Weingut Salwey, Baden-Kaiserstuhl
Feingearbeitete Burgunder
Text: Ursula Geiger, Foto: Helmuth Scham
Konrad Salwey ist ein Feinwerker im Umgang mit klassischen Burgundersorten. Aus den Top-Lagen in der sonnendurchfluteten südbadischen Weinregion keltert er Weine von enormer Straffheit, Reinheit und fast kühler Eleganz, die unendlich reifen können.
Der Kaiserstuhl in Südbaden ist ein Mittelgebirge vulkanischen Ursprungs, das inmitten des Oberrheingrabens emporragt. Die Vogesen halten die Regenstürme aus dem Westen ab, der Schwarzwald schützt vor Kälte aus dem Nordosten. Ideales Land für Reben also. Vornehmlich Burgundersorten reifen hier in dieser beschaulich-ruhigen Landschaft mit den malerischen Dörfern wie Oberrotweil oder Oberbergen, wo jeder jeden kennt und freundlich grüsst. Zünftig heiss kann es hier im Sommer werden. Dann flirrt die Hitze zwischen den Rebzeilen, und die Smaragdeidechsen sonnen sich auf den Steinen. Bei unserem Besuch im November ist der Hitzesommer 2018 ausgestanden. In manchen Spätburgunderparzellen am Eichberg ist die zweite Generation Trauben voll ausgereift und bietet ein Festmahl für Spaziergänger und Vögel. Ein paar Rebzeilen weiter wird auf eine Trockenbeerenauslese spekuliert. «Der Eichberg ist ein Lavarücken, geprägt von Tuffgestein und Ascheauflage.
«Wir arbeiten mit mehr Zeit. Im Herbst treffe ich Entscheidungen aus der Position der Ruhe und der Kraft.»
Die Ausrichtung nach Osten, Süden und Westen macht ihn zu einem Ausnahmeterroir: Die Ostlagen bringen mehr kühle Frucht, die Westlagen Struktur und Tiefe», erklärt Konrad Salwey, der hier 2,5 Hektar Spät- und Grauburgunder stehen hat. Ein Teil der Letzteren wurde 1976 gepflanzt. Wer mit dem Winzer durch die Oberrotweiler Lagen fährt, spürt seine Verbundenheit zur Reblandschaft und kann ermessen, was es bedeutet, aus diesen naturgegebenen Faktoren Weine zu keltern, die mit ihrer Filigranität und ihrer kühlen Eleganz die Hitze der Landschaft fast aushebeln. Salwey kennt hier jeden Stein, jeden Rebstock und die Geschichten dazu. Die Entwicklung seiner Reben und den daraus stammenden Weinen beobachtet er über Jahre hinweg und zieht auch schon mal die Konsequenzen, wenn er einen «Fehler» im Sortenspiegel aufspürt und diesen mittels Umpfropfen korrigiert. Der mit Kalk durchzogene vulkanische Boden zeigt sich hauptsächlich an den nach Westen ausgerichteten Hängen des Kaiserstuhls und setzt eine Mischung aus Mineralien frei. In erster Linie Bor und Kalium, während Stickstoff hier Mangelware ist. Dazu kommen Kalkadern, die für Burgunderreben so prägend und wichtig sind. Selbst der französische Terroir-Papst Claude Bourguignon klassifizierte das junge «Terroir volcanique carbonatée» des Kaiserstuhls als einzigartig für Burgundersorten.
Magischer Kirchberg
Das Weingut Salwey ist seit 1926 Mitglied im VDP, im Verein Deutscher Prädikatsweingüter. Eichberg, Henkenberg und Kirchberg sind die klassifizierten Grossen Lagen. Vor dem Eingang zum «Stollen», dem aus dem weichen Löss gebohrten Barriquekeller, hängt ein grosses Schwarzweissporträt von Konrad Salwey, wie er mitten im Kirchberg steht. Der Kirchberg ist einer der fünf grossen Vulkanschlote, die dem Kaiserstuhl sein Landschaftsgesicht verpasst haben. In der Vegetationspause ist es erlaubt, sein Inneres zu betreten. Bäume säumen den Abbruch, Steinquader liegen herum, als hätten Riesen hier mit Bauklötzen gespielt. Ringsum ist es still. Ein Kraftort, würden Esoteriker sagen. Die Fantasie spielt Streiche. Die Szenerie erinnert an Gondwana, Schauplatz des Dino-Films «Aus einem Land vor unserer Zeit». Geht aber nicht, denn Brontosaurus und Konsorten sind vor 60 Millionen Jahren ausgestorben. Der Kaiserstuhl erhob sich aber erst vor 15 Millionen Jahren. Der «Krater» ist Menschenwerk. Ein mit Graffiti besprühter Stolleneingang erinnert daran. Hier wurde das Dynamit für den Abbau von Phonolith gelagert, einem Gestein, das als Schottermaterial für Bahntrassen Verwendung fand. Als sich der Abbau in den 1960ern nicht mehr rentierte, erzählt Konrad Salwey, sollte der Steinbruch zur Mülldeponie werden. Es formierte sich Widerstand in Oberrotweil und Umgebung, auch weil der Boden am Südosthang des Kraters bestens für Burgundersorten geeignet ist, was die satten Kalkadern im Lavagestein zeigen. 1977 bereitete Konrad Salweys Vater Wolf Dietrich dem Hickhack ein Ende und kaufte den Kirchberg für einen siebenstelligen Betrag. Zwölf Hektar gross ist das Gelände, das als Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung ausgewiesen ist. Jedes Jahr nistet hier ein Uhupärchen und zieht drei Jungen gross. Im Kaufpreis inbegriffen war auch die Steinmühle, die als Kulisse jedem Wildwest-Streifen Ehren machen würde. Für Wein-Freaks liegt der Wert des Kirchbergs ausserhalb des Schlotes. Bis an den Waldsaum ziehen sich die Rebberge. Mühsam zu bewirtschaften ist der Boden, der jährlich grosse Steinbrocken freigibt. Noch vor wenigen Jahren wurden Winzer, die dem steinigen Untergrund Rebflächen abrangen, belächelt. Heute zählt der Kirchberg zu den besten Lagen in der Region, und Salwey bewirtschaftet dort 4,5 Hektar. «Die Lage muss über der Sorte stehen», das ist Konrad Salweys Credo. Und die Identität muss gewährleistet sein. «Klar nehmen sich die Kaiserstühler Winzer das Burgund als Vorbild, und sicher saugen wir alles auf, was dort punkto Lagen mit den Weinen seit Jahrhunderten gearbeitet wird, aber letztendlich müssen wir unsere Kaiserstühler Identität bewahren.» Was ihn ausser den Weinen aus dem Burgund noch berührt? «Die Lagerfähigkeit grosser Rotweine aus der Rioja. Schlüsselerlebnis war bei einer Altweinprobe ein Rioja aus dem späten 19. Jahrhundert, so frisch, so elegant, so pur», schwärmt Salwey, während wir im Keller seine 2017er ab Fass degustieren. Den Grauburgunder von alten Reben, die innerhalb der Lage Henkenberg in der Flur Büchsenberg stehen, zum Beispiel. Früher hätte sich ein gewiefter Weinkommissionär das ganze Büchsenberg-Fass unter den Nagel gerissen und eine Einzelfüllung daraus gemacht: so viel Strahlkraft, so viel tänzerische Leichtigkeit, fantastisch. Doch im Hier und Jetzt ist der Büchsenberg für die Gesamtheit des Henkenbergs ein Segen. Bei den Rotweinen, die im Stollen in Barriques reifen, geht Konrad Salwey behutsam vor. Das Holz dominiert nie, auf starkes Toasting wird verzichtet, und der Faktor Zeit hat einen hohen Wert. Konrad Salwey macht es sich nicht einfach. «Die Kreativität braucht das Tal», meint er und grübelt, ob es nicht Sinn macht, den Steingrubenberg-Weissburgunder separat zu füllen und so die Messlatte noch ein wenig höher zu legen.
Weine im Clubpaket
Oberrotweiler Eichberg Spätburgunder VDP.Grosses Gewächs 2014
2020 bis 2030
Glänzendes Rubin. Überaus subtile Nase, Röstnoten, rotbeerige Frucht. Straffer Säurenerv, lebhaft und vibrierend am Gaumen, elegantes, fast geschliffenes Tannin. Subtiler, feingliedriger Pinot Noir.
Mariage: zu Rehrücken, Kaninchen, Wildgeflügel sowie zart geschmortem Rind- und Kalbfleisch oder zu Pasta mit selbstgemachtem Nusspesto.
Oberrotweiler Henkenberg Grauburgunder VDP.Grosses Gewächs 2015
2019 bis 2028
Helles Gelb mit grünen Reflexen; reife Mirabellen, ein Hauch Zitrusfrucht. Am Gaumen straff, vibrierend, rassig und trotz der filigranen Struktur von herrlich cremiger Länge.
Mariage: zu Quiche Lorraine oder wenn es regional sein darf: zum Schneckenpfännchen mit Kräuterbutter.
Oberrotweiler Weissburgunder «RS» 2016
2019 bis 2025
Fast zitrische Noten in der Nase, knackiger, grüner Apfel, rein und pur. Zupackend und griffig am Gaumen, satte Säure, die Länge und Struktur gibt.
Mariage: zu Forelle vom Grill, Hechtklösschen, Austern oder zu frischem Bauernbrot mit Schwarzwälder Schinken.