"John" Nittnaus und 20 Jahre "Comondor"

17.01.2011 - R.KNOLL

ÖSTERREICH (Gols) - Die Österreicher sind sehr erfindungsreich, was die Namen für ihre Weine, insbesondere Nobel-Cuvées betrifft. Lateinische Ausdrücke sind hier Favorit, aber nicht mal Hunderassen sind ausgenommen - wenn sie gut und spannend klingen. Der seit etlichen Jahren wohl nobelste „Hund“, der in die Gläser von Genießern fließt, heißt „Comondor“ und steht sowohl für eine alte ungarische Hirtenhundrasse als auch für einen Wein von Hans und Anita Nittnaus aus Gols am Neusiedlersee im Burgenland. Vor wenigen Tagen feierte das Weingut Geburtstagsfest: 20 Jahre Comondor!

 

Der Winzer, allseits nur "John" genannt (weil er ursprünglich mal nicht Winzer, sondern Musiker werden wollte), erinnerte dabei an das Jahr 1990: "Unsere Lieblingsweingärten brachten Trauben von einer Qualität, wie wir sie bis dahin in unserem Betrieb noch nicht kannten. Im Edelgrund war ein phantastischer Cabernet Sauvignon heran gereift, im Ungerberg ein toller Blaufränkisch. Schnell stand fest, dass die beiden Weine ein Traumpaar darstellten, das anständig vermählt gehört." Der erste Comondor war geboren, kam aber so schnell noch nicht in den Verkauf. Von Anfang an ließ John seiner Cuvée Zeit: 18 bis 20 Monate in Barriques, dann noch mal ein Jahr in der Flasche.

Eine der beiden letzten Flaschen seines Erstlings entkorkte Nittnaus beim Geburtstagsfest. Es war immer noch ein komplexer, straffer, fast jugendlich anmutender Wein, dem pfeffrigen 1991er sehr ähnlich. Zwei Jahrgänge ließ der Golser aus: 1995 und 1996 war die Traubenqualität nicht gut genug, um einen vorzeigbaren Comondor zu erzeugen. In späteren Jahren nach 2003 wurde der Cabernet durch Merlot und Zweigelt ersetzt. Nur Blaufränkisch blieb stets im Spiel. Zwischendrin durfte auch mal Syrah mitmischen und bei prachtvollen Jahrgängen wie 2000 und 1997 einen Beitrag zur würzigen Struktur geben.

Nittnaus prägte nie einen Einheitsstil. So präsentierte sich der 2003er etwas breitschultrig (obwohl die 13,5 Grad Alkohol der Gipfel in 20 Comodor-Jahren waren), der Folgejahrgang 2004 zeigte viel feingliedrige Facetten und wirkte enorm geschmeidig. Der allmählich im Verkauf auslaufende 2006 imponierte mit feiner Frucht und duftete nach Kräutern und Bitterschokolade. Der 2007er, gerade erst auf den Markt gekommen, kitzelte die Nase mit Kräutern und Sauerkirsche und wirkte auf der Zunge ungemein vielschichtig, wird aber seine Bestform erst in einigen Jahren erreichen. Zusammen setzt er sich aus 55 Prozent Merlot, 20 Prozent Zweigelt und 25 Prozent Blaufränkisch.

Von dieser Sorte, die Nittnaus 1985 gegen den damaligen Trend setzte ("in diese Region passen keine Rotweine", urteilten österreichische Medien), hat er eine besonders hohe Meinung. In Jois im dortigen Tannenberg steht der Blaufränker auf viel Muschelkalk und Schiefer und bekommt dadurch eine spannende mineralische Note, die an einen großen Pinot Noir erinnert. Der Wein ("wohl mein Bester", schätzt ihn Nittnaus ein) kostet mit 49 Euro auch gut doppelt soviel wie der Comondor. Aber er hat kein Problem, die 2000 Flaschen abzusetzen. Nittnaus prophezeit dem Blaufränkisch eine große internationale Karriere. "Wenn sich die Winzer in der Bourgogne näher mit dieser Sorte befassen, schwören sie dem Pinot ab", meint er keck.

"John" ist eben ein Querdenker und Visionär. Er hat schon versucht, aus dem Grünen Veltliner bedeutende Weine zu machen. Wissen muss man dazu, dass die Sorte zwar die wichtigste Weißweinrebe im Burgenland ist, aber nur selten eigenständig ausgebaut wert, weil die Wertschätzung gering ist und sie zu selten auf idealen Böden steht. Der Nittnaus-Veltliner war richtig gut, aber zu schwer verkäuflich. Vor Jahren gab es ein Experiment mit dem „Blauer Wildbacher“ aus der Steiermark, das sich gut anließ. Aber im warmen Seeklima zeigte die Sorte eine ausgeprägte Neigung für Botrytis, so dass sich auf Dauer kein bedeutender Rotwein erzeugen ließ. Inzwischen ist die heimlich gepflanzte und eigentlich nicht zulässig gewesene Versuchsanlage ausgehackt.

Bei der Vereinigung "Pannobile", die 1990 in Gols ins Leben gerufen wurde und der heute neun Betriebe angehören, war Nittnaus der Vordenker. Ihre Zielsetzung war es, Weiß- und Rotweine aus traditionellen österreichischen Sorten mit burgundischen Dimensionen zu erzeugen. Auch die Vereinigung "Leithaberg", die in einem Gebiet Nähe Eisenstadt mit viel mineralischem Untergrund vor Jahren aktiv geworden ist, profitierte von der Tatkraft des burgenländischen Winzer-Urgesteins. Inzwischen ist daraus sogar eine weinrechtlich fest umrissene DAC-Region geworden, in der über 60 Betriebe nach strengen Kriterien eines regionalen Komitees Weiß- und Rotweine mit eigenständigem Profil erzeugen.

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