John May
Ein frommes Leben für den Wein
Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 06. Juni 2020
AUSTRALIEN: (Sevenhill) – Wir schreiben das Jahr 1850, als Jesuitenbrüder einen Weiler, ungefähr 130 km nördlich von Adelaide, gründeten. Unter ihnen war der österreichische Jesuitenpriester Aloysius Kranewitter, der dem Jesuitenhort als Hommage an die sieben Hügel Roms den Namen Sevenhill verlieh. Ein Jahr später pflanzten die Jesuiten Reben, um eigenen sakralen Wein zu produzieren. Bis über die Jahrtausendwende waren fortan durchgängig Jesuiten am gleichnamigen Weingut Sevenhill Cellars beteiligt. Erst mit der mittlerweile in Australien bekannten und anerkannten Weinmacherin Liz Heidenreich wurde diese Strecke unterbrochen. Lehrmeister und Mentor von Liz Heidenreich war Bruder May, der vier Jahrzehnte die Weinbereitung bei Sevenhill Cellars verantwortete. Mehr zu seinem Schützling und zu Nachfolgerin Liz Heidenreich lesen Sie in meinem Beitrag: „Eine Krankenschwester wird Winzerin“
Anfang der Jahrtausendwende verliess der emeritierte Jesuitenwinzer und mehrfach ausgezeichnete Bruder John May das Clare Valley, um in den verdienten Ruhestand zu wechseln. Heute wohnt Bruder May in einer geförderten Gemeinschaft mit weiteren altgedienten Jesuitenbrüdern in Sydney. Als siebter Jesuiten-Winzer bei Sevenhill Cellars, ausgezeichnet mit der lebenslangen Mitgliedschaft der „Weinmakers Federation of Australia“, übernimmt Bruder May aber weiterhin eine Rolle als Schirmherr der Weinherstellung und wird somit seine Verbindung zu Sevenhill Cellars aufrechterhalten.
Die Anfänge
1963 war Bruder Mays erster Jahrgang bei Sevenhill Cellars. Er kam damals als junger Jesuitenbruder aus Melbourne, um als Assistent des damaligen Jesuiten-Winzers Bruder John Hanlon zu arbeiten. Anfangs seiner Einstellung begann eine Zeitenwende bei Sevenhill Cellars. Die erste hydraulische Presse wurde in 1963 installiert und 1968 wurde der erste trockene weiße Tafelwein aus Trauben der Sorte Crouchen (Clare Riesling)* gekeltert. Ein Jahr später in 1969 kehrte Bruder May zum Loyola College (eine römisch-katholische Sekundärschule in ignatianischer Tradition in Melbourne) zurück und wurde dort zum Leiter des großen Exerzitienhauses und Noviziats berufen. Aber als Bruder Hanlon im Februar 1972 plötzlich verstarb, rief man Bruder May nach Sevenhill zurück, der dann am Vorabend der anstehenden Weinlese unter schwierigen Bedingungen als siebter Jesuiten-Winzer die Verantwortung übernahm.
Der Manager
In der Frühzeit seines Wirkens wurde Bruder May von der Winzergemeinschaft des Clare Valley unterstützt, deren kooperativer Geist sicherstellte, dass Sevenhill als ein wertvolles Weinbaugebiet dieser Region auch die damalig schwierigen Zeiten überstehen konnte. Außerdem zeigten sich bei Bruder May besondere Qualitäten in der Führung. Er übernahm bald die Rolle eines Managers der Weinherstellung sowie der Weinbergspflege und er begann ein ehrgeiziges Programm, um die Nachhaltigkeit der Weinbereitung bei Sevenhill Cellars zu gewährleisten. Seine Strategie beinhaltete die Modernisierung der Kellereigebäude und deren technische Ausrüstung. In den Weinbergen liess er unter Verwendung der bestmöglichen Klone, die ihm damals für das Clare Valley geeignet erschienen, neue Reben pflanzen. Er wirkte dabei gemeinsam mit dem damaligen Ministerium für Landwirtschaft (heute das „Primary Industries and Regions SA“).
Das Gemeinwohl
Parallel kümmerte sich Bruder May um den Ausbau des Verkaufsnetzes. Er ließ Verkostungsräume einrichten, zog damit auch erstmals Weinliebhaber zu Besuchen der Kellerei an und er kümmerte sich intensiv um den internationalen Vertrieb der Sevenhill-Weine. Aber auch das wird dem engagierten Bruder May noch nicht völlig gerecht. Er kümmerte sich auch in vielerlei Hinsicht um Beiträge für die Gemeinschaft. Dazu gehörte sein Engagement als Vorsitzender der „Clare Valley Tourism Association“ und die ebenso engagierte Mitgliedschaft bei der „Clare Valley Winemakers Association“, der „Clare Region Winegrape Growers Association“ und der damaligen Organisationen für Rebenverbesserung und Landschaftspflege. Privat war Bruder May ebenso engagiert. Er war ein begeisterter Sportler, spielte Tennis und Tischtennis und war 14 Jahre lang Mitglied der lokalen Theatertruppe namens „Auburn Players“.
Der Un-Ruhestand
Bruder May zog sich Anfang 2003 aus seinem aktiven Wirken zurück, wobei seine außergewöhnliche Karriere vielfach geehrt und anerkannt wurde. Er hinterliess Sevenhill Cellars einen Ruf als Produzent von Qualitätsweinen, eine moderne Kellerarbeit, die Bekanntheit des Gutes und schließlich die Anerkennung, den Charakter eines religiösen und historischen Gutes in die Moderne geführt zu haben. Sein Beitrag wurde von Sevenhill Cellars mit der Lancierung des „Brother John May Reserve Release Shiraz 2004“ geehrt. Der fünfte Jahrgang dieses für Weinliebhaber wertvollen Weines, auch aufgrund der dahinter stehenden Geschichte, kam 2010 auf den Markt. Für diesen Wein verwendet man bei Sevenhill Cellars nur handverlesene beste Trauben und produziert nur eine begrenzte Menge.
Die neue Umgebung von Bruder May ist durchdrungen von der Geschichte des Jesuitenordens. Seinen Umzug von Sevenhill nach Sydney beschrieb er als ein weiteres Kapitel in seinem Ordensleben nach Berufung durch den Provinzial der australischen Jesuiten. Bruder May, der in den Staaten South Australia und New South Wales gewirkt hat, will seinem dortigen Netzwerken treu bleiben, schließlich ist er in beiden Staaten kein Fremder. Seine Taten werden sicher noch lange in Erinnerung bleiben, heute zu Lebzeiten sind diese schon Legenden.
Die Ehrungen
- Juni 2016: Aufnahme als Mitglied in den „Order of Australia“ (AM) – eine höchste Auszeichnung in die Ehrenliste zum Geburtstag der Königin in Anerkennung seiner bedeutenden Verdienste um die Weinherstellung und durch Beiträge zu Berufsverbänden, zum regionalen Tourismus und zur katholischen Kirche in Australien.
- Mai 2014: Ernennung zum Gründungsmitglied der „Clare Valley Wine Hall of Fame“ als einer von bisher sechs Empfängern der Legenden-Auszeichnungen, die von der „Clare Valley Winemakers Inc.“ verliehen werden.
- 2006: Ehrung mit der Jubiläumsmedaille von den australischen Jesuiten.
- 2005: Auszeichnung mit dem „Harry Dowling Award“ für hervorragende Leistungen im regionalen Tourismus, verliehen bei den „South Australian Tourism Awards 2005“.
- 2004: Ehrung mit der lebenslangen Mitgliedschaft in der „Winemakers Federation of Australia“ für seinen Beitrag zur Weinindustrie Australiens.
Crouchen (Clare Riesling)
*Crouchen ist eine weiße Rebsorte, die nach heutiger Kenntnis aus einem Teil der Weinregion Sud-Ouest in den französischen Pyrenäen stammt. Sie gelangte um 1850 durch Auswanderer nach Südaustralien, wo sie seither insbesondere im Barossa und Clare Valley angebaut wurde. Zeitweise verwechselte man die Sorte mit Sémillon, die man lange Zeit fälschlicherweise mit dem Riesling verwechselte. Daher entstand auch der Name Clare Riesling. Erst seit 1976 weiss man durch den französischen Ampelographen Paul Truel deren wahre Herkunft. Die Rebsorte Crouchen ist neben dem australischen Clare Riesling auch als Cape Riesling (Südafrika) oder auch als Trouchet Blanc im französischen Baskenland bekannt.