Monika Christmann aus Geisenheim ist neue OIV-Präsidentin

20.07.2015 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Geisenheim) - Schmunzelnd erzählt sie manchmal die Geschichte vom forschen Vertreter, der ins Vorzimmer ihres Büros in Geisenheim stürmte, sie erblickte und verlangte, den Chef sprechen zu wollen. Professor Dr. Monika Christmann nickte, verließ den Raum und spazierte durch ihre eigene Tür ins Zimmer der Chef-Oenologin des Campus Geisenheim. Dann rief sie: „Herein!“. Ein paar Sekunden später dämmerte dem Vertreter eine Erkenntnis und er war nicht mehr so forsch.

 

Was aufzeigte, dass die Frau, die bereits seit 1994 die Studenten und Studentinnen in Geisenheim auf den richtigen Weinweg zu bringen versucht, eine gesunde Portion Humor hat. Der war auch wieder ersichtlich, als sie das Wahlergebnis im Rahmen des OIV-Weltkongresses in Mainz kommentierte, mit dem sie als einzige Kandidatin zur neuen Präsidentin des OIV gewählt wurde. Sie erhielt nach einem komplizierten Modus 115,9 von 118 möglichen Stimmen und 37 von 37 Länderstimmen. „Wie bei Wahlen im kommunistischen System“, lachte sie. Und war etwas erleichtert. „Bei Wahlen weiß man nie, wie es ausgeht. So eine kleine Klatsche ausgerechnet bei der Wahl in Deutschland mit einer Reihe Gegenstimmen wäre schon etwas ärgerlich gewesen.“

Aber die Internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) war auch bereits an eine Frau an der Führungsspitze gewöhnt. Von 2012 bis 2015 war Claudia Quini aus Argentinien Präsidentin, sie folgte damals dem Franzosen Yves Bénard. Gegründet wurde die Organisation noch unter etwas anderem Namen 1924 von Frankreich, Italien, Spanien, Tunesien, Ungarn, Luxemburg und Griechenland, um positive Auswirkungen des Weinkonsums zu verbreiten sowie um auf Qualitätsmaßstäbe in der Produktion zu achten und die Forschung zu koordinieren. Heute hat die zwischenstaatliche internationale Organisation mit 45 Mitgliederländern (nicht alle waren beim Kongress in Mainz dabei) die anerkannte wissenschaftliche Zuständigkeit in den Bereichen Rebe, Wein, weinhaltige Getränke, Tafeltrauben, Rosinen und anderen Reberzeugnissen. Hinter der OIV stehen rund 80 Prozent der Weltweinproduktion. Von den großen Weinnationen fehlen China und die USA.

Christmann war bereits seit 2013 Vizepräsidentin des wissenschaftlich-technisches Ausschusses der OIV; das war das dritthöchste Amt im Präsidium. Zuvor war sie als Vorsitzende der Önologie-Kommission schon seit 2009 Präsidiumsmitglied. Nach der Wahl prasselten jede Menge Komplimente auf sie ein. So meinte der Geisenheimer Hochschul-Präsident Professor Dr. Hans Reiner Schultz: „Das ist eine große Anerkennung und ein Vertrauensbeweis für Monika Christmann.“

Sie selbst war nach dem Kongress schon wieder mittendrin im Alltag. „Ich konnte mich nur langsam entspannen. Denn wir haben Prüfungen anstehen.“ Und sie blickte zurück auf Tagungsthemen. „Technisch tun sich neue Dinge auf. Es gibt in verschiedenen Bereichen Modelle auf mathematischer Basis, die uns voranbringen können.“ Ein wichtiger Trend sei der zu weniger Alkohol im Wein. Hier gebe es mittlerweile Möglichkeiten zur Zucker- und Alkoholreduzierung. Was zunehmen wird, sei die Einflussnahme bei der Weinverarbeitung im Keller durch Lohnunternehmer, die mit Separator und Zentrifugen durch die Lande ziehen und dem Winzer, wie heute schon bei einer Lohnabfüllung, zu Diensten sind.

Kein Thema auf dem Kongress waren die Orange-Weine, als die sog. „Naturweine“, ausgebaut oft in Amphoren, mit langer Maischestandzeit bei Weißweinen, ungeschwefelt und damit so oxidiert, dass sie sich nicht mehr verändern oder entwickeln. „Meine Geschmackpapillen habe ich in diese Richtung noch nicht geöffnet“, meint Frau Professor. „Das ist zwar derzeit ein gewisser Hype. Aber man sollte keine Religion daraus machen. Einige lieben das. Aber ich denke, die meisten Konsumenten wollen klare, rückstandsfreie Weine.“ Ihren Studentinnen und Studenten will sie auch weiterhin im beruflichen Alltag beibringen, solche Gewächse zu erzeugen.

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