11. Riesling-Wettbewerb: Fulda und die Spätlese

01.09.2010 - RK.YOOPRESS-EM R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Fulda) - Erstes Gewächs und Großes Gewächs, GG, Selection, Classic, Reserve, S, R und RR oder gar RRR, Sternchen auf dem Etikett – die Flut neuer Bezeichnungen, die Qualität symbolisieren sollen, macht aus den meisten Weinkonsumenten Fragezeichen. Sie orientieren sich lieber an klassischen Begriffen, obwohl die auch nicht immer das halten, was sie versprechen.

 

So sollten zum Beispiel manche Eisweine, die billig im Supermarktregal stehen, eigentlich überhaupt keine Prüfnummer bekommen, weil die fauligen Noten im Aroma deutlich machen, dass das Traubenmaterial bei der Ernte längst nicht mehr gesund war. Und beim Prädikat Kabinett ist nicht unbedingt, wie einst eigentlich vorgesehen, ein Leichtwein zu erwarten. Manche Kabinettweine bringen 14 „Volt“ auf die Alkoholwaage.

Eine gewisse Sicherheit hat man noch bei der Spätlese, die freilich nicht mehr, wie früher, einer Ernte nach der Normallese entspringen muss. Die Stadt Fulda widmet dieser Bezeichnung seit dem Jahr 2000 einen eigenen Wettbewerb um den „Spätlesereiter-Pokal“. Hintergrund ist eine besondere Beziehung der hessischen Kommune zu Schloss Johannisberg im Rheingau. Im 18. Jahrhundert war das Schloss noch ein Kloster, das zum Bistum Fulda gehörte. Seinerzeit war es Usus, dass der Bischof von Fulda das Startsignal zur Ernte gab. Dafür wurde ihm von einem reitenden Boten eine Traubenprobe überbracht. Fand der Bischof, die nötige Reife sei vorhanden, konnten die Mönche mit der Lese beginnen.

Anno 1775 verspätete sich der Bote aus unerfindlichen Gründen. Während überall im Rheingau abgeerntet wurde, wagten sich die obrigkeitshörigen Mönche nicht in die Reben, wo die Trauben einschrumpften und von einem Pilz befallen wurden. Als der Reiter endlich eintraf, ließ man zwar alle Hoffnung auf trinkbaren Wein sausen. Aber geerntet wurde dennoch, obwohl die Menge gering war. Als ein paar Monate später ein Kellermeister die erste Kostprobe vornahm, staunte er und urteilte ehrfürchtig, einen solchen Wein habe er noch nie in den Mund gebracht.Es war vermutlich nach heutigem Standard eine Beeren- oder Trockenbeerenauslese. Aber damals sprach man von einer späten Lese, die mit der Zeit systematisiert wurde.

Seit dem Weingesetz von 1971 gibt es den offiziellen Begriff Spätlese, für den – unterschiedlich nach Sorten und Regionen – ein Mindestmostgewicht gilt. Was eigentlich fehlt, ist eine Obergrenze. Denn etliche Betriebe stufen mittlerweile Auslesen zur Spätlese ab, um damit besonders prunken zu können. So war es auch wieder beim inzwischen 11. Wettbewerb um den Spätlesereiter-Pokal von Fulda, für den über 250 Rieslingweine aus deutschen Landen (alle Jahrgang 2009) angestellt wurden, und dazu noch gut zwei Dutzend reife Gewächse ab 2004 rückwärts.

Zwei Tage lang verkostete eine Fachjury mit Experten aus dem Handel, der Winzerschaft und den Medien die Riesling-Spätlesen in verschiedenen Kategorien (trocken, halbtrocken/feinherb und fruchtig).

In der am stärksten besetzten Trocken-Gruppe (123 Weine) gab es eine Überraschung. Die höchste Bewertung bekam ein Sommeracher Katzenkopf vom fränkischen Weingut Max Müller aus Volkach. Auf dem 2. Rang lief ein Weinolsheimer Kehr vom Weingut Manz aus Weinolsheim (Rheinhessen) ein.

Bei den halbtrockenen und feinherben Weinen gefiel den Juroren eine feinherbe Bernkasteler Badstube von Geheimrat Wegeler aus Bernkastel (Mosel) am besten. Dicht dahinter lag ein halbtrockener Mittelheimer St. Nikolaus von F.B. Schönleber aus Oestrich-Winkel (Rheingau).

Bei den fruchtigen Weinen siegte mit dem Weingut Robert Weil aus Kiedrich ein namhafter Rheingauer, der Wein stammte aus der Lage Kiedricher Turmberg. Zweiter wurde ein Gewächs vom Mittelrhein: Schloss Fürstenberg vom Weingut Weingart aus Spay.

Bei den reifen Weinen wurde ein immer noch jugendlicher 2004er Schloss Johannisberger Grünlack (Spätlese) von der Domäne Schloss Johannisberg als Bester eingestuft. Er stellte das Reifepotenzial einer feinen Riesling Spätlese perfekt unter Beweis.

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