Elisabeth Finkbeiner

Abenteuer Campo alla Sughera – Teil I

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 22. Oktober 2019


ITALIEN (Bolgheri) – Sie gehört zu jener Kategorie von Managern, die man holt, wenn es vorangehen soll. Elisabeth Finkbeiner ist eine Powerfrau, offen für Herausforderungen, nachhaltig in ihrem Wirken, dabei charmant mit geschliffenen Umgangsformen. Sie ist Sommelière und Wirtschaftsfrau. Als Gutsleiterin führt sie die Geschäfte von Campo alla Sughera, einem Boutique-Weingut, gelegen im toskanischen Bolgheri, eines der bedeutendsten Weinbaugebiete Italiens. „Die Lage Bolgheri ist einzigartig und fordert von jedem, der hier produziert, Leidenschaft und volle Konzentration. Leidenschaftlich sind auch unsere Weine, die sich kraftvoll aber auch gewissenhaft und in der Jugend ein wenig zurückhaltend präsentieren", eröffnet Sie unser Gespräch. Wir werden dieses Statement noch hinterfragen.

Hinter Campo alla Sughera steht der weltweit agierende Gipsgigant Knauf mit Hauptsitz im unterfränkischen Iphofen. Die Familie war seit Gründung im Jahr 1932 mit Weinbau in Berührung, es war mehr als eine Liebelei. Auf ihrer weltweiten Suche nach Gipsvorkommen, wurde Knauf auch in der Toskana fündig, unweit von Volterra, wo reine Alabastersedimente vorkommen . Als vinophile Familie fiel den Knaufs dabei ein Landstrich im nahen Bolgheri ins Auge, bewachsen mit Tomaten, Olivenbäumen und teilweise auch in landwirtschaftlicher Nutzung, der sich ihrer Meinung nach für den Anbau von Wein eignen würde. Das Grundstück liegt mitten im Herzen der DOC Bolgheri, direkt an der Strada Bolgherese. Kaum zu glauben, dass andere große Erzeuger Italiens diesen edlen Flecken Erde nicht auf dem Schirm hatten. 

Heute, 20 Jahre nach Gründung, werden bei Campo alle Sughera (dt. „Feld der Korkeichen“) Weine produziert, die hohe Aufmerksamkeit seitens der Weinszene erhalten. „Wir haben hier in Bolgheri eine der vielversprechendsten Weinzonen Italiens“, erläutert Finkbeiner. „Ein sonnenverwöhntes Terroir umweht eine stets milde Meeresbrise. Wir haben leichte Schwemmböden, durchzogen von sandigen Schichten und in der Tiefe eine Lehmbasis. Es ist diese Kombination, die unseren Weinen Finesse und Länge gibt.“

IM GESPRÄCH MIT ELISABETH FINKBEINER

Darauf gehen wir gleich ein, aber zuerst die Frage: Wie kamen Sie zum Wein?

Meine Weinliebelei fing schon im Studium an. Meine erste Stelle nach meiner Ausbildung war bei Silit in Frankreich. Die Firma, die heute zu WMF gehört, hatte ihren Sitz im weinverwöhnten Beaune in Burgund. Ich habe dort mitten in diesem Weinmekka gewohnt, was mich dazu inspirierte, parallel zu meiner Arbeit eine Ausbildung zur Sommeliere zu machen.

Wie ergab sich die Verbindung zur Familie Knauf?

Es fing an mit einem Beratungsprojekt bei Knauf zum Thema Wein. Ich war involviert. Danach kam die Aufgabe bei Campo alla Sughera

Was waren bzw. sind die Herausforderungen in Bolgheri?

Also, erst einmal musste ich mich von meinem bisherigen Job trennen, den ich liebte und gerne ausführte. Ich musste in Italien ganz von vorne anfangen. Zeitgleich durfte ich das Unternehmen, den Konzern Knauf kennenlernen und verstehen. Ich musste lernen, welche Ziele Knauf mit dem italienischen Weingut hat. Angekommen in Italien musste ich Sprache und Kultur lernen, eine Grundvoraussetzung, um hier akzeptiert zu werden.

Wer sind die Mitbewerber in Bolgheri?

Die ganz Großen. Antinori mit Guado al Tasso, Frescobaldi mit Ornellaia, natürlich das Bolgheri Flaggschiff Sassicaia. Unser direkter Nachbar ist Angelo Gaja.

Und mitten drin, praktisch im Herzen der DOC Bolgheri liegt Campo alle Sughera, direkt an der Strada Bolgherese mit seinen Rebflächen. Wie konnte sich Knauf dieses Kleinod sichern?

Nun, das Unternehmen Knauf ist sehr erfahren in der Analyse von Böden. Es gab vielleicht die Überlegung, ein bestehendes Weingut zu übernehmen, aber man wollte ein eigenes Gut aufbauen. Aufgrund von aufwendigen Bodenanalysen fand man unser heutiges Grundstück. Familie Knauf sagt, „der Boden und die Lagen waren für uns ein Glücksfall.“

Wie kann man sich das Areal vorstellen, als Knauf sich für den Kauf entschied?

Auf dem Boden, wo wir jetzt unsere Reben stehen haben, war vorher pure Natur. Hier und da ein Tomatenfeld, Getreide war vereinzelt im Anbau, der Rest war brachliegendes uraltes Ackerland.

Wie ist das Verhältnis zu den großen Nachbarn?

Ich beurteile eine kollegiale Zusammenwirken aus heutiger Sicht, nachdem ich die Sprache gelernt habe, mir die Kultur zu eigen gemacht habe. Ich fühle mich akzeptiert und angekommen.

Das bedeutet?

Wir alle wissen, dass wir ein großes Erbe übernommen haben, nachdem Marchese Incisa della Rocchetta mit Sassicaia hier in Bolgheri anfing, Weine zu produzieren. Wir alle merken, dass wir die Marke Bolgheri nur gemeinsam stärken können. Die Bewertungen renommierter Kritiker mit 100 Punkten, beispielsweise für Sassicaia oder Massetto, ist ein Branding für die gesamte Region, die hohe Verantwortung und Engagement von allen fordert. 

Ich meinte auch, wie spüren Sie persönlich die Akzeptanz?

Ich bin ein Teamplayer. Es hat mir schon immer geholfen, transparent zu arbeiten. So begrüße ich auch hier in Bolgheri neue gemeinsame Initiativen, die vor allem die noch junge DOC stärken und an denen ich mich beteilige. Ich habe unser Weingut für Gäste geöffnet, vorher war es mehr eine Produktion. Unsere Gäste empfehle ich auch andere Weingüter in Bolgheri – ich stehe für und vertrete Bolgheri.

Was  unterscheidet Campo alle Sughera von den Nachbarn?

Da gibt es einige Unterschiede. Neben den leichten Böden ist auch die humane Größe des familiengeführten Betriebes zu nennen, die es zum Boutique-Weingut macht. Anders als bei unseren Nachbarn mit berühmten Namen steht bei Campo alle Sughera kein Familienoberhaupt im Vordergrund, sondern ein eingespieltes Team. Es ist der Winzergeist, der von unserer gesamten Mannschaft gelebt wird. 

Ihr Team ist …

… hochmotiviert mit globaler Aufgabenstellung, das sich täglich über die Arbeit im Weinberg, im Keller und Vertrieb austauscht. Letztlich sind es diese Menschen, die den Unterschied ausmachen. Ich bin glücklich über die teamorientierte Arbeit in den letzten Monaten während meiner schönsten Ernte in diesem Jahr bisher. Die Flexibilität und Einsatz, die ich bei meinen Mitarbeitern spüre, spüren auch unsere Kunden, was wir an den positiven Rückmeldungen sehen.

Wer sind die führenden Köpfe in ihrem Team?

Das ist Francesco Gagliardi, seit 2006 für den Keller verantwortlich und seit 2018 auch gesamt für den Weinberg. Er unterstützt mich mit seiner Erfahrung, ist aber auch offen, zu lernen und somit sein gesamtes Team.

 

 

Sie leiten seit 2016 den Betrieb. Seit 2017 arbeiten sie mit dem international renommierten Weinmacher Stéphan Derenoncourt. Wie kam es dazu und wie wirkt sich diese Zusammenarbeit aus?

Eine meiner ersten Entscheidungen war, Stéphane Derenoncourt und sein Team ins Boot zu holen. Nicht, weil wir mit anderen Beratern unzufrieden waren, sondern mein Narrativ ist: auch ein Ferrari braucht mal ein Facelift. Wir wollen vorankommen und uns ständig verbessern. 

Das bedeutet?

Wir befinden uns, alles eingerechnet, bei Campo alla Sughera auf einem High Level und das bedingt entsprechend mutige Entscheidungen. Derenoncourt verkörpert unsere Philosophie des maximalen Einsatzes im Weinberg und des minimalsten Eingriffs im Keller. Er achtet wie wir darauf, dass die Balance jedes Rebstockes beachtet wird und der Schnitt ist dementsprechend individuell.

Welche Sorten sind im Anbau?

Die typischen Sorten von Bolgheri. Bei uns sind dies Cabernet Saugibnon mit über 40 Prozent, der Rest teilt sich auf in Merlot, Cabernet Franc, Petit Verdot und ein wenig Vermentino, der auch meine persönliche Aufmerksamkeit hat.

Warum Vermentino?

Ich wollte eine autochthone Sorte und da gab es nur den Vermentino, den wir ausschließlich im Stahl ausbauen.

Warum ausschließlich Bordeaux-Sorten?

Weil wir in Bolgheri sind, das ist hier eine hervorragende Region für diese Sorten. Wir sind direkt am Meer. Das Klima ist moderater als in der übrigen Toskana, was wiederum auch ein Grund ist, warum der Sangiovese hier eine untergeordnete Rolle spielt.

Ihre Rebflächen sind vielfältig parzelliert …

… ja, insgesamt haben wir heute 16,5 Hektar im Ertrag. Wir setzen das Cordon-System mit einer außerordentlich hohen Pflanzdichte ein, 9500 Stöcke pro Hektar. Die Gesamtfläche teilt sich auf in 38 Parzellen mit unterschiedlichen Bewässerungssystemen. Davon verfügen 15 Kleinstparzellen über individuelle Bodenbeschaffenheiten von sandig bis tonig-lehmig. Eine Besonderheit, die sowohl bei der Arbeit im Weinberg als auch bei der Vinifizierung viele Spielarten erlaubt. Trauben gleicher Rebsorten werden in unterschiedlichen Zeitfenstern  gelesen und auch getrennt ausgebaut.

Was ist das Geheimnis der Weine von Campo alla Sughera?

... die Antwort auf diese Frage und viele weitere Details lesen sie im zweiten Teil des Interviews mit Elisabeth Finkbeiner: „Abenteuer Campo alla Sughera – Teil II

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