Cabernet Franc & Co aus Ungarns Top-Weinregion
Wineguide: Wie sich Wein aus Villàny über die Zeit entwickelt hat
Degustation: Harald Scholl und Miguel Zamorano, Text: Miguel Zamorano
Das Weinland Ungarn wird in Deutschland und der Schweiz oftmals als «wenig bekannt» oder gar «exotisch» bezeichnet. Obwohl es hierzulande neben der Toskana-Fraktion auch eine Balaton-Fraktion gibt. Nun mag trotzdem stimmen, dass die Weine eher Insidern ein Begriff sind. Exotisch sind sie keinesfalls.
Mit ihrem immensen autochthonen Rebschatz pflegt etwa die nordungarische Region Tokaj seit Jahrhunderten eine legendäre Reputation. In den vergangenen Jahrzehnten ist Villány zu den ungarischen Top-Regionen gestossen und hat mit seinen Cabernet-Franc-Weinen international für Aufsehen gesorgt. Auch weil die Winzer in der Region schon vor dem Ende der kommunistischen Ära das Potenzial der Rebe erkannten, diese seit den 1950er Jahren anbauten und im Ausland zu vermarkten wussten. Aus dem Ausland wiederum kamen interessierte Weinliebhaber, um in Villány selbst im Weinberg Hand anzulegen. Da sind die Deutschschweizer Eheleute Heumann oder Horst Hummel aus Deutschland zu nennen, die sehr gelungene Weine auf die Flasche ziehen. Dass einige Weingüter wiederum deutsche Namen tragen, liegt an der Tatsache, dass in der Region einst Ungarndeutsche lebten. Zu den Zugpferden der Region zählen Häuser wie Sauska, Bock oder A. Gere, die auch in dieser Probe ihre Weine angestellt haben.
Es fällt auf, dass viele Winzer im Laufe der Jahre stets das Tannin besser in die Weine integriert haben, das Holz behutsamer einsetzen und mehr Säure und Frische in den Cuvées zulassen. Sie schlagen damit klar den Pfad in Richtung Finesse ein. Diese Entwicklung über die unterschiedlichen Jahrgänge – der älteste Wein stammt von 2009 – im Glas zu verfolgen, hat wahre Freude bereitet. Wir stellen fest: Die hier verkosteten Weine – insgesamt 47 Cabernet Franc und 24 Cuvées und andere Sorten – begründen den Ruf von Villány völlig zu Recht.
5 Weine aus Villány, die man probieren muss
Platz | Beschreibung | |
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1 | 17,5/ 20 Punkte | A. Gere Villány
Schwarzkirsch-Aromen in der Nase, in schöner Intensität. Saftiger und aromenintensiver Auftakt, frisch und sehr gut verarbeiteten Tannin-Struktur. Fein und elegant, trinkanimierend. Hier haben sich die Weinmacher was ausgedacht.
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2 | 17,5/ 20 Punkte | Gere Tamàs & Zsolt Winery Villány
Dunkle Waldfrucht, wirkt etwas reif in der Nase. Ein Hauch Kaffeebohne. Am Gaumen schöner fruchtiger Ansatz, schlanke Struktur und feinkörniges Tannin. Die Holzwürze gut eingebunden. Tief und dicht. Tänzerisch im Abgang, gute Länge. Eleganz und Finesse plus kontrollierte Kraft.
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3 | 17,0/ 20 Punkte | Koch Csaba Villány
Holunderbeersaft, Holzwürze, dunkle Waldfrucht. Am Gaumen schöne Dichte, Frucht, viel Kraft, das Tannin sehr gut verwoben. Lang und voller Frucht-Aromatik. Macht sich gut als Solist am Kamin. (Favorit Zamorano)
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4 | 17,0/ 20 Punkte | Weingut Hummel Villány
In der Nase erst zurückhaltend. Dann Kaffee und Kirsch-Aromatik. Am Gaumen feiner aromatischer Ansatz, sehr saftig und schlank. Feingeschliffen, auch das Tannin gut eingebunden. Ein tolles Kirsch-Finish. Das ist Cabernet Franc für Pinot-Trinker. (Favorit Scholl)
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5 | 17,0/ 20 Punkte | Heumann Villány
Fichtennadeln und Schokolade in der Nase, ein Hauch schwarzer Oliven. Am Gaumen mit fruchtigem Ansatz, gute betonte Extraktsüsse, schlanke, aber geringe Säure. Das Tanningerüst gut integriert. Gut gemacht, eine Balance zwischen Kraft und Trinkfreude.
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Resultate, Analysen, Statements
« Spannend sind solche Assemblagen, die französische mit ungarischen Sorten vermählen. »
Miguel Zamorano Redaktion VINUM
Die Reputation der ungarischen Top-Rotweinregion Villány gründet auf Cabernet Franc. Hier können Liebhaber dieser Sorte richtig glücklich werden. Doch es lohnt sich auch, Cuvées zu verkosten, mit französischen und ungarischen Rebsorten gemacht oder nach feinster Bordeaux-Art assembliert.
Etwa die Csanád Cuvée von Koch Csaba. Nur in grossen Jahren gemacht und aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc komponiert, mit 14-monatigem Ausbau in kleinen Eichenfässern und anschliessendem Reifeschliff auf der Flasche.
In dieser Klasse spielt allerdings A. Gere mit der Cuvée Kopar aus dem gleichnamigen Weingarten in einer eigenen Liga. Der Weinberg mit 63,5 Hektar zählt zu den besten im gesamten Anbaugebiet und geniesst dank der Ausrichtung bis zu 2100 Sonnenstunden im Jahr. A. Gere lässt die Cuvée (Cabernet Franc, Merlot und Cabernet Sauvignon) nach Fermentation im Edelstahltank 16 Monate in kleinen Fässern reifen, 30 Prozent davon aus zweiter Belegung. Das Holz kommt also behutsamer zur Anwendung, und das schmeckt man, der Wein sticht in der Probe hervor.
Derweil macht das Weingut Heumann einen «Supertoskaner» nach ungarischer Art: Die Cuvée Lagona vereint Merlot, Cabernet Sauvignon und Franc mit Kékfrankos. Im Jahr 2017 ist dieser Supervillány besonders gelungen. Der Kékfrankos steuert ein weiches Tannin bei und ist säureärmer als der österreichische Blaufränkisch. Mehr Anstellungen von Kékfrankos hätten wir daher begrüsst. Auch der Portugieser soll in Villány besonders saftig und süffig sein. Man darf also weiter Ausschau halten, was aus dieser Region künftig sonst noch kommt.
« Die Winzer aus Villány sollten versuchen die Wucht der Weine zugunsten der Eleganz etwas zurückzunehmen»
Harald Scholl Chefredakteur VINUM Deutschland
Das Wichtigste gleich vorneweg: Es war eine spannende Verkostung der ungarischen Rotweine aus Villány, eine mit tiefgreifenden Erkenntnissen. Das war im Vorfeld nicht so zu erwarten, denn grundsätzlich begegnet man den Weinen aus den eher unbekannten Anbauregionen, wenn sie mit internationalen Rebsorten arbeiten, mit Reserviertheit.
Es zeigte sich im Laufe der Verkostung, dass die Cabernet Franc aus Villány auf internationalem Top-Niveau angesiedelt waren. Mit Einschränkungen. Was ein wenig fehlte: die Authentizität, das berühmte Terroir. Vielen Weinen war anzumerken, dass ihre Macher versuchen, einen internationalen Geschmack zu treffen. Dadurch entsteht eine gewisse Uniformität, das Besondere bleibt auf der Strecke. Praktisch alle Weine sind technisch sauber gemacht, sowohl im Keller wie auch im Weinberg wird nach internationalem Vorbild gearbeitet. Die Kellermeister sind gut ausgebildet, es fehlt auch nicht am nötigen Kapital, um erstklassige Kellerausrüstung anzuschaffen.
Doch es stellt sich die Frage: Wo bleibt das Individuelle, wo das Authentische? Grundsätzlich scheint es beim Cabernet Franc zwei Stilrichtungen zu geben: den Typ Bordeaux mit saftiger dunkler Frucht, auch in der Assemblage mit Merlot und/oder Cabernet Sauvignon, oder den eher schlanken, mineralisch-kräuterwürzigen Stil der Loire, wie aus Saumur-Champigny oder Chinon. Man scheint in Villány eher Ersterem nachzueifern, viele der Weine waren geprägt von saftiger dunkler Frucht und kernigem Tanningerüst. Dabei scheint der Trend in die andere Richtung zu gehen, filigranere, elegantere Rotweine mit moderatem Alkoholgehalt sind auf dem Vormarsch.
Die Verkostung
Die Weine wurden beim Konsortium in Villány angefordert. Gefragt waren aktuelle Jahrgänge sowie ältere, reine Cabernet Franc und Cuvées. Die Zahl der Anstellungen war nicht eingeschränkt. 19 Produzenten sind dem Aufruf gefolgt. Die Probe fand am 26. und 27. Oktober in den Zürcher Räumlichkeiten von VINUM statt. Alle Weine wurden verdeckt verkostet.