Teil-II: Wenn das rechte Ufer die Geschäftsmodelle des linken Ufers kopiert

21.09.2013 - arthur.wirtzfeld

FRANKREICH (Bordeaux) - So wie ich in Teil-I zum Thema "Das Prinzip angrenzende Güter zu übernehmen" schon geschrieben habe, entwickelt sich die Geschichte vor unseren Augen und zeigt, wie Bordeaux sich kontinuierlich an die Märkte anpasst. Die Realität wird getrieben von der Ökonomie und zerstört den Weintraum derjenigen Menschen, die glauben, Wein sei etwas einzigartiges, die glauben, Wein sei ein langlebiger Vermögenswert mit fürstlichen Summen, basierend auf den Grundlagen des Terroirs und der Natur. Es tut mir leid, meine Freunde, aber der Wein wäre Essig ohne das Handwerk der Weinmacher.

 

In der altehrwürdigen Konkurrenz zwischen dem Medoc und dem Saint-Emillion ist die neueste Klassifizierung des Saint-Emillion eher eine Befreiung für dieses Weinbaugebiet. Hier versucht man schon seit Jahren zu differenzieren und eigene Einstufungen zu finden. Diese reichen von der eigenen Premiers Grands Crus Klassen A und B bis hin zur den Grands Crus Classés, anstatt das Medoc-System zu übernehmen, was einfacher gewesen wäre. Denn in Medoc gibt es keine Klassen sondern knapp und prägnant: 1er, 2er, 3er, 4er und 5er Gewächse.

Ohne diese Freiheiten und den damit verbundenen Vorteilen für die Güter, die immens sind, stellt sich die Frage: Hätte Château Clos Fourtet sonst im März diesen Jahres gleich drei Grands Crus Classés gekauft? Wohl kaum. Übernommen hat Château Clos Fourtet seine direkten Nachbarn, nämlich Château les Grandes Murailles und etwas weiter auch Château Clos St Martin, das wiederum direkt an Château Beausejour Duffau Lagarrosse and Château Côte Baleau grenzt. Was wird nun aus diesen?

Es ist schon lustig zu beobachten, wie entnervt die Medoc-Châteaux auf die nahezu in 10-Jahres-Turnus geänderte Klassifikation in Saint-Emillion reagieren. Sie bevorzugen es, ihr historisches Ranking zu pflegen und sie finden jedes andere System indiskutabel, zu mindestens finden sie andere Systeme weder attraktiv noch zur Nachahmung geeignet. Die Medoc-Châteaux sagen über Saint-Emillion: "Lasst sie doch weitermachen mit ihren kleinen Geschäften."

Man kann es nicht verleugnen, dass trotz der Geschichte des Saint-Emillion, die fast tausend Jahre älter ist als die des Medoc, man hier nie wirklich in der Lage war, die eigenen Weine im großen Stil auf dem Weltmarkt zu etablieren. Noch heute ist es so: Das Medoc setzt die Preise und in Saint-Emillion zieht man nach.

In Teil-I sprach ich über Quintus und Château L´Arrosée. Was nun keiner weiß: werden beide zusammen gelegt? Werden beide oder nur eines von Ihnen den Namen ändern? Warum eigentlich nicht? Aus Château Belair wurde Château Belair Monange, benannt nach dem Namen der Großmutter von Christian Moueix. Dies ist eine Namensgebung, die an die Geschichte großer Stände im Medoc erinnert.

Es gibt weitere Beispiele: Die drei aufeinanderfolgenden Eigentümer von Château Léoville vergaben dem Gut jeweils eigene Namen. Es waren dies erst Château Las Cases, dann Barton und später Poyferré. Das gleiche machte schon der aus Irland stammende Familie Lynch, die im 17. Jahrhundert ihren Gütern auch ihren Namen verlieh: Lynch-Bages und Lynch-Moussas. So könnte man fortführen, denn dies ist keineswegs ein Einzelfall in Bordeaux.

Also was werden die Leute sagen, wenn eines Tages ein Herr Li, ein Herr Chang oder respektive irgendein asiatischer Geschäftsmann seinen Namen seiner neu erworbenen Immobilie verleiht? Die Franzosen, die so wenig über Bordeaux wissen, werden dann glauben, man habe Ihnen ihr nationales Erbe abgezockt. Ganz anders wird die Reaktion in Bordeaux sein. Hier wird man sich glücklich schätzen und den Namen akzeptieren. Dies wäre dann praktisch ein Geschenk für den Investor, dem es erscheinen mag, als ob es in Bordeaux eine Garantie für eine liberale Wirtschaft gäbe.

Mein Fazit zu Teil-I und Teil-II: Es ist offensichtlich, dass heutzutage innerhalb der Klassifikationen alles machbar ist. Kleinere Châteaux werden von größeren Châteaux bzw. von finanzkräftigen Investoren übernommen und existieren fortan einfach nicht mehr. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Erstens wollen die neuen Eigentümer die Qualität der Zweitweine ihrer eigenen Güter aufbessern und zweitens sind die "Großen" der Branche bestrebt, sich den Markt aufteilen.