Der König der Tafel
Il Brunello
Fotos: z.V.g.
Wenn wir von Montalcino sprechen, dann kommt unweigerlich der König der toskanischen Rotweine ins Spiel: Der Brunello. Er ist auch ein hervorragender Begleiter der lokalen toskanischen Küche.
Von den Weinbergen von Montalcino, die etwa 2000 Hektar (15% der Gesamtfläche von Montalcino) einnehmen, stammen aber auch die Trauben für andere grosse Weine wie für den Rosso di Montalcino, den Moscadello, ein süsser Wein antiken Ursprungs, und die «IGT Sant'Antimo. Alle Weinberge von Montalcino sind Teil der geschützten Ursprungsbezeichnung. Das Gebiet von Montalcino ist aber auch berühmt für seine Olivenhaine, die ein extranatives Olivenöl von hoher Qualität und Aromatizität liefern, für seinen Honig mit verschiedenen Aromen, den Schafskäse und viele Fleisch- und Wurstprodukte: Charakteristisch für diese Gegend ist die Cinta Senese, eine Art Wildschwein, das in den Wäldern lebt.
Der Wein
Die Eignung des Gebietes von Montalcino, Weine von grosser Qualität zu produzieren, ist seit Jahrhunderten bekannt. Bereits im Jahre 1550 schrieb der Bologneser Mönch Leandro Alberti von Montalcino als einem Gebiet «dass sehr für gute Weine bekannt ist, die von den sanften Hügeln stammen». Aber der Brunello von heute entstand erst Ende des 19. Jahrhunderts. Der Pionier des Brunello, Ferruccio Biondi Santi, war ein Veteran der siegreichen Schlacht von Bezzecca (1866): In seiner Heimat,
auf seinem Gutshof Il Greppo, widmete er sich in den Jahren danach der Landwirtschaft und einer Rebsorte, der Sangiovese, aus der er erstmals den Brunello kelterte, wie wir ihn heute kennen. Seinen Namen erhielt er wegen seiner charakteristischen Farbe und war ein kräftiger und samtiger Tropfen, den man kaum mit anderen Weinen vergleichen konnte. Das früheste Zeugnis eines Brunello in der Flasche stammt aus dem Jahr 1888, aber schon 1929 erreichte die Ausdehnung der Reben in Montalcino 925 Hektar. In den dreissiger Jahren zerstörte allerdings die Reblaus alle Reben. Die folgenden Jahre waren geprägt von einer langsamen Erholung, unterbrochen und verzögert durch den Zweiten Weltkrieg, der – Montalcino war Frontlinie - die Anbauflächen erneut reduzierte. Danach ging es steil bergauf: In den 1960er und 70er Jahren wurde Brunello immer bekannter und weltweit verkauft. Am 28. März 1966 erhielt er das DOC. 1967 schlossen sich die Produzenten im Winzerkonsortium Brunello di Montalcino zusammen, mit dem Ziel, die Produktion zu schützen und zu sichern und die Bekanntheit in Italien und der Welt zu vergrössern. Am 1. Juli 1980 war Brunello der erste italienische Wein, der das DOCG erhielt. Heute werden mehr als 8 Millionen Flaschen Brunello produziert und vermarktet, von denen die meisten exportiert werden (67%), insbesondere in die USA, aber auch nach Mittelamerika, Asien und natürlich auch alle europäischen Länder. Mariage: Zu kraftvollen Gerichten wie rotem Fleisch, Wildgeflügel mit Pilzen oder Trüffel aber auch Käse wie dem toskanischen Pecorino.
Rosso, Moscadello und Sant'Antimo
Der Rosso di Montalcino, von dem etwa 4,5 Millionen Flaschen produziert werden, ist ein DOC-Wein, harmonisch, elegant, süffig. Er sollte – Ausnahmen bestätigen die Regel – jung getrunken werden. Mariage: Typische Gerichte der toskanischen Küche, Pasta mit Fleischsosse, Geflügel, Pilze oder Trüffel, Risotti, aber auch Schweine- und Kalbfleischgerichte. Moscadello ist der älteste in Montalcino produzierte Wein. Historisch ist er bereits 1685 belegt, als Francesco Redi in seinem Dithyramb schrieb: «Dieser göttliche und legendäre Moscadeletto di Montalcino». Heute werden etwa 40 000 Flaschen in den 3 Typologien Tranquillo, Frizzante und Vendemmia Tardiva produziert. Moscadello findet am Ende der Mahlzeit seinen natürlichen Platz, begleitet von Gebäck und trockenen Desserts. Last but not least haben wir auch noch den
Sant'Antimo DOC, benannt nach der berühmten mittelalterlichen Abtei, die wenige Kilometer von Montalcino entfernt liegt und deren Geschichte mit Karl dem Grossen begann. Der Sant'Antimo, von dem etwa 300 000 Flaschen produziert werden, umfasst viele verschiedene Rot- und Weissweine mit je nach Typ unterschiedlichen Eigenschaften.
Die anderen Spezialitäten
Montalcino ist eines der wichtigsten Zentren der Imkerei in Italien und ist besonders für seine sortenreinen Honigarten aus Blüten bekannt. In Montalcino wird 1% italienischen Honigs (ca. 100 000 kg verschiedener Typologien) produziert. Von der «klassischen» Akazie und Kastanie bis zum selteneren Erdbeerbaumhonig, Rhododendron und Thymian. Die «Honigwoche» ist eine wichtigsten internationalen Fachmessen und findet jedes Jahr im September statt. In der Toskana ist der Olivenanbau seit etruskischer Zeit eng mit dem Rebbau verknüpft. Die Olivenbäume erstrecken sich von den sanften Hängen des Monte Amiata bis zum Rand des Waldes Die renommierte Olivastra Seggianese wird seit Generationen in dieser Gegend angebaut. Die anderen Hauptsorten sind Leccino, Moraiolo und Correggiolo. Die Produktion beträgt rund 5 Tausend Doppelzentner natives Olivenöl extra D.O.P. «Terre di Siena». In der passenden Jahreszeit finden Sie an den Wurzeln der Bäume entlang der Wildbäche von Montalcino auch die wertvollen weissen Trüffel. Die Trüffelgebiete der Crete Senesi gehören zu den ergiebigsten der Toskana: Mit 40 Hektar Land sind sie ein echtes Trüffelreservat. Einige Zeit fast vom Aussterben bedroht, wurde die alte und edle Produktion von Safran im Val d'Orcia wiederbelebt, vor allem dank der kleinen Produzenten, die die wertvollen Stempel der Krokusblüte von Hand sammeln und vermarkten.
Bei Tisch
In den mehr als 30 Restaurants, die sich rund um Montalcino befinden, können Sie alle Facetten der kulinarischen Tradition der Toskana probieren. Neben Klassikern wie den Pinci, der typischen frischen hausgemachten Pasta, die man mit Briociole oder Knoblauch essen kann oder Pappardelle mit Wildschwein- Sauce, gibt es eine österliche Besonderheit: Die Pasqualina acquacotta. Diese Brotsuppe stammt aus der Maremma und kam im 19. Jahrhundert mit den Holzfällern aus diesem Gebiet der toskanischen Küste nach Montalcino. Die Holzfäller, die im Wald lebten und die Köhler mit Holz versorgten, waren an eine sehr genügsame Küche gewöhnt. Nur gelegentlich, zum Beispiel zu Ostern, wurde eine Suppe mit Ei angereichert. Heute wird die «Pasqualina» das ganze Jahr über angeboten. Bei den Hauptspeisen ist Fleisch die Hauptzutat: Zum Beispiel Schweinswürste und gegrillte Rippchen, die die köstlichsten und typischsten Begleiter zu einer Flasche Brunello oder Rosso sind. Typisch ist die Scottiglia, ein Fleischtopf. Einst brachten die Hausfrauen ihren Männern zum Abendessen eine Scottiglia mit Brot aufs Feld. Die Brotscheiben dienten als Gericht, und die Bauern assen das noch warme Fleisch, das ihre Hände verbrannte. Zu dieser Zeit bestand die Scottiglia aus Hühnchen oder Kaninchen, dem einzigen Fleisch, das sich die Landbevölkerung leisten konnte. Heute, dank der Verwendung von Wildschweinfleisch, ist sie noch leckerer. Typisch sind aber auch die Kutteln mit Safran und im März das Lamm. Im Ferragosto hingegen schätzt man Selleriegerichte. Käse stammt hauptsächlich aus Schafmilch und wird mit Gewürzen verfeinert: frisch ist er nach einer Reifung von 20-30 Tagen, abbucciato nennt man ihn nach ein paar Monaten, dann wird er mit Asche und Walnussblättern gewürzt. Bei den Wurstwaren basieren die typischsten und köstlichsten Gerichte auf der Cinta Senese, der Schweinerasse, die in den Wäldern lebt. Sein Fleisch, konserviert mit viel Salz und schwarzem Pfeffer, ist Teil der Sieneser Tradition. Erwähnenswert ist auch der sienesische Salzschinken, der ausschliesslich mit toskanischem Brot ohne Salz verzehrt wird. Zahllos sind die Desserts: Neben den Cantucci, die in Montalcino auch mit Honig, und die «ossi di morto» (Knochen des Toten), die mit Baiser und Mandel gemacht werden, gibt es in der Osterzeit die Schiacciate, weiche Kuchen, nach Anis duftend. In der Nähe des Valdichiana wird die Schiacciate hingegen mit Speck und Käse zur Vorspeise aufgepeppt.