Familien-Jubiläum in Württemberg: 500 Jahre Ellwanger

14.07.2014 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Winterbach) - Eine württembergische Weinfamilie kann in diesem Jahr ein stolzes Jubiläum begehen. Anno 1514 wurde erstmals ein Ellwanger urkundlich als Weingärtner erwähnt. Das 500-Jährige feiern die heute drei Betriebe Jürgen Ellwanger (Winterbach), Bernhard Ellwanger (Weinstadt-Großheppach) und Doreas (Remshalden-Grunbach) eigentlich schon das ganze Jahr. Aber am 18. Juli steht ein großes Sommerfest im Großheppacher Schlossgarten im Terminkalender; einige kulinarische Weinproben zum Jubiläum in den nächsten Monaten werden noch folgen.

 

Die drei Güter haben einen guten Namen über das Remstal hinaus. An der Spitze steht dabei sicher das VDP-Gut Jürgen Ellwanger (24 Hektar), heute geführt von Jörg und Felix Ellwanger. Aber der Senior ist noch mit viel Elan im Geschirr. Er war einer der ersten, der sich gezielt mit dem Ausbau in Barriques befasste. Als sich vor gut 25 Jahren die Studiengruppe neues Eichenfass, genannt „Hades“ formierte, war er dabei, ebenso schon vorher, als der Sterne-Koch Vincent Klink (heute Wielandshöhe, Stuttgart) einen Wengerter suchte, der ihm als Begleiter zu seiner Küche einen Ruländer im kleinen, neuen Fass ausbaute. Dass es ausgerechnet ein Wein aus dem miserablen Jahrgang 1984 sein musste, der der Eiche kaum Widerstand leistete, führte später zur Feststellung von Klink: „Es ist uns gelungen, Holz in Flaschen zu füllen...“.

Jürgen Ellwanger war auch der Erste, der im Remstal die Sorte Zweigelt (Blaufränkisch x St. Laurent) aus Österreich pflanzte. Sie war früher nicht zulässig, aber er schmuggelte Setzlinge aus Austria ein – und bekam später die Genehmigung für den Versuchsanbau, weil auch die große Remstalkellerei unbedingt Zweigelt im Sortiment haben wollte. Mittlerweile hat das Weingut mit der Sorte schon sieben Mal den Deutschen Rotweinpreis in der Kategorie „Neuzüchtungen“ gewonnen – eine echte Erfolgsgeschichte.

Sohn Andreas und seine Gattin Dorothee Wagner-Ellwanger, die in Grunbach das Weingut Doreas (nach ihren Vornamen) gründeten, haben beim Rotweinpreis von Vinum ebenfalls bereits Akzente gesetzt, zuletzt 2013 mit einem Sieg in der edelsüßen Gruppe (Muskat-Trollinger Eiswein 2012). Sven Ellwanger, heute der Weinmacher im Haus Bernhard Ellwanger, hat in den letzten Jahren gewaltig Gas gegeben. Einen guten Namen hat er vor allem für seine Rotweine (Spätburgunder, Cuvées) – und den Sauvignon blanc, für den er sich bei einem Aufenthalt in Neuseeland begeisterte. Gut gelingt auch der lang in Vergessenheit geratene Muskat-Trollinger, den Senior Bernhard Ellwanger als erster Weingärtner im Remstal wiederbelebte. Drei Frauen stärken Sven den Rücken: Schwester Yvonne, seine Frau Melanie und Mutter Ingrid, hausintern als „Chefin Nr. 1“ bekannt.

Zum halben Jahrtausend haben die drei Weingüter eine gemeinsame Cuvée kreiert, die nur in Magnumflaschen gefüllt wurde. Der „1514“, deklariert als Deutscher Wein, enthält Zweigelt von Jürgen Ellwanger, Merlot von Doreas und Lemberger von Bernhard Ellwanger. Auch kleine Mengen Syrah waren noch mit im Spiel.

Spannend ist ein Rückblick in die Geschichte. Urvater Nikodemus (dem Jürgen Ellwanger eine Cuvée widmete) war nicht nur Winzer, sondern auch Bürgermeister in Großheppach. Anno 1514 wurde er deshalb geschichtsträchtig, weil er mehreren Sträflingen das Tor aus dem Schorndorfer Gefängnis öffnete. Es handelte sich um Aufständische, nämlich Anhänger des „Armen Konrad“, einer Widerstandsbewegung gegen Herzog Ulrich, angeführt von Peter Gaiß. Sie sträubten sich gegen unmäßige Steuererhöhungen auf Lebensmittel. Zwar wurden die Steuerpläne zurückgezogen, aber der Widerstand erlosch nicht, weil der Herrscher genügend weitere Gründe für Proteste lieferte. Er verbündete sich mit den Landständen und konnte durch diese Verstärkung den Aufstand niederschlagen. Die meisten der Anführer wurden getötet, Mitläufer gefoltert und eingesperrt. Einige durften Dank Nikodemus Ellwanger wieder ungesiebte Luft atmen.

Die Ellwangers späterer Generationen haben einiges miterlebt, etwa den mühsamen Bau der Weinbergmauern, die Zeit, in der im Remstal noch jede Menge mehr Reben standen als heute (8000 Hektar waren es einst), die Abhängigkeit von „Weinherren“, das Aufkommen der Reblaus und die Verbreitung von Pilzkrankheiten. Aber man ließ sich nie unterkriegen und war immer vorn dabei, wenn es etwas zu tun gab. So war Johannes Ellwanger, der Großvater von Jürgen, einer der Gründer der Genossenschaft in Großheppach (heute in der Remstalkellerei aufgegangen).

Der Name der Familie soll sich im Übrigen von „Elchfangen“ ableiten – vielleicht gab es einst besonders erfolgreiche Jäger unter den Ellwangers. Gelegentlich wird gemutmaßt, dass die Ellwangers in Ellwangen (Jagst) Zuhause sind, einer Stadt nahe der Grenze zu Bayern – in der aber kein Rebstock steht.