Künstler Walter Hügli

VINUM-Coverart

Text: Thomas Vaterlaus

Von Anfang an prägten eigenständige Titelblatt-Konzepte das Image der Zeitschrift VINUM. 1991 gestaltete der damals 34-jährige Zürcher Künstler Walter Hügli die VINUM-Covers im Popart-Stil. Fast 30 Jahre danach traf VINUM den Künstler, der als Creative Direktor seiner Stiftung www.electronic-art.foundation «to be part of the art» zu seinem Motto gemacht hat, wieder. Und veranstaltet mit ihm ein ungewöhnliches Kunst-Happening.

Langjährige VINUM-Leser müssen nicht aufs Datum schauen, um alte VINUMAusgaben zeitlich einzuordnen. Schon das betreffende Titelblattsujet liefert Hinweise, aus welchem Zeitabschnitt das Heft stammt. Obwohl das Konzept des Heftes seit der Gründung vor fast 40 Jahren immer wieder den sich ändernden Erwartungen der Leser angepasst wurde, ist etwas gleichgeblieben: Die Titelblatt-Sujets eines Jahrgangs lassen stets ein übergeordnetes Konzept erkennen. Ganz nach dem Motto: Wechselt das Jahr, so wechselt VINUM seine Garderobe. Das unterscheidet VINUM von allen anderen Weinmagazinen. Dabei sticht der Jahrgang 1991 heraus. Nie zuvor und kaum mehr danach zeigten sich die VINUM-Covers so farbig, temperamentvoll, lebenslustig und wild. Gestaltet hat diese Titel-Collagen der Zürcher Künstler Walter Hügli im damals populären Popart-Stil, der in jenen Jahren international von amerikanischen Künstlern wie Keith Haring (1958 bis 1990) oder Jean-Michel Basquiat (1960 bis 1988) mitgeprägt worden ist.

Die Wahl der VINUM-Künstler jener Zeit waren oft das Ergebnis spontaner Begegnungen. Walter Hügli etwa hatte im Restaurant «Au Premier» im Zürcher Hauptbahnhof mit seiner Inszenierung «Fish & Pasta» für Aufsehen gesorgt. Skulpturen, Bilder und Collagen zum Thema dominierten den Raum. Und auf der Speisekarte gaben «Fish & Pasta»-Gerichte den Ton an. Der damalige VINUM-Herausgeber Rolf Kriesi war beeindruckt von diesem kulinarischen Gesamtkunstwerk. Und gab Walter Hügli den Auftrag, die Titelblätter des Jahres 1991 zu gestalten.

Wer heute die Titel der ersten VINUM-Ausgaben betrachtet, kann den Eindruck gewinnen, das Heft sei nicht 1980 gegründet worden, sondern schon ein paar hundert Jahre früher. So ist auf der allerersten VINUM-Ausgabe ein handkolorierter Kupferstich aus dem Jahr 1805 zu sehen. Er zeigt eine Traube der Sorte Muscat Blanc. Und so ging es noch fünf Jahre lang weiter: Ampelografien, Stiche aus mittelalterlichen Lehrbüchern, Darstellungen von alten Ofenkacheln mit Weinmotiven. 1986 dann ein Paukenschlag: Der Zürcher Illustrator Willi Rieser prägte die ersten Art-Covers mit seinem detailverliebten, provokativen Graffiti Stil. Fast zehn Jahre lang blieb VINUM diesem Künstler-Konzept treu. Der international renommierte Grafiker Niklaus Troxler aus Willisau, der mit seinen Plakatentwürfen auch in der Sammlung des Museum of Modern Art in New York vertreten ist, setzte im Jahr 1994 mit seinen neoimpressionistischen Arbeiten den Schlusspunkt dieser Epoche. Die nächsten Jahre dominierten Fotos, oft mit Programmen wie Photoshop bearbeitet, die VINUM-Titelseiten. Erst 2017 kehrte VINUM mit der Berliner «Kultur-Illustratorin» Alexandra Klobouk zu den Künstlern zurück. Gegenwärtig gestaltet das VINUM-Grafikteam die Covers nach einem vergleichbaren Konzept.

Und Walter Hügli? Auch für ihn markierte 1991, das Jahr der Zusammenarbeit mit VINUM, einen Wendepunkt in seiner Karriere. Er setzte fortan nach dem Motto «to be part of art» auf neue Medien, Konzepte und Inszenierungen. Ab den 90er-Jahren war er kreativer Kopf, Architekt und Ideengeber von gleich zwei Zürcher Kult-Clubs mit internationaler Ausstrahlung, nämlich dem «Rohstofflager» und der «Tonimolkerei». Wobei vor allem Letzterer mit seiner Lichtklangbar und der Sitzinsel für 300 Personen von Kunst- und Architekturzeitschriften als besonders innovativ gepriesen wurde. Heute agiert er als Choreograf von temporären elektronischen Kunst-Erlebnissen, durch die «der stressbelastete Mensch in einem ganzheitlichen Konzept in die Bilderwelten seiner eigenen Seele eintauchen und Ruhe finden kann». Nach diesem Konzept inszenierte er unter anderem «Fog Sound Environment» im Rahmen des 70. Jubiläums des «Locarno Film Festivals». Nach über 30 Jahren in Zürich zieht der 61-Jährige nun nach Italien an denLago Maggiore, um in seinem Gut «La Bella Trovata» den Traum eines «Art, Science & Culinary HUB» (elektronische Kunst im Botanischen Garten) zu realisieren. Er feiert seinen Abschied mit einer After-Work-Kunstauktion zusammen mit VINUM.