Joel Payne: Rücktritt von Diel eine ehrenhafte Entscheidung
14.07.2009 - R.KNOLL
DEUTSCHLAND (München) - Sie galten fast 20 Jahre als siamesische Zwillinge in der Weinszene, Armin Diel und Joel Payne, und haben gemeinsam den Wein-Gault Millau zu einer Institution gemacht, die für die deutsche Winzerschaft sehr wichtig wurde - wenngleich so mancher der hier vertretenen Erzeuger nicht glücklich damit war, was über ihn geurteilt wurde. Sogar viel gelobte Top-Winzer zählten dazu, wie sich aktuell zeigte, als der herausgebende Christian-Verlag einen freiwilligen Unkostenbeitrag erbat.
Kritisiert wurde vor allem die Doppelrolle von Armin Diel als Winzer und Weinkritiker. Er nahm sich die öffentliche Attacke von 14 Weinproduzenten so zu Herzen, dass er - wie berichtet - als Chefredakteur zurück trat. Denn er befürchtete, dass der Weinführer Schaden erleiden würde, wenn er weiter im Amt verbleibt. Sein langjähriger Partner Joel Payne macht allein weiter.
Rudolf Knoll, als Weinjournalist noch länger im Geschäft als Diel und Payne, kennt beide seit vielen Jahren, hat mit ihnen unzählige Verkostungen auch für den Gault Millau absolviert und gelegentlich Streitgespräche geführt. Hier ein normales Gespräch.
Rudolf Knoll: Wie viele Jahr kennst Du Armin Diel? Wie habt Ihr Euch überhaupt kennen gelernt?
Joel Payne: Wir haben uns im Restaurant Gala in Aachen Mitte der 80er Jahre kennengelernt. Ich war dort Sommelier, er machte mit drei weiteren Winzern eine Präsentation. 1989 haben wir dann erstmals im Wirtschaftsmagazin Capital gemeinsam Artikel veröffentlicht.
Rudolf Knoll: Warst Du sehr überrascht von der Entscheidung von Armin oder war das abzusehen?
Joel Payne: Ich war absolut überrascht. Kurz vorher war ich noch bei ihm, zum Abschied haben wir ein Glas Champagner getrunken. Er zeigte sich zwar von der Entwicklung getroffen, aber von einem Rücktritt war nicht die Rede. Doch ich kann seine Entscheidung im Nachhinein verstehen, sie war ehrenhaft im Sinne des VDP, des Gault Millau und nicht zuletzt seiner Familie, die unter den öffentlichen Diskussionen ebenfalls zu leiden hatte und hat.
Rudolf Knoll: Wie ist denn die Reaktion aus der Weinszene von anderen Betrieben?
Joel Payne: Das werden wir noch sehen. Es gibt welche, die Unverständnis über ihre Kollegen äußern. Manche Winzer, die mir auch persönlich gesagt haben, dass ihre Kritik allein auf Armin gerichtet war, behaupten heute, dass sie gar nicht auf seinen Rücktritt abzielten. Aber alle betrachten seine Entscheidung mit großem Respekt.
Rudolf Knoll: Auch Dir hat man gelegentlich, als Du noch im Weinhandel tätig warst, den Vorwurf gemacht, nicht neutral zu sein. Wie bist Du mit dieser Kritik umgegangen?
Joel Payne: Als ich im Handel tätig war, hat mich am meisten der Vorwurf von Winzern getroffen, die wir im Programm hatten. Sie meinten, ich würde sie bewusst klein halten, damit nicht der Verdacht entsteht, ich würde sie bevorzugen. Die Sache ist allerdings nicht ganz vergleichbar mit der Situation von Armin. Er urteilte öffentlich als Winzer über Kollegen, aber immer gerecht, wie ich meine.
Rudolf Knoll: In der Branche bezeichnet man Dich und Armin gelegentlich als siamesische Zwillinge. Werdet Ihr auf anderer Ebene als Autoren weiter zusammen arbeiten?
Joel Payne: Ich hoffe es wohl, aber eher dann über ausländische Weine, mehr mit Berichten als mit Punkten.
Rudolf Knoll: Wie willst Du mit den Abtrünnigen umgehen? Gibt es da schon konkrete Vorstellungen: raus lassen, nur erwähnen, Weine auf anderem Weg beschaffen?
Joel Payne: Ich hoffe, dass sich die Wogen glätten und alle Winzer ihre Weine anstellen.
Rudolf Knoll: In welchem Jahr erschien der Wein Gault Millau erstmals in Deutschland und wie viel Betriebe wurden hier bewertet?
Joel Payne: Der erste Führer erschien Ende 1993 als Gault Millau 1994 mit einer Präsentation der 1992er Weissweine. Damals nahmen wir rund 300 Betriebe unter die Lupe und stellten 263 Erzeuger vor.
Rudolf Knoll: Wie viele werden es voraussichtlich in der kommenden Ausgabe sein?
Joel Payne: Ganz exakt lässt sich das nicht sagen, weil die Regionalverantwortlichen teilweise sehr eigenständig ordern. Ich gehe davon aus, dass wir die Weine von etwa tausend Betrieben verkosten. Davon kommen dann vielleicht 500 in Wort und Bild. Weitere 250 werden dazu als empfehlenswert kurz dargestellt.
Rudolf Knoll: Ist so ein Projekt wie der Gault Millau auf Dauer allein zu stemmen oder bist Du auf Partnerschau?
Joel Payne: Vorerst bleibe ich allein Chefredakteur. Die Belastung halte ich in diesem Jahr gut aus. Alles Weitere ist Sache des Verlegers, mit dem ich noch über die längerfristige Zukunft sprechen werde. Die ersten Jahre habe ich mit Armin die Verkostungen allein gestemmt, so etwas wäre heute nicht mehr möglich. Wir haben deshalb schon vor Jahren eine tolle Mannschaft aufgebaut, ohne die ein seriöser Weinführer nicht denkbar wäre.
Rudolf Knoll: Hier ein normales Gespräch mit dem im Amt verbliebenen, jetzt alleinigen Chefredakteur Joel Payne.