auf

08.05.2015 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Mainz) - Mit dem Jahrgang 2008 setzte der VDP Rheinhessen konsequent sein dreistufiges Qualitätssystem mit Gutswein, Ortswein und Lagenwein (Großes Gewächs) um. In diesem Reigen erfuhren die Ortsweine eine deutliche Aufwertung. Inzwischen sprangen auch etliche junge und jüngere Nicht-Mitglieder in der Region auf diesen Zug auf. Das gab wieder Anlass zu einer „Ortsweinpreview“ im Vorfeld der Mainzer Weinbörse, bei der über 40 Betriebe ihre entsprechenden Weine vorstellten.

 

„Ich bin begeistert“, strahlte Philipp Wittmann, der Vorsitzende des Rheinhessen-VDP. Gerade hatte er die Weine des Geschwisterpaares Johanna und Philipp Bossert aus Gundersheim probiert und empfahl Weißburgunder, Riesling und Spätburgunder sofort weiter. YOOPRESS-Leser wussten schon vorher, dass die beiden Talente sehr überzeugende Weine machen (wir berichteten unter dem Titel: "Rheinhessen: „Geschwisterweine“ aus Gundersheim"). Auch andere Erzeuger, die noch nicht allzu prominent sind, konnten im Kurfürstlichen Schloss in Mainz auf sich aufmerksam machen und ganz nebenbei verdeutlichen, dass der nach dem Herbst schon kritisch beäugte Jahrgang 2014 deutlich besser ist als sein Ruf. Zwar erzählten etliche Winzer, dass die Menge recht gering gewesen sei. Aber das war zurückzuführen auf eine teilweise radikale Selektion am Stock, die letztlich der Qualität gut tat.

Die Top-Betriebe im Rheinhessen-VDP haben vorgemacht, was im Weinberg zu tun ist. Zudem fährt der Regionalclub gut mit seinem Dreistufen-System. Während viele Weinfreunde immer noch Schwierigkeiten haben, das Qualitätssystem des Bundes-VDP mit Gutswein, Ortswein, Erster Lage, Großes Gewächs und Große Lage zu verstehen und manches Mitglied zu kleinen Kunstgriffen greift, um alte Bezeichnungen nicht ganz aussterben zu lassen (zum Beispiel „S“ statt Spätlese), ist Rheinhessen leicht verständlich.

Ein Plus der Ortsweine ist, dass hier auch andere Sorten neben den für das Große Gewächs ausgewiesenen Riesling und Spätburgunder glänzen können. So hatten etliche Betriebe überzeugende Silvaner dabei, etwa die Weingüter Bischel (Appenheim), Wechsler (Westhofen), Bettenheimer (Ingelheim), Thörle (Saulheim), Wagner-Stempel (Siefersheim), Steitz (Stein-Bockenheim), Schätzel (Nierstein), Riffel (Bingen-Büdesheim), Flick (Bechtolsheim), Battenfeld-Spanier (Hohen-Sülzen) und Braunewell (Essenheim).

Die feine Kollektion machte deutlich, dass das Gebiet mit dem Silvaner eine Trumpfkarte besitzt, die noch zu wenig ausgespielt wird. Es hat sogar den Anschein, dass die Sorte im Gebiet immer weniger Augenmerk bekommt. So ist der „Rheinhessen-Silvaner“ (RS) als herzhafter Einstiegswein längst kein Erfolgsschlager mehr. Noch vor einigen Jahren machten hier einige Dutzend Betriebe mit. Aktuell war es mit dem Jahrgang 2014 nur mehr ein Sextett. Eine traurige Entwicklung…

Der Silvaner ließe sich aufwerten mit einer Anerkennung als „Großes Gewächs“ im Rheinhessen-VDP, nach dem Vorbild der Franken, die ihre qualitativ wichtige Weißweinsorte (rund 1200 Hektar) schon längst für das GG geadelt haben. Rheinhessen hätte mir 2350 Hektar das Doppelte an Fläche zu bieten. Aber das Problem ist, dass es in den Reihen des VDP zu wenig Betriebe gibt, die Silvaner im Sortiment haben und somit die Breitenwirkung fehlt. Wäre der VDP in der Lage, ein halbes Dutzend Aufsteiger mit gutem Silvaner aufzunehmen, hätte die Sorte eine Chance, aufgewertet zu werden. So aber kokettiert der Vorsitzende Philipp Wittmann eher zum Weißburgunder (insgesamt 1134 Hektar) als Großes Gewächs.