Unique Wineries of the World - Bordeaux 2021
Château Talbot: die Geschichte
Text und Fotos: Barbara Schroeder und Rolf Bichsel
Als in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Anbauschlacht von Bordeaux beginnt, werden in der heutigen Gemeindeappellation Saint-Julien zuerst die Weinberge bestockt, die rund um den Weiler Beychevelle liegen. Erst etwa ab 1750 kommen die Kieskuppen an die Reihe, die im Westen und Nordwesten des eigentlichen Dorfkerns liegen. Talbot oder «Talabot», wie das Gut auch geschrieben wird, gehört zu den ersten dieser Neuanlagen. Der Name soll auf den britischen Kriegsherrn und Landgrafen John Talbot verweisen, der in der Schlacht von Castillon (1453) ums Leben kommt, die dem 100-jährigen Krieg zwischen Frankreich und England ein Ende bereitet. Eine zweite Theorie legt nahe, dass Talabot ein gebräuchlicher französischer Eigenname sei und dass das Wort im Dialekt des Médoc ein Stück Holz bezeichne, das man einem Ochsen um den Hals hänge, damit er langsamer gehe.
Sicher ist hingegen, dass das heutige Talbot 1746 durch Jean-François Delage zu seinem Schlösschen kommt, nach seinem Besitzer Delage benannt wird und damals rund 10 Hektar Reben zählt. Das nun Talbot genannte und 1855 klassierte Gut bleibt im Besitz der Nachfahren des Erbauers (Familie d’Aux de Lescout) bis Ende des ersten Weltkriegs: Die Rebfläche zählt damals über 50 Hektar. 1918 erwerben Désiré und Georges Cordier das Gut, Gründer des Handelshauses Cordier.
Gegenwart und Zukunft
Talbot steht bis heute im Besitz der Cordier-Nachfahren (vertreten durch Nancy Cordier) und wird seit 2011 durch deren Gatten Jean-Paul Bignon-Cordier verwaltet. Talbot hat folglich in den fast dreihundert Jahren seiner Geschichte nur gerade zwei Besitzerfamilien gekannt. Aufwendige, mit Stil durchgeführte Renovierungsarbeiten münden 2013 in der Einweihung eines neuen Barriquekellers. Mit über hundert Hektar Reben in Saint-Julien gehört Talbot heute zu den ausgedehntesten Rebbesitzen des Médoc.