Neues Wein-Genusszentrum des Würzburger VDP-Weingutes Bürgerspital

05.07.2011 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Würzburg) - Tradition und Moderne sind im Weingut Bürgerspital kein Widerspruch - im Gegenteil. Das Weingut ist Teil der sozialen Stiftung Bürgerspital zum Heiligen Geist. Diese wurde 1316 zur Aufnahme und Pflege von kranken und bedürftigen Senioren gegründet. Bereits seit 1334 gehörten Weinberge zum Besitz der Stiftung. Durch Zustiftungen über die Jahrhunderte hat sich das Weingut zu einem renommierten, international tätigen Unternehmen entwickelt und steht mit an der Spitze in Franken.

 

Die Gutsgebäude und Verwaltung befinden sich am Rand der historischen Altstadt von Würzburg. Weinverkauf, Ausschank und die verpachtete Weinstube sind Urgesteine fränkischer Weinseeligkeit sowie Treffpunkt von Einheimischen wie auch Touristen. Seit Robert Haller die Geschicke als Gutsverwalter in 2007 übernommen hat, sind nach und nach Änderungen eingetreten, die nun in einem neuen und modernen Erscheinungsbild ihren vorläufigen Höhepunkt finden.

Teile der zum Bürgerspital gehörenden geriatrischen Klinik befinden sich aktuell im Umbau. Hier wird ein Weinhaus entstehen, das Zeichen setzen und zu einem Treffpunkt, auch der jungen Weinszene, werden soll. Dies bedeutet einen Einschnitt, den man einem ehrwürdigen und traditionsreichen Gut nicht so leicht zugetraut hätte. Auch wir waren von der Nachricht überrascht und wollten mehr wissen. Dazu trafen wir Robert Haller und befragten ihn nach der Neuerung.

YOOPRESS: Man hört von einem neuen Projekt des Bürgerspitals. Es soll ein Weinhaus, eine Begegnungstätte für Weinliebhaber sein - will sich das Bürgerspital neu aufstellen, Flagge zeigen?

R.HALLER: Ja, Flagge zeigen in Würzburg, Flagge zeigen in Franken und vor allem wollen wir auch hin zu einem zeitgemäßen Auftritt.

YOOPRESS: Wie kam es zu diesem Projekt - was war der ausschlaggebende Punkt?

R.HALLER: Der ausschlaggebende Punkt war einmal der Ruhestand unseres langjährigen Mitarbeiters Heiner Bauer im Weinladen. Außerdem war unser Weinladen an sich, der eine sehr lange Tradition hat, im Laufe der Zeit von der Einrichtung und Technik her absolut renovierungsbedürftig geworden. Zudem brauchen wir für den Verkauf ein vernünftiges und angepasstes Lager, das mit dem Keller auf kurzen Wegen verbunden ist.

YOOPRESS: Der Weinladen des Bürgerspitals ist ohne Frage längst eine Institution - erklären Sie doch kurz unseren Lesern die Hintergründe.

R.HALLER: Der Weinladen, den Herr Bauer vor 40 Jahren mit aufgebaut hatte, entwickelte sich im Laufe der Zeit zur traditionellen Verkaufsstelle an Endkunden. Natürlich ist der Weinladen zwischenzeitlich umgebaut und modernisiert worden, das war aber noch Ende der 70iger, Anfang der 80iger Jahre, aber in der Struktur hat sich von damals bis heute nicht viel geändert.

YOOPRESS: Wie haben sich denn die Verkäufe im Weinladen entwickelt?

R.HALLER: Damals wurden etwa 10 bis 20 Prozent von dem Wein verkauft, den wir heute dort absetzen, es hat also eine enorme Entwicklung stattgefunden. Unser Weinladen hat sich nebenbei zu einer Institution in der Würzburger Weinszene entwickelt. Aber wir hinken heute ganz klar hinter der Entwicklung her.

YOOPRESS: Also der Weinladen als traditioneller Treffpunkt für Weinliebhaber war, ist und soll weiterhin ein Aushängeschild für das Bürgerspital bleiben?

R.HALLER: Ja und ob. Im Gesamten wird das neue Weinhaus dann ganz klar der erste Anlaufpunkt, also das Gesicht des Weingut Bürgerspitals werden.

YOOPRESS: Übernehmen Sie Teile des vorhandenen Einrichtungslayouts oder wird alles neu?

R.HALLER: Ja und nein. Der Stehausschank des Weinladens bleibt erhalten. Er wird in die neue Einrichtung integriert und in den neuen Räumlichkeiten genau so wieder aufgebaut - an dieser Tradition ändert sich nichts.

YOOPRESS: Was wird also neu, was sind Ihre Intensionen?

R.HALLER: Wir wollen uns nach außen hin, mit Ausnahme einiger weniger traditioneller Einrichtungen, komplett neu aufstellen und präsentieren. Die vornehmste Aufgabe für uns ist es, junge Weinliebhaber für unsere Weine zu interessieren, die sich dann in den neuen Verkaufs- und Eventräumen sowie Vinothek wohl fühlen und gleichzeitig aber spüren, dass wir hier eine 700jährige Tradition aufweisen - modern ja, aber ein Chichi wird es nicht geben. Was wir beibehalten wollen ist allen Bürgern einen Weintreff zu bieten.

YOOPRESS: Hat das Projekt schon einen Namen?

R.HALLER: Da sind wir dran. Es gibt schon eine Reihe von Vorschlägen, die wir im Moment intern diskutieren.

YOOPRESS: Wo genau wird denn der neue Weintreff platziert werden?

R.HALLER: Es sind die schönsten Räume, die wir im Gebäude für dieses Projekt haben konnten - nämlich das obere Stockwerk, das an die anschließende geriatrische Reha-Klinik des Bürgerspitals angegliedert ist. Front und Zugang sind dann an der Semmelstraße, genau in dem Bereich wo heute der Zugang zur Rehaklinik ist. Die Räume befinden sich dann oberhalb der Arkaden. Dort werden große Fenster dann einen Ausblick auf die Kreuzung Semmelstraße, Textorstraße, Theaterstraße und hin zur Fußgängerzone Richtung Eichhornstraße bieten.

YOOPRESS: Und die Vinothek in der Ludwigstraße wird dann geschlossen?

R.HALLER: Ja, korrekt. Diese wird geschlossen und komplett mit in das neue Weinhaus integriert. Denn es macht keinen Sinn zwei Verkaufseinheiten rund 160 Meter auseinander zu betreiben. Wir haben im neuen Weinhaus ausreichend Räumlichkeiten und dazu auch die personellen Synergien. Wir vereinen dort Weinladen, Vinothek, Stehausschank und Eventräume. Eine unserer Praktikantinnen hat das wunderbar auf den Punkt gebracht - sie sagte: Das Bürgerspital ist ein so modernes Weingut mit einem großen Mitarbeiterstamm, hier werden moderne Weine vinifiziert, nur nach außen hin sieht das keiner.

YOOPRESS: Welchen Anspruch verbinden Sie mit dem neuen Weinhaus?

R.HALLER: Wir wollen mit der architektonischen Neugestaltung ein markantes Gesicht für das Bürgerspital haben und für Weinliebhaber die erste kompetente Anlaufstelle des Weingutes in Würzburg sein. Wir haben in unserer Mannschaft zwei ausgebildete Sommeliers, die in der Gestaltung des neuen Weinhauses mitwirken. Wir haben gute und langjährige Mitarbeiter im Verkauf, die in modernen und ansprechenden Räumlichkeiten dann ein adäquates und professionelles Umfeld bekommen sollen. Letztlich wollen wir mit dem Weinhaus das Aushängeschild für das Bürgerspital sein.

YOOPRESS: Über Ihre hervorragenden Weinqualitäten, die man dann im neuen Ambiente probieren und kaufen kann, müssen wir nicht diskutieren. Wie sieht es dann auf der kulinarischen Seite aus - wird es ein Angebot geben?

R.HALLER: Ja und ob. Also wir wollen das Rad nicht neu erfinden, aber wir werden natürlich zum Wein passende Schmankerl anbieten. Allerdings sind wir keine Gastronomen und wollen auch keine werden. Wir stellen uns kleine, dem Weingenuss begleitende Häppchen vor, auch eine Art Fingerfood ist angedacht. Für Speisen haben wir ja nach wie vor unsere traditionelle Weinstube mit professioneller Gastronomie, übrigens die größte in Würzburg. Mit der Bürgerspital Weinstube arbeiten wir eng zusammen, sie ist längst etabliert als gastronomisches Gesicht des Bürgerspitals.

YOOPRESS: Die enge Zusammenarbeit mit der Weinstube bedeutet?

R.HALLER: Zu mir kommen oft Kunden, die sagen wir haben sehr gut in der Weinstube gespeist und ihre Weine dazu genossen - jetzt möchten wir Wein kaufen. Außerdem verkaufen wir über den Pächter, Familie Wiesenegg, unsere Weine an die Gastronomie, ein sehr gutes und erfolgreiches Zusammenwirken, das sind tolle Synergien an denen wir nichts ändern wollen.

YOOPRESS: Also im neuen Weinhaus steht eindeutig der Wein im Vordergrund, kulinarische Happen dagegen sind nur eine Abrundung und keine Konkurrenz zur Weinstube - richtig?

R.HALLER: Ja, so ist es. Das Weinhaus hat ein ganz anderes kulinarisches Konzept. Im Grunde wollen wir dort ein großes Weinangebot präsentieren und wollen den Weintrinker nur mit kulinarischen Kleinigkeiten unterstützen. Beispielsweise so was wie der in Franken zum Wein geliebten angemachte Camembert oder Lachs mit Reibekuchen, Schinken- oder Wurstteller. Fast alle Produkte kommen dabei ausschließlich aus der Region. Dann wird es sicher einen kleinen Mittagstisch geben mit einem klassischen Eintopf, also einfaches Essen und nur als Beigabe zum Wein. Wir wollen die Besucher, die beispielsweise in den Abend hinein bleiben, weil sie nach der Arbeit ein Glas Wein genießen wollen nur mit Kleinigkeiten verköstigen, damit Sie nicht wieder weg müssen, nur weil Sie gerade mal hungrig werden. Was ich darunter verstehe sind so eine Art fränkische Tapas. Und wenn dann der große Hunger kommt, können unsere Besucher halt in die Weinstube gehen.

YOOPRESS: Und wie steht es mit den nötigen baulichen Umbaumaßnahmen aus - in welcher Größenordnung kann man sich das vorstellen, oder lassen Sie für das neue Weinhaus nur vorhandene Räume umbauen?

R.HALLER: Ja, also die Umbaumaßnahmen sind größer als man denkt. Es ist keine kleine Geschichte. Die vorhandenen Gebäulichkeiten werden komplett ausgebeint. Es werden Wände fallen, es werden die Arkaden zur Semmelstraße hin außen verglast werden und somit komplett mit in den Bereich der Vinothek einbezogen. Die Umbaumaßnahmen ziehen sich bis in den Keller fort, wo wir ein neues Lager einrichten. Es entstehen neue Versorgungsräume, also die interne bisherige Gestaltung wird komplett verändert. Dann werden wir Sanitärräume installieren, es wird einen Aufzug geben. Was uns finanziell viel belasten wird, weil wir uns als Stiftungsweingut und auch aus dem sozialen Gedanken heraus verpflichtet fühlen, sind barrierefreie Zugänge und auch barrierefreie Nutzung der gesamten neuen Räumlichkeiten angesagt.

YOOPRESS: Wie soll das Ambiente sein und was wollen Sie anbieten?

R.HALLER: Unser Ziel ist es ein warmes Wohlfühl-Ambiente zu schaffen, eine urbane, moderne Umgebung zu gestalten. Es wird beispielsweise einen verglasten Kamin geben, vielleicht sogar einen Brotbackofen. Wir wollen einen kommunikativen Ort schaffen, wo sich Freunde treffen und gemeinsam beim Genuss unserer Weine entspannen können. Dann wollen wir eine gewisse Stammtischkultur schaffen. Es werden diverse Weinveranstaltungen dort stattfinden, die unsere Kellermeister, unsere Sommeliers oder auch ich begleiten werden. Letztlich wird es das Bürgerspital dort zum Schmecken und Anfassen geben. Mit all dem wollen wir erreichen, dass die Bürger Würzburgs, dass Weinliebhaber von wo sie auch immer kommen mögen und natürlich auch unsere Stammkunden sagen, lasst uns ins Weinhaus des Bürgerspitals gehen.

YOOPRESS: Sie sind also nun im Begriff ein Weinzentrum im großen Stil für die Würzburger Bürger, für regionale und überregionale anreisende Weinliebhaber zu schaffen – gibt es für die sicher enorme Investition und das dann neue kulturelle Angebot seitens der Stadt irgendeine Unterstützung?

R.HALLER: Also, wenn Sie eine finanzielle Unterstützung meinen, die wird es nicht geben, denn es ist ja kein Stiftungszweck gegeben, sondern es ist ein reines wirtschaftliches Projekt. Andererseits haben wir aber auch keine unüberwindbaren Hürden zu nehmen. In unserer Stiftung ist der Oberbürgermeister der Stadt Würzburg unser oberster Dienstherr und es sind auch Stadträte im Rat der Stiftung, somit haben wir beste Verbindungen zur Stadt. Letztendlich wird deswegen aber auch nichts anderes entschieden - nur haben wir natürlich viel Wohlwollen für unser Projekt erhalten. Und bei der Entscheidung des Stiftungsrates, dieses Projekt zu tragen, haben natürlich auch die Stadtratsmitglieder und Bürgermeister mit entschieden. Sie tragen also das Projekt mit, wie ebenfalls auch die Bürger unserer Stadt. Denn gerade von den Bürgern wird das Bürgerspital als Weingut Würzburgs wahrgenommen und angesehen, worauf wir sehr stolz sind und was uns auch hoffen lässt, dass unser neues Weinhaus von den Bürgern rege genutzt wird.

YOOPRESS: Wer stemmt denn die Finanzierung dieses Projektes - das Weingut, die Stiftung oder beide?

R.HALLER: Also die Finanzierung übernimmt klar die Stiftung. Aber letztendlich muss das Weingut Bürgerspital als Wirtschaftsbetrieb der Stiftung das Projekt und natürlich die Investition rechtfertigen und letztlich erarbeiten. Wir müssen also zusehen, dass wir mit den Einnahmen die Investition wieder abdecken und wir mit dem Umsatz auch die Kosten tragen können. Also die Stiftung hat uns die Gelder genehmigt und zu Verfügung gestellt, aber in letzter Verantwortung sehe ich mich, wobei ich mir natürlich überlegt habe, wie ich das mit meinem Team jetzt und auf Dauer realisieren kann.

YOOPRESS: Wann wurde eigentlich die Idee geboren ein neues Weinhaus zu erschaffen?

R.HALLER: Die Idee entstand vor einem guten Jahr. Einerseits sahen wir die nötigen Renovierungsarbeiten unserer Verkaufsräume, andererseits haben wir eine sehr gute Beratung durch die LWG (Anmerkung der Red.: Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbau Veitshöchheim), insbesondere durch Herrn Dr. Kolesch erfahren. Dies war noch zur Zeit, als meine Kollegin Frau Sonja Höferlin bei uns war. Es gab also im Frühjahr 2010 ein Treffen mit der zuständigen Architektin, die sich mit Herrn Kolesch und unserem Team besprach. Wir loteten damals erste Möglichkeiten aus und besprachen das Grundkonzept. Darauf begründet konzentrierte sich sehr schnell der Plan den Verkauf, die Vinothek und die Eventräume zusammen zu legen.

YOOPRESS: Und wie stießen Sie auf die Räumlichkeiten der Reha-Klinik?

R.HALLER: Wie das so ist, auf das nahe liegende kommt man nicht so schnell. Denn die Räumlichkeiten, die uns nun die Reha-Klinik zu Verfügung stellt, wurden bisher als deren Verwaltungsräume genutzt. Und der Leiter der Reha-Klinik, Dr. Rückert, sagte zuerst und natürlich zu Recht - Moment, ich brauche diese Räumlichkeiten für unsere administrativen Abläufe, wo sollen wir uns sonst darstellen. Also wurde die Idee der Nutzung dieser Räume erst mal wieder ad acta gelegt. Dann im Sommer 2010 haben wir erneut über diese Räume diskutiert, weil es einfach klar wurde, das wir innerhalb des Bürgerspitals nur eine kleine Lösung hätten umsetzen können und das wollten wir auch nicht, weil wir dann immer noch zwei Stationen gehabt hätten, also Verkauf und Vinothek getrennt, und wir hätten personell auch keine Synergien erreichen können.

YOOPRESS: Ok..., also sind Sie wieder auf den Leiter der Reha-Klinik Dr. Rückert zugegangen und haben ihn um seine Verwaltungsräume gebeten, oder?

R.HALLER: So ähnlich. Also nachdem meine Kollegin Frau Höferlin uns dann im Sommer 2010 verlassen hatte, ich ab dann allein hier im Bürgerspital verantwortlich war, trat eine glückliche Fügung ein. Der Leiter der Reha-Klinik Dr. Rückert und der Chefarzt Dr. Schwab hatten zwar viel Wehmut bei dem Gedanken, ihre Räumlichkeiten abzugeben, andererseits hatten beide aber auch intensiv über unser Problem der Neugestaltung und Neuausrichtung nachgedacht und fingen an unsere Nöte zu verstehen. Sie waren also bereit, uns die Räumlichkeiten zu überlassen und selbst innerhalb der Reha-Klinik zusammen zu rücken. Und das war dann im August 2010 der unverhoffte Startschuss für das neue Weinhaus-Projekt.

YOOPRESS: Wir haben jetzt Frühsommer 2011 und das Projekt steht kurz vor den Umbaumaßnahmen. Wie haben Sie das so schnell schaffen können.

R.HALLER: Alles ging dann sehr schnell. Wir haben im August 2010 einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Im Oktober 2010 kam dann die Zustimmung des Stiftungsrates und im Dezember haben wir das Projekt schon in den Haushalt 2011 einbezogen. Und wenn Sie bedenken, dass wir im Oktober 2011 einziehen wollen, so haben wir vom Beschluss im Stiftungsrat genau ein Jahr benötigt, um das Projekt bis zur Eröffnung durchzuziehen.

YOOPRESS: Kompliment!

R.HALLER: Danke. Also es gab natürlich Stimmen wie: ...das ist nicht zu schaffen. Aber unser Konzept war stimmig und überzeugte auf ganzer Linie. Und es war eine Teamarbeit, angefangen vom Verständnis des Stiftungsrates über unseren ganzen Mitarbeiterstamm bis hin zum Verständnis und Entgegenkommen der Verantwortlichen der Reha-Klinik. Ich bin natürlich allen Mitwirkenden, dem Stiftungsrat, meinen Mitarbeitern und dem Team von der Reha-Klinik sehr dankbar.

YOOPRESS: Und wann starten die Umbaumaßnahmen?

R.HALLER: Jetzt bald Anfang Juli, direkt nach dem Hofschoppenfest der Weinstube geht es los. Wir werden rund vier Monate benötigen, bis wir einziehen können. Ziel ist es möglichst Ende Oktober das Weinhaus zu eröffnen.

YOOPRESS: Wie viel Fläche wird dann für ihr neues Weinhaus, nennen wir es mal Wein-Genusszentrum, aufweisen?

R.HALLER: Rund 270 Quadratmeter stehen uns zu Verfügung. Ohne den Außenbereich mit zwei Terrassen vor den Arkaden wird es drinnen ca. 55 Sitzplätze geben. Dazu natürlich noch Stehtische, Theken und Verkostungsstellen, sodass natürlich mehr Personen sich im Weinhaus aufhalten können.

YOOPRESS: Welchen Part übernehmen Ihre Mitarbeiter?

R.HALLER: Erst einmal haben wir für das Projekt alle Mitarbeiter eingebunden und zusammen die anstehende Veränderung und kommenden Aufgaben besprochen. Dabei haben wir auch gerne die Kreativität unserer Mitarbeiter berücksichtigt. Das war für uns keine Frage, denn wir sind zu einem sehr harmonischen Team zusammen gewachsen und das leben wir dann in Diskussionen und Arbeitsgruppen aus. Speziell eine Gruppe beschäftigte sich intensiv nur mit dem Weinhaus, begründet darauf, weil wir mittlerweile hervorragende Kompetenzen im eigenen Betrieb haben - beispielsweise können wir auf zwei ausgebildete Sommeliers zurückgreifen, was nicht gerade selbstverständlich ist.

YOOPRESS: Auf externe Kompetenzen verzichten sie gänzlich?

R.HALLER: Nein, auch die brauchen wir. Wir haben uns einen professionellen Koch als Berater mit ins Weinhaus-Team geholt, dessen Ideen wir berücksichtigen und die dann unserem Konzept den kulinarischen Feinschliff geben. Auch ein erfahrener Gastronom unterstützt unser Team mit seinem Blick von außen. Zusammen mit unseren eigenen Mitarbeitern ist dies dann praktisch die Software des Weinhaus-Projektes. Diskutiert wird über Speisen, Preise, Gläser, Ausstattungen, Materialien, über den Namen des Weinhauses, Bedienungsabläufe, Personalstruktur..., und deren Ergebnisse finden dann Einzug ins neue Weinhaus.

YOOPRESS: Mit der Einbindung Ihres Mitarbeiterstammes gepaart mit externen Beratern verfolgen Sie...

R.HALLER: ...ganz einfach das Ziel, dass unser eigenes Team das Projekt von Anfang an mitträgt, wir dadurch die Kompetenzen unserer Mitarbeiter voll mit einfließen lassen können und die neutralen Berater, also die Kompetenz von außen, uns da korrigiert, wo wir vielleicht was übersehen könnten. Und letztlich ist es so, wir sitzen zusammen, machen die Türen zu, diskutieren und dabei zählen rein nur Argumente, auch ich muss meine Wünsche mit Argumenten vortragen, es ist also nicht so, dass ich als Leiter bestimme - im Gegenteil. Mir bleibt dann letztlich die Entscheidung und Verantwortung, aber wir tragen gemeinsam das Projekt, denn mir liegt sehr viel daran, meine Mannschaft mitzunehmen.

YOOPRESS: Daraus ergeben sich welche Vorteile?

R.HALLER: Die Vorteile, dass jeder Mitarbeiter weiß, worum es geht. Wir haben dadurch nach außen einen geschlossenen Auftritt - jeder kann praktisch über jedes Detail Auskunft geben. So schaffen wir eine Einheit, das Projekt wird gelebt und das spüren dann auch unsere Gäste und Kunden.

YOOPRESS: Zum neuen Auftritt des Bürgerspitals würde sicher auch eine neue Weinkreation passen - vielleicht ein Kultwein?

R.HALLER: (lacht...) Also hat sich der Begriff auch schon rumgesprochen. Ich versuche es mal zu erklären, aber da muss ich etwas ausholen - es ist nicht sicher, ob es verbrieft ist, aber wir sind wahrscheinlich das größte Rieslingweingut in Franken. Wir haben etwa 30 Prozent Rieslinganteil, was völlig untypisch für fränkische Weingüter ist. Wenn Sie nun mal die Beiträge Ihrer Journalistenkollegen verfolgen, die seitenweise beispielsweise im Weinwisser über Rieslinge aus der Mosel oder Rheingau referieren, oder Stuart Pigott, der sich umfangreich über württembergische Rieslinge auslässt - Franken war und ist nie vertreten, Rieslinge aus Franken werden einfach nicht wahrgenommen.

YOOPRESS: Und das finden Sie nicht gerechtfertigt?

R.HALLER: Nein, keinesfalls. Wir haben gelegentlich unsere Rieslinge den von einschlägigen Weinjournalisten gelobten Gewächsen gegenübergestellt, indem wir intern mit Kollegen, mit unabhängigen Personen und mit Beratern Blindproben veranstaltet haben, wobei unter den Proben auch Kultweine zur Verkostung anstanden und dabei haben wir erstaunliche Ergebnisse erfahren. Unsere Rieslinge schnitten super ab, wurden an vorderster Front gewertet. Erstaunlich dabei waren die Kommentare, wenn noch unwissend die Weine kommentiert wurden, wenn es um unsere Weine ging so: ...das ist ganz klar ein Rheinriesling, oder: ...das ist ein Klassiker aus dem Rheingau. Also halten wir mal fest - es liegt nicht am Können oder an den Möglichkeiten und es liegt auch gar nicht so sehr an den Weinen - es liegt wohl an der Kommunikation.

YOOPRESS: Das bedeutet dann...

R.HALLER: ...das bedeutet, wir müssen daran arbeiten, dass unsere Weine nicht nur in Franken und besonders beim Riesling, wo es eine wahnsinnige Konkurrenz im eigenen Land gibt, auch in der globalen Weinszene wahrgenommen werden. Nur das ist sehr schwer, denn schauen Sie, die Rieslinge entlang des Rheins und auch in Baden-Württemberg, lassen wir mal die Mosel aus, sind ganz anders präsent.

YOOPRESS: Spüre ich da Ehrgeiz?

R.HALLER: Und ob. Wir haben den Ehrgeiz, da wir ja richtig stark mit unseren Rieslingen da stehen, auch in der oberen Liga mitzuspielen. Wir werden also an dem Top-Produkt Riesling weiter arbeiten. Dieser Prozess kann noch dauern, aber wir wollen ernst genommen werden und wir wollen an die Spitze mit unseren Rieslingen. Sicher sind wir nicht die einzigen in Franken, die beste Qualitäten mit Rieslingen erreichen, aber unser Ziel ist es zu den Besten in Deutschland aufzuschließen.

YOOPRESS: Was tut sich bei anderen Rebsorten?

R.HALLER: Neben dem Riesling liegt unser Augenmerk auch auf unseren Burgundersorten. Seit rund drei Jahren arbeiten wir an deren Stilistik wie ebenso an den Großen Gewächsen, wo in Franken noch nicht so die einheitliche Linie gefunden wurde.

YOOPRESS: Auf einen Kultwein warten wir dann noch?

R.HALLER: Also was Sie da als „Kultwein“ im Ohr haben ist in der Praxis bei uns nur ein Arbeitsname oder Projektname. Der Begriff „Kultwein“ drückt lediglich aus, dass wir den Ehrgeiz haben, ganz vorne dabei zu sein.

YOOPRESS: Herr Haller, wir sind nicht nur sicher, dass Sie Ihr „Kultweinprojekt“ realisieren können, sondern sind nun sehr gespannt auf die „kultige“ Institution ihres neuen Weinhauses. Für das ausführliche Gespräch danken wir Ihnen und wünschen Ihnen besten Erfolg.