VINUM Weinguide Deutschland 2023

Aufsteiger des Jahres 2023

Text: Silvio Nitzsche | Veröffentlicht: 03. November 2022

Dieses Mehrgenerationenweingut aus Gleina überzeugt mit seiner Arbeit und vor allem mit seinen Weinen. Sie sind leise, zurückhaltend, bedächtig und blühen langsam zur Schönheit auf. Schon jetzt kann man erahnen, welch spektakuläres Potential in den Geschwisterfamilien steckt.

Ihr seid mehr als Winzer – wie seht Ihr Euch?

Wir sind Familie. Allen voran die beiden Gründergenerationen. Noch immer stehen sie mit uns in den Weinbergen und hinter Tresen. Sie bestärken und kritisieren uns, halten uns die Rücken frei. Alles selbst gelernt, alles selbst gebaut. Oft harte Jahre für die ganze Familie, aber den Lohn dafür ernten wir heute. 2012 entschieden wir, die Töchter Marika und Toska – damals beide noch in der Ausbildung – gemeinsam mit Vater Frank, dass es weitergehen soll in der nächsten Generation. Aus Weingut Böhme wurde Weingut Böhme & Töchter. Später macht Sandro unsere Gemeinschaft komplett. Seit 2017 verantwortet Marika gemeinsam mit ihm die Arbeit im Keller. Beide leiten heute das Tagesgeschäft in Gleina. Winzer, Küfer, Önologen, Vertriebler, Kommunikationsmanager - Wir sind manchmal eine explosive Mischung, meist aber ganz zufrieden mit dem Ergebnis.

Was bedeutet Saale-Unstrut für Euch und warum entstehen hier Weine, um die Euch das restliche Land beneiden sollte?

Die relativ junge Geschichte unserer Anbauregion nach der politischen Wende 1990 bedeutet für uns vor allem riesige Entwicklungsmöglichkeiten. Einerseits können wir in einer vergleichsweise kleinen Anbauregion wunderbar vernetzt arbeiten. Wir profitieren von der engen Gemeinschaft und dem Austausch der Winzerkollegen untereinander. Andererseits schafft uns dies Freiräume für Experimente.

Was ist Euer Stil?

Wir schätzen die Tradition. Neben der Arbeit mit Stahltanks verlassen wir uns im Keller mehr und mehr auf lange Maischestandzeiten, Spontangärung, Fässer aus Eichenholz – und auf unser Bauchgefühl. Böhme & Töchter steht für ehrliche Charakterweine aus klassischen Rebsorten und einen bodenständigen Umgang mit dem Handwerk.

Habt ihr ein Vorbild?

Von Natur aus sind wir sehr neugierig und haben Spaß daran, nach Vorn zu schreiten. Allerdings braucht es für jede eigene Innovation auch eine Inspiration. Durch die Zusammenarbeit und den konstruktiven Austausch mit unseren Kollegen von Breitengrad51 in den vergangenen Jahren, bekamen wir viele Impulse und konnten unser Profil weiter schärfen.

Wo seht Ihr euch in zehn Jahren?

Wir sehen uns in einer Gemeinschaft mit noch mehr Enthusiasten für die Anbauregion. Nicht nur im Weinbau lässt sich hier noch so viel bewegen. Und unser vielleicht größter Wunsch: dass uns auch in zehn Jahren die Puste noch nicht ausgegangen ist, um rumzuprobieren – sei die Charge noch so klein!