Quinta de la Rosa, Portugal

Die modernen Traditionalisten

Text: Thomas Vaterlaus

Bis 1988 verkaufte die Familie Bergqvist ihre Jungweine an englische Handelshäuser. Seither hat sich ihre Quinta zu einem Topgut am Douro entwickelt. Eine wichtige Rolle spielt dabei Kellermeister Jorge Moreira. Er beherrscht die Gratwanderung zwischen Fülle und Eleganz perfekt.

 

Wer im portugiesischen Winzerstädtchen Pinhão das Boot besteigt und auf dem Dourofluss abwärts fahrend nach der ersten grossen Flussschleife die Quinta de la Rosa sieht, wird dieses Gut nicht mehr so schnell vergessen. Artige Giebelhäuschen und grosse Kellereigebäude aus verschiedenen Epochen verschmelzen zu einem kurios in sich verschachtelten, weiss schimmernden Gebilde, das aber letztlich nur seine vielfältigen Funktionen symbolisiert. Denn die Quinta de la Rosa ist Tafel- und Portweinkellerei, Familienwohnsitz, Olivenölmanufaktur, Hotel und Restaurant in einem. Und sie ist ein perfekter Platz, um in die Douro-Welt einzutauchen. Von den hellen, modern eingerichteten Zimmern geht der Blick hinaus auf den stillen Fluss und die spektakulären Rebterrassen.

Während die Gäste hier den Sonnenuntergang mit einem ersten eiskalten White Port Tonic auf der Terrasse feiern, schiebt Carla, die Köchin des Hauses, bereits einen Bacalhau (Stockfisch)-Auflauf oder eine Keule vom heimischen Lamm in den Ofen. Zu Letzterer ist die konzentrierte, gleichzeitig aber verblüffend frische Reserva des Hauses ein perfekter Begleiter. Wenn dann der Abend mit einer süssen Eierspeise wie Doce de Ovos und einem 20 Year Old Tawny Port langsam zu Ende geht, ist man längst infiziert vom Quinta-de-la-Rosa-Virus, der einen nicht mehr so schnell loslässt. Als Claire Feuerheerd im Jahr 1906 getauft wurde, schenkte ihr die englische Grossmutter ein ganz besonderes Familienschmuckstück, eben die 160 Hektar umfassende Quinta de la Rosa. Es war das richtige Geschenk für sie, denn Claire Feuerheerd verbrachte den grössten Teil ihres Lebens in der Quinta.

Der Erntezeitpunkt entscheidet alles

Im Sommer verwöhnte sie Familie und Bekannte mit hausgemachtem Gebäck und Pralinen, und ihr äusserst talentierter Koch interpretierte die Rezepte der ersten englischen Starköchin Elizabeth David auf portugiesische Weise. Das verschaffte der Quinta einen legendären Ruf. Egal wie beschwerlich die Anreise war, eine Einladung in die Quinta de la Rosa schlug niemand aus. Als Claire im Jahr 1972 starb, übernahm ihr Sohn Tim Bergqvist die Verantwortung für das Gut. Er arbeitete damals in der portugiesischen Papierindustrie und verkaufte die Trauben an das Handelshaus Sandeman. Als Portugal im Jahr 1986 in die EU eintrat und das Portwein-Monopol abgeschafft wurde – was es fortan jeder Quinta ermöglichte, eigene Weine zu produzieren und zu vermarkten –, verkaufte Bergqvist seine Papierfabrik und wurde Winzer im Douro-Tal. Heute wird das Gut von seiner Tochter Sophia Bergqvist geführt.

Dass die Quinta de la Rosa mittlerweile zu den Topbetrieben am Douro gehört, hat vor allem auch damit zu tun, dass die Bergqvists eine glückliche Hand bei der Wahl ihrer Kellermeister hatten. Dank der Unterstützung des australischen Önologen David Baverstock gehörten die roten Tafelweine schon in den frühen 90er Jahren mit zu den besten Douro-Crus überhaupt. Waren die ersten Rotweine noch fast zart im Ausdruck und moderat im Alkohol, so folgte speziell die Reserva um die Jahrtausendwende herum dem damaligen Trend zu Fülle und Kraft, ohne aber so «overdesigned» zu wirken wie andere Douro-Gewächse. Ein wahrer Glücksgriff war dann 2002 die Verpflichtung des jungen Kellermeisters Jorge Moreira. Dieser hatte ein Jahr zuvor seinen ersten eigenen Wein, den Poreira, gekeltert, der für viele Kritiker der Inbegriff eines konzentrierten, aber eben gut strukturierten, kernig-frischen Douro-Weines ist. Diese Stilistik, die von einem tendenziell etwas früheren Erntezeitpunkt mit reifen, aber auf keinen Fall überreifen Trauben abhängt, visierte er auch in der Quinta de la Rosa an.

In den letzten Jahren ist ihm das immer besser gelungen. Vor allem die Reserva zeigt heute eine perfekte Balance zwischen Fruchtfülle, saftiger Säure und präsentem Gerbstoff. Zu den Besten seiner Klasse gehört auch der 20 Year Old Tawny Port mit seinem verschwenderischen Aromenspektrum. Keine Frage: Das weisse Haus am Douro erlebt momentan die beste Zeit seiner über 200-jährigen Geschichte.