Unique Wineries of the World - Bordeaux 2021
Château Carbonnieux: die Geschichte
Text und Fotos: Barbara Schroeder und Rolf Bichsel
Ein Dokument der in der Stadt Bordeaux beheimateten Abtei Sainte Croix von Bordeaux aus dem Jahr 1292 erwähnt einen Weinberg, der mitten im Wald von Ornon liege und von einer Familie namens Carbonius angelegt worden sei. Carbonnieux gehört folglich zu den ältesten Bordeaux überhaupt. Im 15. Jahrhundert ist der Apotheker Jean Dupuyau als Eigner eines Landsitzes mit diesem Namen verbrieft. Seine Witwe tritt Carbonius an den Bordelaiser Bürger Jean de Ferron ab. Deren Nachfolger bauen das Gut weiter aus, vergrössern es, errichten Wirtschaftsgebäude und Schlossbau und verkaufen es 1730 an die oben erwähnte Abtei Sainte-Croix in Bordeaux. 1776 ist der Wein der «Benediktiner von Carbonnieux» der teuerste Weisswein der Region: er wird in die ganze Welt verschifft. Aus dieser Zeit stammt die Legende des «Mineralwassers von Carbonius», so genannt wegen seiner glasklaren Art, während Jahrhunderten das wichtigste Qualitätszeichen für Weine weisser Farbe, vor allem aber, weil Carbonius unter dieser Bezeichnung ungestraft in den Palast des türkischen Sultans Abdül Hamid I. in Konstantinopel gelangen kann. Dessen Gemahlin Aimée, «La belle Sultane», ist eine Verwandte der späteren Kaiserin Josephine und Spross einer französischen Familie aus La Martinique in den Antillen. Nach der französischen Revolution kommt Carbonnieux, den der spätere amerikanische Präsident Thomas Jefferson 1787 in seinen Reisenotizen unter dem Namen de Carbonius als einen der drei besten (trockenen) Weissweine der Region bezeichnet, an die Familie Bouchereau. Ab 1878 wechseln mehrmals die Besitzer, bis Carbonnieux 1956 in die Hände der Familie Perrin gelangt.
Gegenwart und Zukunft
Die Perrin, eine Winzerfamilie aus Nuits Saint Georges im Burgund, wandern 1845 nach Algerien aus und bauen hier den grössten Weinbesitz Oraniens auf. Als Algerien seine Unabhängigkeit erlangt, verlassen sie wie die meisten französischen Einwanderer Algerien wieder und erwerben in der Folge Carbonnieux. Nach Vater Marc und Sohn Anthony Perrin wacht heute die dritte Generation der Familie über die Geschicke des Gutes. Eric hat im Nappa Valley gearbeitet, bevor er 1988 auf Carbonnieux eingestiegen ist. Sein Bruder Philibert ist 1992 dazu gestossen. Seit 2006 teilt Eric sich mit Philibert die Gutsleitung. Dieser kümmert sich um die eigentliche Produktion, jener um die Kommerzialisierung, den Kontakt zu Kunden. Mittlerweile arbeiten auch Erics Söhne mit: Marc hat die Handelsschule besucht und unterstützt seinen Vater in diesem Bereich, Andréa hat Önologie studiert und im Burgund, Nappa Valley, der Provence, in der Rhone und in Chile gearbeitet, bevor er als Winemaker auf Carbonnieux eingestiegen ist.