Lauffener Weingärtner
Das gelobte Land in Lauffen am Neckar
Fotos: z.V.g.
Wissen Sie, wo das gelobte Land ist? Einen Hinweis dazu finden Sie am Flaschenhals und auf den Etiketten der Weine der Lauffener Weingärtner. Es zeigt zwei Träger einer überdimensionalen Weintraube. Im ersten Moment denken manche an eine sehr stattliche Weinernte. Aber dargestellt werden die Herren Josua und Kaleb, die im Auftrag von Moses in die Wüste ausgesandt wurden, um das Land zu finden, in dem Milch und Honig fliessen. Sie fanden es und brachten als Beweis für die besondere Fruchtbarkeit eine riesige Traube mit, die einer allein nicht tragen konnte. Diese Anlehnung an die Exodus- Geschichte von Moses und seinen Jüngern im Alten Testament wurde 1980 von einem Professor der Kunstakademie Stuttgart ins Bild gesetzt, um die besondere Verbindung von Lauffen zum Wein deutlich zu machen. In der Stadt am Neckar ist nämlich eine Winzergenossenschaft zuhause, die in deutschen Landen eine gewisse Sonderstellung einnimmt. Denn den Weingärtnern gehen die guten Ideen offenbar nicht aus – und das trotz einer stattlichen Grössenordnung von 900 Hektar, die von etwa 1100 Mitgliedern der Kooperative bewirtschaftet werden.
Zwei Betriebsstätten, auf die 210 Hektar und rund 600 Mitglieder entfallen, gibt es seit der Fusion mit der Weingärtnergenossenschaft Mundelsheim im Jahr 2012. Zusammengefunden haben damals der grösste deutsche Schwarzriesling-Erzeuger Lauffen, der die nach einer Spitzenlage benannte Marke Katzenbeisser bundesweit bekannt gemacht hatte und die knapp 15 Kilometer entfernte Kooperative in Mundelsheim, die vor allem für Trollinger, Lemberger und Riesling bekannt war und ist. Die bereits 1903 gegründete Genossenschaft wurde damals in Käsbergkeller umbenannt, nach dem Käsberg, einer bedeutenden Einzellage von Mundelsheim, die schon im 18. Jahrhundert für hohe Weinqualität bekannt war.
Erster Platz beim Deutschen Rotweinpreis von VINUM
Schlagzeilen machte der Käsbergkeller erst vor kurzem durch einen besonderen Premiumwein, der im Eichenfass gereift war: Der 2019er Syrah belegte beim Wettbewerb um den Deutschen Rotweinpreis des Magazins VINUM einen ersten Platz. Er ist Teil der Edelserie Unicus (lateinisch für «vorzüglich»), zu der noch Trollinger, eine Cuvée-Cabernet sowie Cabernet Sauvignon und Merlot gehören. Verantwortlich ist der junge Mundelsheimer Kellermeister Stefan Schumacher, der von seinem Kollegen Michael Böhm aus Lauffen für den Siegerwein beglückwünscht wurde. Denn dieser weiss, wie viel Aufwand betrieben werden muss, um grossen Wein zu erzeugen.
Dazu gehört auch die Serie Vinitiative, mit der mit dem Jahrgang 2008 gestartet wurde. Hier wirken zwei Dutzend junge Winzer mit (aus Altersgründen gab es schon einige Wechsel), die das grosse Ganze mit Toptrauben noch besser machen wollen, in Feinabstimmung mit dem Lauffener Kellermeister. Schwarzriesling, Spätburgunder, eine rote Cuvée, Riesling und Weissburgunder sind derzeit zu haben. Die Namen aller Projektteilnehmer sind auf den Flaschen nachzulesen.
Durchaus auf qualitativer Augenhöhe befinden sich die verschiedenen Weine, die nach den beiden Traubenträgern benannt sind: Auf Josua entfallen Schwarzriesling, Spätburgunder, Lemberger und eine rote Cuvée. Für Kaleb ist eine Weisswein-Cuvée reserviert. Im Beton- Ei wurde ein exzellenter Silvaner, der als Betonique bezeichnet wird, ausgebaut.
Weitere Kollektionen mit nicht alltäglichen Weine tragen Bezeichnungen wie «Weinwerkstatt » (durchgegorene Weine, überwiegend in Barriques ausgebaut und nach den Prinzipien eines sorgfältigen Handwerkmeisters erzeugt) und «Lesestoff», als passender Begleiter zu einem guten Krimi. Hierzu gehören Cuvées in Rot, Weiss und Rosé mit etwas Fruchtsüsse sowie in der Magnum eine durchgegorene rote Cuvée mit der verklausulierten trockenen Geschmacksangabe «DR3» («lies: dry»).
Eine förmlich rebellische Innovation ist Whyne, ein tiefgründiger Rotwein, der in Eichenfässern reifte, in denen vorher hochwertige Spirituosen (Whisky) ausgebaut wurden. Das Ergebnis ist eine völlig neue Geschmackserfahrung, nicht vergleichbar mit dem Ausbau in neuen Eichenfässern. Denn rauchige, würzige Noten vom Brand teilen sich dezent mit. Die Idee wurde von Geschäftsführer Marian Kopp nach einem Rotwein mit anschliessendem Scotch geboren. Für die Fassbeschaffung war Vorstand Dietrich Rembold durch Kontakte zu Destillen im Vereinten Königreich zuständig…
«Weine für Frauen» - auch geeignet für Männer
Letzter Schrei der Lauffener sind zwei «Weine für Frauen» (die allerdings auch Männer geniessen dürfen). Dahinter steckt eine Kooperation mit der renommierten Frauenzeitschrift BRIGITTE, die auch in der Ausstattung deutlich ersichtlich wird. Die trockene Cuvée von Grauburgunder und Weissburgunder und das halbtrockene Gegenstück von Muskateller mit Riesling (Erstlingsjahrgang ist jeweils der hervorragende 21er) sind aber auch ganz konsequent Weine von Frauen für Frauen. Weingärtnerinnen packten in den Reben dafür an, die Cuvées wurden zusammen mit der BRIGITTE Redaktion in Hamburg komponiert.
Bei all diesen besonderen Weinen stellt sich langsam die Frage: Haben die Lauffener (und Mundelsheimer) überhaupt ganz normale Weine? Es sei versichert: Sie haben sie. Und auch diese Weine schmecken!