Österreich: „Erste Lage“ ein langer Prozess

28.04.2011 - R.KNOLL

ÖSTERRECH (Krems - Stein) - Wenn die Österreichischen Traditionsweingüter am 7. und 8. Mai jeweils von 10 bis 18 Uhr zu ihrer „Tour de Vin“ bitten und für Weinliebhaber die Keller im Kremstal, Kamptal, Traisental und Wagram öffnen, werden erstmals auch drei „kooperierende Partnerbetriebe“ mit von der Partie sein. Die Weingüter Karl Proidl (Senftenberg/Kremstal) und die beiden Betriebe der Schwestern Michaela Allram und Birgit Eichinger (beide Straß/Kamptal) können dabei auch ab sofort die durch die Traditionsweingüter geschützte Bezeichnung „Erste Lage“ für das Etikett ihrer Weine aus bestimmten, ausgewählten Lagen nutzen.

 

2010 wurden über 50 Einzellagen in den vier Weinbaugebieten als besonders wertvoll in Sachen Qualität klassifiziert. Wie beim „Großen Gewächs“ des Verbandes der Prädikatsweingüter (VDP) ist diese Herausstellung privatrechtlicher Natur (in Deutschland ist bekanntlich nur das „Erste Gewächs“ im Rheingau gesetzlich als eine Art Gütezeichen legitimiert).

Michael Moosbrugger, Chef von Schloss Gobelsburg und Obmann des Vereins, hat von Anfang an betont, dass von den 23 Mitgliedsbetrieben (plus die drei Kooperationspartner) viel Eigenverantwortung wichtig ist, damit keine schwachen „Ersten Lagen“ auf den Markt kommen. Denn eine vereinsinterne Prüfung ist zumindest vorläufig nicht vorgesehen. Hier unterscheidet man sich vom deutschen Gegenstück (wobei die VDP-Kontrollen durchaus etwas strenger sein könnten).

Moosbrugger legt Wert auf die Feststellung: „Die Klassifizierung ist keine endgültige Beurteilung. Es wurde damit vielmehr ein Prozess begonnen, der sich über mehrere Jahrzehnte hinziehen wird.“ Er sieht die Auswahl der Lagen auch nicht als „Privatangelegenheit“ eines Vereins an, sondern als langfristige Perspektive für die gesamte Donauregion.

Die weitere Entwicklung bleibt spannend. Schon tanzten die ersten Mitglieder aus der Reihe und schrieben „Erste Lage“ auf das Etikett, statt nur ein dem VDP-Zeichen nachempfundenes Symbol zu verwenden. Die deutschen Prädikatsweingüter haben längst einen Konkurrenten im Bernkasteler Ring, der ebenfalls „Große Gewächse“ propagiert, und zwar in Form einer Halsschleife mit den beiden Buchstaben „GG“ (und vereinzelt ausgeschrieben auf dem Etikett).

In Österreich wird schon länger innerhalb des Vereins „Steirische Klassik“ eine Hervorhebung von Einzellagen gepflegt. In der Wachau gibt es innerhalb des Vereins Vinea Wachau Bestrebungen, Lagen genauer zu erfassen. Hier kennt man außerdem die Begriffe Steinfeder, Federspiel und Smaragd, die genau genommen nur „Gewichtsklassen“ darstellen. Anderswo stellt man die DAC-Regel mit regionaltypischen Weinen in den Vordergrund. Durchaus denkbar, dass irgendwann Betriebe außerhalb der Traditionsgüter mit einer „Ersten Lage“ aufwarten, nach dem Motto „was die können, können wir auch.“ Wie der Gesetzgeber dann reagiert, bleibt abzuwarten.