Die weißen Großen Gewächse 2009 - Zu niedrige Hürden?

03.09.2010 - R.KNOLL-EM R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Berlin) - Seit einigen Jahren bittet der Verband der Prädikatsweingüter (VDP) vor der ersten offiziellen Präsentation der Großen Gewächse in Berlin die Fachwelt zu einer umfassenden Verkostung nach Wiesbaden. Über 350 Weine konnten hier an zwei Tagen probiert werden, mit einem großen logistischen Aufwand im Hintergrund. Einmal mehr wurde deutlich, dass es auch „kleine Gewächse“ schaffen, die nicht immer sehr hohen regionalen Hürden zu überwinden. Aber es gab auch eine Reihe positiver Erkenntnisse. Gehen wir nach den Gebieten vor und konzentrieren wir uns nur auf die Weißweine des Jahrgangs 2009.

 

MOSEL - Dass der VDP diesen Teil mit Mosel-Saar-Ruwer überschrieben hat, lässt leicht schmunzeln. Denn seit geraumer Zeit gibt es nur mehr ein Anbaugebiet Mosel, die beiden Flussnamen sind weinrechtlich unter den Tisch gefallen (obwohl das den Winzern an Saar und Ruwer nicht gefällt). Probiert werden konnten nur wenige Highlights vom Karthäuserhof, Clemens Busch (Marienburg) und Grans-Fassian (Laurentiuslay). Im Gebiet gibt es, nicht recht einleuchtend für Konsumenten, für Weine oberhalb der Trocken-Grenze, die Bezeichnung „Erste Lage“ (die aber außerdem der Dachbegriff für alle Gewächse ist). Van Volxem (Goldberg, Scharzhofberger) und Heymann-Löwenstein (Kirchberg, Röttgen) mit jeweils zwei Weinen überzeugten.

MITTELRHEIN - Mal abgesehen von einem guten Gewächs von Matthias Müller kein richtig ansehnlicher Wein. Im kleinen Anbaugebiet tut man sich mit solchen Kollektionen keinen Gefallen.

RHEINGAU - Das alte Problem: Im Rheingau gibt es ein gesetzlich legitimes Erstes Gewächs; die Zuerkennung erfolgt durch ein Komitee des Weinbauverbandes, das einmal mehr zu viel Toleranz walten ließ. Etliche Weine haben zwar das Niveau netter Spätlesen, aber auch nicht mehr. Manche liegen im Niveau darunter. Bekannte Namen wie Schloss Schönborn, Kesseler, Johannishof, Weil, Künstler zeigen, dass es anders geht. Den Vogel schoss wohl Schloss Johannisberg ab (eines der besten Gewächse des Jahrgangs überhaupt in Deutschland). Interessant unter den Außenseitern, die nicht dem VDP angehören, aber dennoch mit Gewächs-Lagen begütert sind: W. J. Schäfer in Hochheim, Heinz Nikolai, George – Wagenitz in Rüdesheim und Laquai in Lorch sowie das zweite Johannisberger Gut G. H. von Mumm. Probiert werden konnten diese Weine separat vom VDP bei einer Veranstaltung des Rheingauer Weinbauverbandes, ebenfalls in Wiesbaden.

NAHE - Durchgängig sehr stimmig, nur die Weine von Prinz Salm, dem Ehrenpräsidenten des VDP, rissen nicht vom Hocker. Dönnhoff, Schäfer-Fröhlich, Emrich-Schönleber, Crusius und Diel trumpften mit Rieslingweinen auf, die teilweise Weltklasse darstellen. Der Nahe-Vorsitzende Armin Diel hat offenbar seine Truppe im Griff.

RHEINHESSEN - Wenig auszusetzen gab es an der rheinhessischen Kollektion. Hier machte sich positiv bemerkbar, dass einige Mitglieder, die eher Mitläufer sind, keine Gewächse aufbieten. Besonders gut in Form waren Wittmann, Wagner-Stempel, Kühling-Gillot, Battenfeld-Spanier und auch Gutzler. Keller hatte lediglich einen einzigen Wein nach Wiesbaden geschickt (Kirchspiel), der gut war. Aber die besseren Gewächse bis hin zu traumhaften Morstein und Abtserde konnte man nur vor Ort in Flörsheim-Dalsheim verkosten.

PFALZ - Auch die Pfalz ließ die Muskeln spielen und sorgte nur für wenig Enttäuschungen (Winning, vormals Dr. Deinhard in Deidesheim gehörte etwas überraschend dazu; Karl Schaefer ist seit einigen Jahren nicht in Bestform). Von Bürklin-Wolf, im Vorjahr ein Überflieger, hätte man etwas mehr erwarten können. Auf gewohnt hohem Niveau befanden sich Christmann (der Präsident des Gesamt-VDP), Mosbacher, Müller-Catoir, Bassermann-Jordan, Fuhrmann-Eymael, Knipser und Kuhn sowie Münzberg (mit Weißburgunder). Der wohl beste Wein von allen Pfälzern kam aus dem Keller von Rebholz (Riesling „Ganz Horn“ Im Sonnenschein).

FRANKEN - Die bayerischen Winzer hatten sich in 2009 selbst ein ausgezeichnetes Zeugnis ausgestellt. Das Juliusspital legte ebenso zu wie der in den Jahren zuvor schwächelnde Staatliche Hofkeller . Auch Wirsching, Castell, Am Stein-Ludwig Knoll, Fürst, Fröhlich, Horst Sauer, Bürgerspital, Löwenstein, Schmitt’s Kinder zeigten gleichmäßig erfreuliches Niveau mit Riesling und Silvaner. Man schmeckte förmlich, dass der Silvaner in 2009 350-jähriges Jubiläum hatte – offenbar strengten sich die Winzer mit ihrer Lieblingssorte besonders an. Ein Problemfall ist seit Jahren das Volkacher Weingut Zur Schwane.

BADEN - Nur der Riesling von Heger und Schloss Neuweier konnte mit Recht die Bezeichnung Großes Gewächs tragen. Bei Weiß- und Grauburgunder sah die Bilanz schon etwas besser aus (Salwey, Stadt Lahr gesellten sich noch zur Spitze hinzu). Ansonsten eher durchwachsen und nicht gerade brillant, Blankenhorn sogar enttäuschend.

WÜRTTEMBERG - Vor einigen Jahren musste man überwiegend die Daumen senken bei den angeblich Großen Gewächsen vom Riesling aus Württemberg. Inzwischen ist auf breiter Front deutliche Besserung eingekehrt. Aldinger und Schnaitmann liegen an der Spitze, gefolgt von Haidle, Wöhrwag und Jürgen Ellwanger. Der beste von allen: Aldingers Riesling aus der Flur Gips.

SACHSEN - Nachdem Neumitglied Zimmerling nicht dabei war, lag die Last der Verantwortung auf Schloss Proschwitz. Sie wurde gut getragen mit einem feinen Weißburgunder.

SAALE-UNSTRUT - Auch hier nur einer von zwei VDP-Betrieben dabei, nämlich Pawis. Das aber mit einem Weißburgunder, der sich auf Augenhöhe mit den Topweinen aus Baden befand.

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