Marktschau: Gute Weine zum Superpreis?

Beim Wein existieren so viele Vorurteile, wie Schweizer Berggipfel über tausend Meter ragen. Sei es gegenüber einer Rebsorte, die angeblich Kopfschmerz verursacht, oder gegenüber Weinregionen, die nicht auf Sympathie stossen. Ziert eines der Rothschild-Etiketten die Flasche, wird das blindlings mit Hammerqualitäten der kompletten Region gleichgesetzt. In der lockeren Weinrunde bekommen die im Supermarktregal stehenden Flaschen ihr Fett weg. Ihnen haftet der miserable Ruf wie eine Klette am Revers, doch gekauft werden sie, als gäbe es kein Morgen. Schmecken diese Weine wirklich so mies? Schweizerinnen und Schweizer haben im Jahr 2021 knapp 370 Millionen Flaschen geöffnet. Etwas weniger als zwei Drittel davon sind Rot-, ein knappes Drittel Weiss- und nicht ganz ein Zehntel Schaumweine. Wie gerne die Schweiz ihren privaten Weinvorrat aus den Supermärkten auffüllt, zeigt deren Marktanteil von über 40 Prozent. Wie gut die Weine wirklich sind, zeigte diese Marktschau. Eingekauft wurden die Flaschen anonym in den jeweiligen Filialen der bekannten Detailhändler. Dieser Querschnitt zeigt, was die Günstigen wirklich draufhaben oder auch nicht. Mengenmässig am stärksten vertreten war die Schweiz, gefolgt von Weinen aus Übersee, Frankreich, Italien, Österreich und Portugal. Wacker geschlagen, so das Fazit, das die Qualitäten auf den Punkt bringt. Es waren verschiedenste Typen dabei: angefangen beim gefälligen, gemütlichen Sumoringer bis zum drahtigen, mit Ecken und Kanten ausgestatteten, durchtrainierten Zehnkämpfer – von banal und süffig bis zu fordernd und eigenständig. Klar ist auch: Weltklasse ist in dieser Preiskategorie nicht machbar. Die Weine sind für den sofortigen Genuss gedacht. Was dann zu Hause im Glas ist, hängt nicht nur vom Können der Produzenten ab: Je länger die Flasche im Regal der gut beheizten Filiale steht, desto schneller verliert der Inhalt seine Frische. Doch Chapeau, was mitunter für wenige Franken an wertigen Weinen in den Regalen der Schweizer Supermärkte steht.