Unique Wineries of the World
Bioweingut Roland und Karin Lenz
Fotos: z.V.g., ©Siffert/weinweltfoto.ch
Im Weinberg der Zukunft
Er habe 100 000 motivierte Mitarbeiter, sagt Roland Lenz gerne. Damit meint er natürlich seine Rebstöcke. Mit ihnen zusammen sieht er sich als Teil einer Lebensgemeinschaft, zu der er auch die Nutzpflanzen im Rebberg zählt, all die heimischen Büsche und Bäume, die er gepflanzt hat, und natürlich auch die Tiere, die in diesem neuen Weinberg-Ökosystem leben, etwa die Wildbienen, die Mäusewiesel und die Dachse. Zweieinhalb Hektar ihres wertvollen Reblandes haben Karin und Roland Lenz in den letzten Jahren geopfert beziehungsweise der Natur zurückgegeben, um zwischen den Rebzeilen jene Ausgleichsflächen zu schaffen, die es braucht für den Weinberg der Zukunft. Es gibt noch ein anderes Zitat, das Roland Lenz gerne verwendet: «Chancen sind wie Sonnenaufgänge, wer zu lange wartet, verpasst sie.» Nun, es sieht fast so aus, als sei der innovative Winzer jeweils schon vor der Sonne vor Ort. Kein anderes Weingut in der Schweiz hat in den letzten Jahren ein derartiges Feuerwerk an Innovationen gezündet: Da ist etwa ihre Photovoltaik-Anlage, mit der sie mehr Strom erzeugen, als sie im Weingut benötigen. Oder ihre eigene, die schweizweit erste Bio-Rebschule für pilzwiderstandsfähige Sorten. Und erst kürzlich haben sie mit einem befreundeten Weingut ein neues Label lanciert. «Pesticide free» heisst es und beinhaltet neben der Einhaltung der Bio-Richtlinien auch einen kupferfreien Pflanzenschutz. Denn Roland Lenz ist überzeugt: «Der Druck von den Konsumenten, besonders von Geniessern, wird in den kommenden Jahren so stark werden, dass nur mehr eine nachhaltige Landwirtschaft ohne Pestizidrückstände eine Zukunft hat.
Obwohl Karin und Roland Lenz in nicht allzu ferner Zukunft ihren 50. Geburtstag feiern werden, muss nicht befürchtet werden, dass sie in ihrer Innovationskraft nachlassen. Neue Ziele sind gesteckt: Zwar produzieren die beiden auch aus traditionellen Gewächsen wie Sauvignon Blanc oder Pinot Noir vorzügliche Weine, doch ihr Fokus liegt ganz klar bei den pilzwiderstandsfähigen Sorten, vor allem bei jenen Neuzüchtungen, die eine mehrfache Resistenz aufweisen. «Nur so gelingt der entscheidende Schritt zu einem Weinbau ohne Pflanzenschutzmittel und somit auch ohne Rückstände.» Zudem sind die beiden Anhänger des guten alten Mischsatzes. Bereits heute kultivieren sie über 30 verschiedene Rebsorten. Doch damit nicht genug. In ihrem Weingut der Zukunft möchten sie pro Rebsorte nur mehr maximal 2000 Reben pflanzen, und das am liebsten gemischt. Denn durch diese Rebvielfalt im Zusammenspiel mit der Biodiversität in den Ausgleichsflächen soll er Wirklichkeit werden, der Rebberg als sich selbst regelndes Ökosystem. Das Beeindruckendste am Innovationsprozess im Weingut ist aber die Tatsache, dass sich auch die Weinqualität stetig weiterentwickelt, sprich verbessert hat. Das gilt in ganz besonderem Masse für die Gewächse aus den pilzwiderstandsfähigen Sorten. Vergleichsverkostungen beweisen, dass sie qualitativ den Weinen aus klassischen Sorten ebenbürtig sind.
Drei Spitzenweine
Cal 32-7 2018
Neue, sehr robuste weisse Sorte. Der Wein durchlief eine spontane Kaltgärung im Stahltank. Animierende Primärfrucht mit Holunder, Stachelbeeren und Agrumen. Im Gaumen ausgewogen, fruchtbetont, saftige Säure. 2019 bis 2022.
Gemischter Satz rot 2018
Aus einer Mischsatz-Parzelle mit Divico, Baron und Cabernet Cantor. In der Nase viel mediterraner Charme. Waldbeeren, Brombeeren, dezente Würze. Im Gaumen süssliches Extrakt, weiches Tannin. Angepasste Säure. 2019 bis 2024.
Handwerk rot 2018
Reinsortiger Zweigelt aus angetrockneten Trauben, in Schweizer Eiche vergoren. Waldbeeren, Zwetschgen, eine Spur Rumtopf, elegante Würznoten. Im Gaumen füllig, viel Frucht und Struktur. Langanhaltend. 2019 bis 2026.