Prognosen für Jahrgang 2023 in Europa
Krankheiten und Dürre lassen Erntemenge zusammenschrumpfen
Pilzkrankheiten und Wetterkapriolen werden in diesem Jahr für eine besonders geringe Weinernte in Europa sorgen. Aus vielen Weinbaugebieten wird vermeldet, dass in diesem Jahr in den Weinbergen besonders stark selektioniert werden musste.
In Deutschland gestaltete sich die Weinlese in vielen Bereichen stressig. Etwa in Rheinhessen und in Baden musste schnell geerntet werden, bevor zu viel des Traubengutes verfault. Vielerorts werde die Lese schon Ende September beendet sein, berichtet das Deutsche Weininstitut (DWI). «Die selektive Lese gesunder Trauben ist das Gebot der Stunde und die Traubengesundheit wichtiger als das letzte Grad Oechsle», fassen die Experten vom DWI zusammen. Die Weingüter müssten in Kauf nehmen, einen deutlich verringerten Ertrag einzubringen, weil das Lesegut so stark aussortiert werden müsse.
«Man rennt der Fäulnis hinterher»
Durch die hohen Temperaturen im August und September waren die Trauben schneller reif geworden. Kurz nach der Reife fingen viele Trauben aber bereits an, zu faulen. «Man hat dauernd das Gefühl, man rennt der Fäulnis hinterher, das nimmt dem Herbst schon ein bisschen die Romantik», sagte Winzer Steffen Müller aus Nierstein (Rheinhessen) gegenüber SWR Aktuell.
Bordeaux: «Nie dagewesene Mehltau-Epidemie»
Auch im Bordeaux wird sich ein in diesem Jahr rekordverdächtiger Befallsdruck durch den Falschen Mehltau auf die Mengen zum Teil gravierend auswirken, berichtet das Conseil Interprofessionnel du Vin de Bordeaux (CIVB). Ab Juni hatte in weiten Teilen Frankreichs, vor allem im Südwesten, heisses und gleichzeitig feuchtes Wetter in den Weinbergen eingesetzt. «Über einen Zeitraum von mehreren Wochen führte diese Kombination zu einer noch nie dagewesenen Mehltau-Epidemie von überraschender Geschwindigkeit und Ausmass», so das CIVB in einer Pressemitteilung. «Es ist unmöglich, die Verluste in der gesamten Rebfläche abzuschätzen. Der finale Gesamtertrag wird Anfang 2024 bekannt sein.»
Italien verliert Platz 1
In Italien werden nach Schätzungen der Weinwirtschaft vor allem der Süden und die Mitte des Landes von geringen Leseerträgen betroffen sein. Der Weinerzeuger-Verband UIV, der Agrardienst Ismea und der Önologenverband Assoenologi gehen derzeit von 20 bis 40 % Ernteausfall in diesen Regionen aus. Italien werde deshalb in diesem Jahr zum ersten Mal seit langem nicht mehr das Land mit der grössten Weinmenge sein, prognostizierten die Experten.
Dürre und Hitze beutelten Spanien
In Spanien wird die kleinste Ernte erwartet, die das Land je verzeichnet hat – 16,6 Prozent weniger als im Vorjahr, wie die das Branchenmagazin La Semana Vitivinícola prognostiziert. Gründe dafür seien Dürre, Hitzewellen und Hagelstürme. Besonders betroffen seien etwa Katalonien, Castilla-La Mancha, das Cava-Gebiet Penedès und die Kanarischen Inseln. Hier seien Ertragseinbussen von 35 bis 55 Prozent zu erwarten. Gebiete, die durch kühlende Einflüsse wie den Atlantik beeinflusst werden, etwa Rioja und Galicien, dürften dieses Jahr jedoch eine gute Ernte erwarten.