Weil Rotwein-Konsum rückläufig ist

Winzer an der Rhône stellen auf mehr Weisswein um

Text: Alice Grundlach | Veröffentlicht: 28. Juni 2023


Bis zum Jahr 2030 sollen nur noch 65 Prozent der Weine von der Rhône Rotweine sein. Dieses Ziel hat die Region offiziell formuliert. Der Grund dafür sind die veränderten Trinkgewohnheiten in Frankreich und den Exportländern. In den letzten Jahren musste viel Wein von der Rhône zu Industriealkohol destilliert werden, weil er nicht genug Abnehmer fand. 

Derzeit haben rote Sorten einen Anteil von rund 86 Prozent an der Produktion der Rhône, 10 Prozent auf Weisswein und der Rest auf Rosé. Der Verband Inter-Rhône drängt nun die Winzer dazu, mehr Rebflächen auf Weiss umzustellen, um bis zum Ende des Jahrzehnts auf 20 Prozent Weisswein zu kommen.

Markt für Rotwein stark rückläufig

Der Rückstand an nicht abgefüllten Weinen hat in den vergangenen Jahren viele Weingüter in der Region dazu veranlasst, die EU zu bitten, überschüssigen Wein – hauptsächlich Rotwein –  aufzukaufen und zu destillieren, wie es zum Beispiel auch in Bordeaux regelmässig geschieht. Die Produktion von Flaschenweinen an der Rhône war nach Angaben von Inter-Rhône im Jahr 2022 um 12 Prozent niedriger als fünf Jahre zuvor – aber der Markt kann sie immer noch nicht aufnehmen.

Zum Aperitif lieber Weisswein

«Der Weissweinkonsum ist weltweit gestiegen, insbesondere in Frankreich, wo 64 Prozent der Rhône-Weine verkauft werden», erklärte Thomas Giubbi, Präsident von drei Rhône-Appellationen und Mitglied des Vorstands von Inter-Rhône, auf einer Promotion-Tour in den USA in der vergangenen Woche. «Die Abkehr von den Rotweinen geht einher mit der Abkehr von den Weinen zu den Mahlzeiten», so Giubbi. «Mehr Menschen trinken Wein jetzt als Aperitif oder einfach als eigenständiges Getränk, und viele wählen Weisswein.»

AOC-Status für Weissweine in Gigondas

Erst in diesem Jahr hat Gigondas den AOC-Status für Weissweine erhalten, was vorher nicht erlaubt war. Die weisse Hauptrebsorte dort ist Clairette. Die meisten Winzer dort hatten zuvor ihre weissen Reben gerodet, als Gigondas 1971 den AOC-Status für Rotwein erhielt. Die wenigen, die ihre weissen Trauben behalten haben, konnten die Weine davon nur mit der allgemeinen Appellation Côtes-du-Rhône verkaufen.

«Die Vorstellung von Wein ändert sich»

Jean-Marie Amadieu, Inhaber des Weinguts Pierre Amadieu, sagte: «Die Clairette ist sehr gut an die globale Erwärmung angepasst.» Er ist der Meinung, dass mehr sorgfältig ausgebaute Weissweine dazu beitragen werden, das Problem des Überangebots an der Rhône zu lösen. «Die Weissweine laufen sehr gut. Die Vorstellung von Wein ändert sich. Die Leute mögen niedrige Alkoholgrade.»

Im Gegensatz dazu steht der Umstand, dass die rote Sorte Grenache, die dazu neigt, viel Alkohol zu produzieren, immer noch mit Abstand die am meisten angebaute Rebsorte an der Rhône ist. Doch immer mehr werde diese nun der südlichen Rhône durch Syrah ersetzt, berichtete Thomas Giubbi.

Weisse Hermitage-Weine besonders reifefähig

Der Master Sommelier Evan Goldstein verwies zudem auf Hermitage, das als Rotweingebiet bekannt ist, aber zu 35 Prozent Weissweine produziert. «Die weissen Hermitage-Weine werden unterschätzt», sagte Goldstein. «Das sind Weine, die jahrzehntelang reifen können.»

Zurück zur Übersicht