VINUM Weinguide Schweiz 2025

Interview mit Thomas Vaterlaus

Fotos: VINUM

Die 4. Ausgabe des VINUM Weinguide Schweiz ist ein verlässlicher und übersichtlicher Führer durch die Schweizer Winzerszene mit ihrer faszinierenden, aber manchmal eben auch verwirrenden Vielfalt. 18 Weingüter haben neu den Sprung in unsere Auswahl geschafft. Neu ist auch, dass jedes der 200 von uns selektionierten Weingüter, die jeweils auf einer Buchseite vorgestellt werden, nochmals mittels einer Skala von eins bis fünf Sternen betreffend ihrer qualitativen Gesamtleistung bewertet werden. Ergänzend zu den Portraits über die Winzer werden jeweils zwei Weine vorgestellt, allerdings ohne Jahrgangsangabe. Es sind Weine, welche nach unserer Meinung exemplarisch für die Philosophie des Gutes stehen und ihrer Stilistik über die Jahrgangsunterschiede hinweg treu bleiben.


Drei Jahre sind seit der Veröffentlichung der letzten Ausgabe des VINUM Weinguide Schweiz vergangen. Was sind die markantesten Veränderungen in der Schweizer Weinszene?

Die positivste Überraschung ist sicherlich, wie viele Topweingüter in dieser Zeitspanne zum kontrolliert biologischen Anbau übergegangen sind. 87 der Weingüter in diesem Guide arbeiten inzwischen biologisch. Das deckt sich mit der generellen Entwicklung. Rund 2800 Hektar werden heute in der Schweiz kontrolliert biologisch bewirtschaftet. Damit liegt der Bio-Anteil an der gesamten Rebfläche bei rund 20 Prozent. Dies entspricht einer Zunahme von mehr als 400 Prozent seit dem Jahr 2015.

Die zunehmenden Wetterkapriolen oder Problemjahre wie 2021 haben daran nichts geändert?

Nein, ganz offensichtlich nicht. Der Trend zum Bio-Anbau geht weiter. Das heisst nichts anderes, als dass der biologische Anbau heute auch in Problemjahren eine verlässliche Methode ist, um zwar quantitativ weniger, aber qualitativ gute Weine zu erzeugen.

Wie ist die Auswahl der 200 Weingüter für diesen Guide zustande gekommen?

Es werden Informationen aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Ein wichtiges Element sind sicher meine eigenen Recherchen, Degustationen und Winzer-Besuche. Zudem greife ich aber auch auf die Arbeit des ganzen VINUM-Redaktionsteams zurück. Und auch die Ergebnisse von wichtigen Concours, die von VINUM mit durchgeführt werden, wie etwa dem Grand Prix du Vin Suisse, haben einen Einfluss auf die Auswahl, die letztlich aber natürlich trotzdem subjektiv ist. Wenn uns ein Weingut über Jahre nicht mehr begegnet, weil es vielleicht nicht mehr so aktiv an VINUM-Verkostungen teilnimmt wie früher, kann dies dazu führen, dass es leider nicht mehr berücksichtigt werden konnte, obwohl die Weine vielleicht nicht schlechter geworden sind. Aber in der gleichen Zeitspanne haben uns eben andere Weingüter mehrfach von der Qualität ihrer Weine überzeugt.

Wenn ein Weinjournalist aus der Deutschschweiz so einen Weinguide verfasst, liegt der Verdacht nahe, dass er mit einer Deutschschweizer Optik erarbeitet worden ist. Die grössten Rebflächen befinden sich aber in der Westschweiz.

Wir sind uns dieser Problematik durchaus bewusst. Aber dank der besonderen Stellung des VINUM-Verlages, der unter Leitung meiner Kollegin Anick Goumaz eben auch eine französische VINUM-Ausgabe produziert, sind wir auch in der Westschweiz sehr gut vernetzt. In Bezug auf die Auswahl der Weingüter im Vergleich zur Rebfläche ist zwar die Deutschschweiz tatsächlich leicht übervertreten, das hängt aber auch damit zusammen, dass in der Deutschschweiz trotz der verhältnismässig kleineren Rebfläche viele Weingüter aktiv sind.

Sie haben sich für dieses Buch aus-führlich mit der Schweizer Weinszene beschäftigt. Was für Trends lassen sich erkennen?

Besonders interessant ist, dass auch die etablierten Topweingüter, die seit der ersten Ausgabe im Guide vertreten sind, sich sehr dynamisch entwickeln und neue Weine auf den Markt gebracht haben. Vor allem beim Pinot Noir, der Hauptsorte in der Schweiz, sind viele Einzellagen-Selektionen dazugekommen. Viele neue Weine werden in alternativen Gebinden wie Ton, Beton oder Granit ausgebaut. Und auch die Naturweine, die im Markt kaum eine Bedeutung haben, finden das Interesse der Spitzenwinzer. Etliche keltern solche Spezialitäten, offenbar nicht weil der Markt danach ruft, sondern aus eigenem Interesse an der Thematik.

Gibt es Sorten oder Regionen, die in positiver Weise hervorstechen?

Ja, in der Bündner Herrschaft ist die Qualitätsdichte inzwischen enorm hoch. Und angesichts der Top-Chardonnays, die dort wachsen, müsste diese Sorte mehr angebaut werden. Der Merlot ist heute nicht mehr nur im Tessin, sondern zunehmend in der ganzen Schweiz ein Garant für Topweine. Auch neue resistente Sorten wie Souvignier Gris und die schweizerische Neuzüchtung Divico sind im Aufwind. Und drei Winzerdörfer stellen in diesem Guide klar die meisten Winzer: Salgesch und Fully im Wallis und Fläsch in Graubünden.