Whisky
Das Wasser des Lebens
Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 4. Dezember 2019
DEUTSCHLAND (Würzburg) – Die Herstellung von Whisky hat sich längst über die ganze Welt verbreitet. Aber wenn es um die Feinsten und auch Seltensten seiner Art geht, dann gehören Whiskys aus Schottland und ebenfalls aus Japan zu den bevorzugten mittels Destillation aus natürlicher Getreidemaische und im Holzfass gereifter Spirituosen. Diese beiden Nationen haben lange, komplexe Geschichten und Traditionen, wenn es um die Produktion des „Wassers des Lebens“ geht. Bevor wir die Spitze der Protagonisten betrachten, schauen wir uns die Herstellung etwas genauer an, denn der Produktions- und Reifeprozess gehört zur Erziehung eines guten Whiskys.
Von der Stammwürze zum Spirit
„Drei Dinge braucht der Mann“, diese Aussage ist ein humorvoll vorgetragenes Narrativ der beliebten Comicfigur und Wikingerhelden „Hagär der Schreckliche" und so ist es auch beim Whisky. Bei der Herstellung des Destillats sind drei Hauptbestandteile beteiligt: Wasser, Getreide und Hefe. Von ihren Anfängen als süße, herb-würzige Flüssigkeit gehen die Rohstoffe auf eine fermentierte und schließlich eichengefärbte Reise bis sie ihre Reife erlangen. Wenn die Spirituose dann den Markt erreicht, ist sie das Labsal für ihre Liebhaber und Sammler.
Zuerst wird die Stammwürze zu einem süßen Saft vergoren, der in der Regel schon zwischen sechs bis acht Prozent Alkohol enthält. Anschließend wird die Würze zweimal destilliert – zuerst um Alkohol, Wasser und Hefe zu trennen. Das Produkt daraus, das dann schon rund 20 Prozent Alkohol aufweist, bezeichnen die Whisky-Macher als „low wine“. Danach erfolgt die zweite Destillation, die dann die wahre Magie, den reinen Geist erschafft. Auch bei der zweiten Stufe werden noch vorhandene unreine, flüchtige Verbindungen abgetrennt. Das Ergebnis, der sogenannte „new make spirit“, hat dann bis zu 65 Volumenprozent an Alkohol, ist aber immer noch nicht das holzwürzige Endprodukt.
Altern in ehrwürdiger Eiche
Was folgt, ist der wichtigste Prozessteil – das Altern. Fragt man Whisky-Kenner, so hört man unisono, dass zwischen 70 bis 80 Prozent des endgültigen Charakters eines Whiskys sich auf die Reifung in Eichenfässern zurückzuführen lässt, in denen der Alterungsprozess stattfindet. Grundlage sind traditionell gebrauchte Fässer, in denen andere Flüssigkeiten reiften, zumeist Bourbon. Aus amerikanischer Eiche hergestellt verleihen diese Ex-Bourbon-Fässer den gereiften Whiskys süße, fruchtige, karamellige, vanille- und würzige Geschmacksnoten. Auch europäische Eiche wird verwendet, vor allem Fässer aus Spanien und Portugal, in denen Sherry oder Portwein gereift war. Aufgrund der feinkörnigen, langsamer wachsenden europäischen Eiche und deren Tannin sind Whiskys, die in Ex-Sherry- oder Ex-Portwein-Fässern reiften, dunkler gefärbt und zeichnen sich durch besonders intensive Aromen aus.
Die Produzenten in Japan tun es den Schotten gleich, verwenden sowohl Fässer aus amerikanischer wie auch aus europäischer Eiche. Dennoch bevorzugen die Hersteller in Japan die heimische Eiche, namens Mizunara, zu mindest in Teilzeiten des Reifeprozesses. Das Holz der Mizunara ist unregelmäßiger und poröser als amerikanische oder europäische Eiche, was die Arbeit mit ihr erschwert. Dennoch ist der Vorteil des hohen Gehalts an Vanillin unverzichtbar, denn es verleiht dem japanischen Whisky die Feinheit seines Geschmacks, die ihn so auszeichnet und formt ihn zu einer besonderen Spirituose. Dies ist den amerikanischen und schottischen Whisky-Destillerien natürlich nicht verborgen geblieben. Einige von Ihnen experimentieren schon mit diesem seltenen und teuren Holz.
Schliff durch die Ex
Es kommt darauf an, welche Flüssigkeiten vormals in den Eichenfässern reiften, denn deren zurückgebliebene Aromen haben großen Einfluss auf den Geschmack des Whiskys. Vormals war es Tradition, ehemalige Ex-Portweinfässer oder Ex-Sherryfässer zu verwenden. Auf diese Fässer konnten die in Großbritannien ansässigen Destillerien traditionell zugreifen, weil es davon eine Menge durch die Importe von Sherry und Portwein von der iberischen Halbinsel gab. Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckten die Whiskymacher allerdings Ex-Bourbonfässer, bedingt durch die neue Weltordnung und den Einfluss der USA auf Europa, die sich fortan als Standard-Reifefass für den Whisky etablierten. Mittlerweile werden auch Ex-Weinfässer verwendet. Vor allem Barriquefässer, in denen Weine reiften, sind in Mode gekommen, weil die Konsumenten gerade darin gereifte Whiskys gerne trinken.
Was die Reifung von Whisky in Ex-Weinfässern betrifft, so sind die damit weitergegebenen Aromen erwähnenswert. Ein Chardonnay-Fass schenkt dem Whisky leichte Frische und Aromen von tropischen Früchten, ein Muskatellerfass lässt darin gereifte Whisky durch florale Noten, Süße, gepaart mit Zitrus- und Pfirsicharomen glänzen. Ein Sauternefass beschert dem Whisky in seinem Reifeprozess leichte Säure und Zitronenaromen. Reift ein Whisky im Tokajerfass, überwiegen ausgesprochene Süße, Frische und Mangoaromen. Und reift ein Whisky in Burgunder-Fässern sprechen Kenner von sehr fruchtigem Whisky, einhergehend mit leichter Süße und einer angenehmen Trockenheit im Geschmacksbild.
Macallan, der Star der Protagonisten
Will man herausragende Whiskys erwähnen, kommt man um Macallan nicht herum. Keine andere Destillerie hat die Geschichte, den Ruf und die Auszeichnungen, die die Macallan Destillerie erreicht hat. Das 1700 für Captain John Grant erbaute Easter Elchies House ist die spirituelle Heimat von The Macallan, das sich im Herzen des knapp 100 Hektar großen Macallan Anwesens in schottischen Speyside befindet. Bei Macallan werden seit jeher und auch heute einige der kleinsten Destillierapparate (Skills) verwendet, die der entstehenden Spirituose durch ausgeklügelte maximale Berührung mit dem Kupfer konzentrierte, reichhaltige und vollmundige Aromen bewahren helfen.
Die außergewöhnliche Qualität der Eichenfässer von The Macallan ist weltweit anerkannt. Die Destillerie ist in ihrer Einstellung zum Thema Holz äußerst selektiv und vertritt die Überzeugung, dass 80 Prozent des Whiskyprofils daraus entstehen. Die Whiskys, die in solchen Fässern reifen, sind bekannt für ihren von Sherrynoten betonten Charakter, ihr rundes Mundgefühl und ihre Langlebigkeit. Welche Wertigkeit die Spirituose von The Macallan bei den Whiskyliebhabern hat, sowie weitere Artikel zum Thema Whisky können Sie in mehreren meiner Artikel nachlesen – siehe „Verwandte Themen“ am Ende dieses Artikels.
Karuizawa und Suntory´s Yamazaki
Karuizawa gehört zu den seltensten Malzwhiskys, die je in Japan produziert wurden. Heute gehört Karuizawa zu den „stillen Destillerien“, so nennt die Whiskybranche Produzenten, deren Produkte zwar noch kaufbar sind, aber deren Destillerie nicht mehr existiert. Von 1956 beginnend bis zum Jahrtausendwechsel bestand die Destillerie am Fuß des Mont Asama im Zentrum der Insel Honshu, der größten Insel Japans, die auch als japanisches Kernland bezeichnet wird. Die aus torfhaltiger Gerste hergestellte Spirituose wurde aus kleinen Brennblasen gezogen und dann in Sherryfässern der Reife überlassen.
Während der Destillation eines Karuizawa-Whiskys entstehen Texturen, die dick und ölig sind und dem Whisky einen unnachahmlichen würzig-süßen Nachhall verleihen. Als die Destillerie in 2001 ihre Produktion beendete, wurden die restlichen 300 Fässer von einem Unternehmen gekauft, das die Spirituose abfüllte und fortan zur Marktreife brachte. Es sind dies die Flaschen, die heute noch vereinzelt zumeist auf Versteigerungen zu erwerben sind. Obwohl das Angebot der Karuizawa-Whiskys immer knapper wird, und schon damit die Flaschen auf Auktionen hohe Preise erzielen, schätzen Sammler auf der ganzen Welt vor allem die Qualität dieser Spirituose.
Suntory´s Yamazaki ist Japans älteste kommerzielle Destillerie, gegründet im Jahr 1923. Damit hat Yamazaki von allen großen Destillerien in Japan die längste Tradition, eine beachtliche Erfolgsbilanz und vor allem einige der ältesten reifen Bestände an Single Malt Whiskys vorzuweisen. Der legendäre Yamazaki 50-Year-Old ist ein Juwel japanischer Whiskys, den sein besonderes Gleichgewicht zwischen Kraft und Eleganz auszeichnet. Dieser Whisky ist der Zenit von mehr als einem halben Jahrhundert Reife in Barrique-Fässern. Auch der Jahrgang 1990 ist erwähnenswert. Damals destillierte Suntory´s Yamazaki 440 Flaschen eines Whiskys namens „The Cask of Yamazaki 1990“, der in 2007 erstmals auf den Markt kam. Dieser Whisky reifte in Ex-Sherry-Fässern, die ihm seinen besonderen Geschmack nach Bitterschokolade, Praline und Toffee mitgegeben haben.