Churfranken, Jungwinzer, Frost: Benedikt Baltes schafft das!

06.05.2011 - arthur.wirtzfeld

DEUTSCHLAND (Klingenberg am Main) - „Jungwinzer übernimmt Weingut Stadt Klingenberg“ (wir berichteten) - erst mal eine gewagte Aktion. Zum langwierigen Procedere kam dann der schwierige Jahrgang 2010 – unwirkliche Witterung, dadurch extreme Bedingungen, wenig Menge. Aber trotz all dieser Hürden hat Benedikt Baltes seinen ersten Jahrgang mit Bravour gemeistert. Und was ich schon nach den Fassproben bestätigen kann - Baltes ist seinem Anspruch gerecht geworden. Und nun das: Noch am Dienstag Abend, wir hatten eine gemeinsamen Weinprobe, meint Baltes beim Abschied: „Heute Nacht brauchen wir etwas Glück - wenn der Himmel klar bleibt kann es frisch werden und dann sind Frostschäden wahrscheinlich.“

 

Am anderen Tag war Baltes niedergeschlagen: „Rund 2,5 Hektar Rebflächen sind erfroren“, sagte er traurig am Telefon. „Gut, ich darf mich nicht beschweren - es gibt Winzer, denen sind 5 oder sogar 10 Hektar komplett erfroren. Es gehört nun mal dazu, aber man braucht das als Winzer so wenig wie Bauchschmerzen - trotzdem müssen wir jetzt ran und das Beste daraus machen. Also Kopf hoch und weiter, es nützt ja nichts“, sagt Baltes sich selbst Mut machend.

Wir wollten natürlich mehr wissen und aus einem kurzen Nachfragen per Telefon wurde ein Interview. Wir befragten also Benedikt Baltes nach seinen Eindrücken:

YOOPRESS: Herr Baltes, wie ist denn die Situation in Churfranken?

B.BALTES: Na ja, teils ist es schon Ernst, ich möchte jetzt keine Lagen aufzählen, es sind aber zum Teil für unsere Verhältnisse hier große Flächen nahezu zu 100 Prozent erfroren. Im Weingut Stadt Klingenberg sind etwa 20 - 25 Prozent der Fläche so stark geschädigt, dass an eine Ernte nicht mehr zu denken ist. Ansonsten gibt es eher stellenweise kleinere Erfrierungen, die sich aber über den Witterungsverlauf vermutlich durch den verstärkten Wuchs der verbleibenden Triebe einigermaßen ausgleichen werden.

YOOPRESS: Und wo sind bei Ihren Anlagen die Schäden aufgetreten?

B.BALTES: Die stärksten Schäden haben wir in der Gemarkung Großheubacher Bischofsberg. Hier hat sich die - 4 °C kalte Luft bis auf 1,80 Meter gestaut, sodass sogar die Frostruten, die wir vorsorglich haben stehen lassen, zum Großteil erfroren sind. Am besten stehen noch die Terrassensteillagen im Klingenberger Schlossberg da.

YOOPRESS: Wieso das?

B.BALTES: Dies begründet sich besonders in den dortigen Böden. Die Buntsandsteinböden und vor allem die Mauern der Terrassensteillagen im Schlossberg erwärmen sich tagsüber sehr stark und können die Wärme dann nachts wieder abgeben. Zudem kann die kalte Luft in den Steillagen nach unten abfließen und staut sich somit auch nicht so weit auf. Daraus folgt, dass Fröste den Reben nicht so schnell gefährlich werden können. Hier zeigen sich ganz deutlich wieder die Stärken der kleinklimatischen Verhältnisse in solchen Lagen und belegen, warum diese seit jeher als besonders gelten.

YOOPRESS: Und was geschieht mit den nun zerstörten Lagen?

B.BALTES: Es ist kein Geheimnis, dass ich eine Leidenschaft für Spätburgunder habe und ich mich auch weiter in diese Richtung entwickeln möchte. Da ein Großteil der Fläche, die uns kaputt gegangen ist, mit Portugieser bestockt ist, werden wir die Weinberge noch in diesem Jahr roden und auf der Fläche Spätburgunder pflanzen. Dies wird ein ziemlicher Kraftakt werden, doch es ist eine Möglichkeit, auch einem solchem Ereignis etwas Positives abzuverlangen.

YOOPRESS: In 2011 vinifizierten Sie Ihren zweiten Jahrgang. Aber schon in 2010 mussten Sie zum Neustart mit dem Weingut Stadt Klingenberg mit einem reduzierten Jahrgang umgehen. Und jetzt schon wieder. Wie reagieren Sie darauf?

B.BALTES: Als Rotweinbetrieb bin ich glücklicherweise in der Lage dem Problem vorausschauend entgegen zu treten, auch insbesondere deswegen, weil der Rotwein des Jahrgangs 2009 zum Teil ja noch in den Fässern reift. Wir wollen aber nicht die Erträge je Hektar erhöhen, sondern wie in 2010 den Focus rein auf die Qualität legen, um uns auch in solchen Jahren zu beweisen. Zum Glück konnte ich Anfang des Jahres noch rund 2 Hektar Spätburgunder mit alten Reben hinzupachten, sodass ich davon ausgehe, dass wir natürlich den Gürtel etwas enger schnallen müssen aber nicht in Panik geraten müssen - wir werden bei unserer Linie bleiben.

YOOPRESS: Zum Schluss mal was Erfreuliches - Ihre Fassproben des 2010er Jahrgangs haben uns mit ihrer Kraft und Frucht angenehm überrascht - Dafür ein dickes Kompliment. Beschreiben Sie uns doch mal Ihren ersten Jahrgang aus eigener Sicht.

B.BALTES: Vielen Dank erstmal. Also 2010 war kein einfaches Jahr. Wir haben viele Weinberge bis zu 3 mal vorgelesen und oft bei der Lese zwei Eimer benutzt, um nochmals die optisch vielversprechendsten kleinbeerigen Trauben auszuselektieren. Wir haben versucht weitestgehend auf eine Entsäuerung mit Kalk zu verzichten und stattdessen bei den Weißen mit langen Maischestandzeiten und biologischem SA (Anm. Säureabbau) gearbeitet.

YOOPRESS: Und was zeichnet die Weine aus?

B.BALTES: Der Jahrgang 2010 hat sehr viel Charakter, bedingt auch durch die lange Vegetationszeit und die starken Niederschläge, haben die Weine eine sehr hohe Mineralstofflast und viel komplexe Frucht. Der Alkoholgehalt ist moderat und auch bei den Spätburgundern die Ende Oktober reif gelesen wurden waren die Gerbstoffe optimal, was wiederum lange Maischestandzeiten möglich machte. Die Säure ist bei den großen Burgundern eher der Lagerfähigkeit dienlich, sie gibt den Weinen Spannung und wirkt nicht störend, wie man dies bei den hohen Ausgangswerten hätte vermuten können.

YOOPRESS: Und die Qualität ist...?

B.BALTES: Ich würde den Jahrgang von der Qualität der Weine her gesehen als sehr gut bezeichnen. Vor allem gefällt mir, dass die Weine, bedingt durch extreme Witterungsbedingungen, eine deutliche Handschrift des Jahrgangs tragen und die 2010er Weine sich hier mit Tiefe, Frucht, Eleganz und Komplexität von Ihrer für mich spannendsten Seite zeigen...

YOOPRESS: ...und zu probieren gibt es Benedikt Baltes ersten Jahrgang am kommenden Sonntag, 8. Mai bei der Präsentation des Fränkischen VDP im Lichthof der Universität Würzburg "Summa cum laude - Spitzenweine in der Universität" und dann bei der Jahrgangspräsentation des VDP Weinguts Stadt Klingenberg am 28. Und 29. Mai