Unique Wineries of the World - Bordeaux 2021
Château Angélus
Text und Fotos: Barbara Schroeder und Rolf Bichsel
Vor 1985 produzierte Angélus gewiss sauber gemachte, aber kaum sehr spektakuläre Weine. Dank der önologischen Zauberrute von Hubert de Boüard wurde ab 1985 alles ganz anders und der 1988 zum eigentlichen Meilenstein in der Entwicklung des Gutes. Er machte bereits auf die besondere Dichte, aber auch Rasse und aromatische Komplexität aufmerksam, die bis heute zum Makrenzeichen von Angélus gehören. In den 90er Jahren spielte Angélus in der Spitzenliga der Modernisten, die den Weinbau in Saint-Emilion revolutionieren, brillierte durch hohen technischen Stand, der prägenden Verwendung von neuem Holz und der daraus resultierenden Kaffee-/Röstnoten-Aromatik, grosser Fülle und tragender Struktur. Doch Angélus entwickelte sich laufend weiter.
Virtueller Rundgang durch das Château Angélus
«Angélus besitzt einen ganz besonderen Geist, eine fast schon religiöse Seele, etwas von klösterlicher Stille und Transzendenz.»
Stéphanie de Boüard-Rivoal
Etwa ab dem Jahrgang 2000 tritt das Holz mehr und mehr in den Hintergrund, Angélus gewinnt zusehends an Präzision, Frische, Blumigkeit, Komplexität und Tiefe, und mit schon fast beängstigender Regelmässigkeit gelingen Jahr für Jahr weiter absolute Spitzenweine. Das ist nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken, dass Hubert de Boüard mehr und mehr von den Geheimnissen der Sorte Cabernet Franc ergründet, die auf Angélus, teils am Fuss des Kalkhügels von Saint-Émilion gelegen, erstklassige Bedingungen vorfindet. Die optimale Trinkreife erreicht ein Château Angélus je nach Jahrgang etwa ab 8 bis 12 Jahren: Man darf den Wein aber getrost auch 20 bis 30 Jahre im Keller ruhen lassen. Der sehr hohe Preis (350 bis 500 Euro die Flasche) entspricht wohl oder übel dem heutigen Rang als Premier Grand Cru Classé A.