Mystik Mineralität - Was erzeugt diese Eigenschaft im Wein?
Von Arthur Wirtzfeld
Es ist eine spannende Frage: was erinnert uns beim Weingenuss beispielsweise an Schiefer oder Feuerstein, Kalk oder nasse Felsen, feuchte Erde oder Kreide? Eine Studie aus Spanien ging genau dieser Frage nach. Antonio Palacios García, Direktor des Labors Excell-Ibérica* und David Molina, Direktor von Outlook Wine*, nahmen sich sensorisch elf Weißweine und sechs Rotweine vor. Einige der Weine hatten hohe, andere so gut wie keine mineralischen Qualitäten. Diese Weine verkosteten dann verdeckt zwei unterschiedliche Gruppen. Die erste Gruppe bestand aus Winzern und Weinkritikern, die zweite Gruppe setzte sich aus Weinhändlern und Weindozenten zusammen.
Bei den Weißweinen waren sich beide Gruppen einig: eine intensive Mineralität zeigte ein Sauvignon Blanc aus der Loire und noch ein trockener Riesling Kabinett aus der Mosel. Bei den Rotweinen waren die Tester mehr gefordert, um eine Mineralität zu ergründen. Dem Rotwein aus Slowenien aus der Sorte Ribolla Nera bescheinigten die Tester überhaupt keine Mineralität. In einem Tempranillo und einem Blend aus der Sorten Garnacha und Syrah, beide aus Spanien, sowie in einem Syrah aus der nördlichen Rhône fanden die Tester wiederum Mineralität. Einem leichten Poulsard aus dem Jura mangele es an jedweder Mineralität, meinten alle Tester.
Schließlich wurden die so bewerteten Weine im Labor untersucht. Das Hauptergebnis der Studie: die als mineralisch von den Verkostern bestimmten Weine wiesen gemeinsame chemische Komponenten auf, die in den bewerteten Weinen ohne Mineralität nicht zu finden waren. Die herausragendste Komponente bei den Weiß- und den Rotweinen war Bernsteinsäure, beschrieben als salziger Geschmack, der die Säure der Weine überragte. Nun ist Salz ein sensorisch merkbares Mineral im Wein - ein Salzgeschmack wird von Verkostern in der Regel mit Mineralität assoziiert. Eine weitere chemische Komponente, die in den Weinen ohne Mineralität nicht festgestellt wurde, war 2-Phenylethylalkohol, eine Verbindung aus der Gruppe der Alkohole, die nach Rosen und Orangenblüten riecht. Ebenfalls in den mineralischen Weinen gefunden wurde das γ-Decalacton, ein Aromastoff mit Kokosnuss-Charakter. Überraschend war, dass man in den mineralischen Weinen auch 4-Ethylphenol und 4-Ethylguajacol nachweisen konnte, beide stehen für den animalischen Eindruck eines Weingeschmacks.
Die Studie erwähnt auch, dass reduktiv ausgebaute Weine mit niedrigem pH-Wert und gleichzeitig erhöhtem Säuregehalt in der Regel von Verkostern als mineralisch interpretiert werden. Außerdem kommt die Studie zu dem Schluss, dass steinige Böden nicht unbedingt für einen mineralischen Charakter eines Weines verantwortlich sind. Es komme vielmehr auf das chemische Gleichgewicht des Bodens, die Behandlungen im Weinberg und auf die Verfahren der Vinifikation an, ob ein Wein offensichtliche Mineralität zeigt. Ein hoher Säureanteil in Weinen könne den Eindruck von Mineralität erzeugen, aber das könnten Weine mit weicher Struktur, die den sensorischen Eindruck von Teer oder Metall hinterlassen, auch, heißt es in der Studie.
Im Grunde relativiert die Studie die kritischen Fragen nach der Definition von Mineralität. Denn sie konnte einen Hinweis darauf bringen, dass die sensorische Empfindung von Mineralität in Verbindung mit den chemischen Komponenten der Weine, sich decken kann. Aber das, was Mineralität genau ist, bleibt weiterhin streitig. Kritiker sind der Meinung, dass der Begriff überstrapaziert ist und nicht sensorisch einheitlich verwendet wird oder werden kann, um einen Wein zu beschreiben.
*Excell-Ibérica, eine Tochtergesellschaft der Excell Frankreich mit Sitz im Logroño (Hauptstadt der spanischen Provinz Rioja), ist mehr als ein Labor. Excell Iberica liefert Expertisen und berät Fachkräfte der Wein- und Lebensmittelindustrie mit dem Ziel, höchste Qualitätsansprüche auf dem Markt zu gewähren. *Outlook Wine mit Sitz in Barcelona ist ein spanischer Seminaranbieter für die Weinbranche und bietet Kurse mit WSET-Zertifikaten an.