Der nächste große Wissenschaftler für Bordeaux-Weine

15.09.2015 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - Der angesehene Weinmacher Jean-Baptiste Lecaillon, seit 1989 in Diensten bei Champagne Louis Roederer, hält Axel Marschall für den kommenden Star unter den Weinwissenschaftlern für Bordeauxweine. Axel Marschall mag das schmeicheln, aber er steht nicht im Rampenlicht, sondern sein Lebensraum ist das Labor. Er ist auf Ergebnisse seiner Forschungen focussiert, Starallüren sind ihm fremd. Marschall will keine Weine kreieren, sondern sein Ziel ist es, die Grenzen des molekularen Verständnisses von Weinen auszuweiten.

 

Weltweit ändert sich zur Zeit das Image der Wissenschaft der Weinkunde. Die Labore und ihre Chefs mutieren zu Codierung-Superstars, da sie dabei sind, die DNA von Wein weiter zu entdecken und zu entschlüsseln. Sie schaffen damit nach und nach ein völlig anderes Verständnis für die Aromen und Qualitäten von Weinen. "Axel Marschall wird die Zukunft großer Önologen von Bordeaux sichern", sagt Jean-Baptiste Lecaillon. "Er führt die Tradition von bekannten Forschern wie Emile Peynaud, Pascal Ribéreau-Gayon und Denis Dubourdieu fort."

In Bordeaux war es schon immer so, dass die wirkende Generation die nächste anlernt und unterstützt. "Das ist der rote Faden, neue Antworten zu finden und die Wissenschaft dann auf praktische Weise anwenden zu können", sagt Axel Marschall, der im renommierten Institut des Sciences de la Vigne et du Vin (ISVV) arbeitet. Marschall, im Jahr 1983 geboren, führt hier den Titel eines Assistenten der Professur. Ihm geht es darum, mit Hilfe der Wissenschaft die Einflüsse für Aromen und Geschmack im Wein zu verstehen.

"Als ich anfing mir meinen Doktortitel zu erarbeiten, waren die Forscher in Bordeaux vor allem darauf konzentriert, einzelne Duftmoleküle zu isolieren und zu verstehen", erklärt Marschall. "aber an dem Verständnis über Moleküle, die den Geschmack, die Textur und die Sensorik des Weins beeinflussen, wurde nicht sonderlich geforscht."

Marschall hat mehrere Jahre an der Seite von Denis Dubourdieu gearbeitet und versucht herauszufinden, wieso es eine Weinsüße gibt, obwohl kein Zucker im Wein enthalten ist. "Wir wissen, dass bei roten trocken ausgebauten Bordeaux der Traubenzucker in Alkohol umgewandelt ist, dennoch zeigen diese Weine ein Gefühl von Süße", erklärt Marschall. "Schon Denis Dubourdieu beschlich die Ahnung, dass es einige unentdeckte Moleküle geben muss, die dies verantworten. Und diese Moleküle will ich finden und analysieren."